Start Punk Deutschpunk WIZO – Interview mit Sänger Axel Kurth zum neuen Album „Der“

WIZO – Interview mit Sänger Axel Kurth zum neuen Album „Der“

Seit Mitte August kann die werte Punkrock-Hörerschaft nun wieder in den Genuss frischer Klänge aus Sindelfingen kommen, denn mit "DER" haben WIZO nun ihr zweites Album seit ihrer Auferstehung veröffentlicht. Dieses nahmen wir zum Anlass, um mit Frontman Axel mal ein gemütliches Schwätzchen zu halten!

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WIZO

Vervollständigen Sie bitte folgende Tonfolge:
A E D C D C A G – ? ? ?

Um diese Aufgabe lösen zu können muss man nicht gerade Lang-Lang´s Schwippschwager oder ein Nachfahre Bach´s zu sein. Es reicht lediglich mit Freunden in einem alten Partykeller so manche Nacht verbracht und dort den Liedern eines Trios aus dem nahe Stuttgart gelegenen Sindelfingen gelauscht zu haben.

Dieses ist aber auch nur eine Möglichkeit, wie sich Lieder wie „Raum Der Zeit“ oder „Kein Gerede“ in unsere Hirne gebohrt haben und dort wohl auch noch bis zum jähen Ende tapfer verweilen werden. Ob die werte Hörerschaft auch in nächste Zeit noch einmal Tapfer sein muss, wie in der Trennungszeit von 2005 bis 2009, oder ob „DER WIZO“ nun erst gerade wieder anfängt aufzudrehen lest ihr in den folgenden Zeilen!

Interview mit WIZO Frontmann Axel Kurth

wizo-logo

An dem Tag, an dem ich es zum ersten Mal spürte, dass alles am Arsch ist, wäre ich am liebsten aufgebrochen und hätte das gesucht, was ich eigentlich immer in mir gespürt habe…weshalb man halt mal angefangen hat mit dem Scheiß…die ganze Energie die Punkrock eben bedeutet hat!

AFL: Seit eurer Reunion 2009 läuft es wieder richtig gut für WIZO und es folgten mit „Punk Gibt´s Nicht Umsonst! (Teil III)“ und dem kürzlich erschienenen „DER“ zwei neue Alben, sowie diverse Festivalauftritte und Touren!
Dieses Hoch hätte es aber wohl auch nicht ohne das Tief nach der „Anderster“ gegeben, welches ja auch das vorläufige Ende von WIZO bedeutete. Dieses Tief spürte man, meiner Meinung nach, auch schon auf dem angesprochenen Album. Hast du das auch an einem ganz ganz bestimmten Punkt gespürt oder war das eher so ein schleichender Prozess?

Axel: Ja voll…absolut! Das war ja auch der Punkt, was wir immer versucht haben den Leuten klar rüberzubringen…dass wir uns wie in einer alten Beziehung einfach nichts mehr zu sagen hatten und aus den verschiedensten Gründen nicht mehr zusammen Musik machen konnten.

Wir waren ja zwanzig Jahre zusammen und wir haben alles Mögliche erlebt. Wir haben geile Sachen erlebt und wir haben auch scheiß Sachen erlebt und dann gab es irgendwann den Punkt, da haben wir nicht mehr miteinander sprechen können; schon gar nicht musikalisch.

Ich bin dann eines Morgens aufgewacht und dachte mir „so kannst du dich doch nicht mehr vor Leute stellen und auf der Bühne so tun, als wäre alles gut“. Das wäre ja totaler Betrug an den Menschen und auch an mir. Dann haben wir damals nach einer Exit-Strategie gesucht und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich sofort alles hin geschmissen! So einfach war es halt aber nicht, weil da auch unterschiedliche Interessen und unterschiedliche Personen mitgespielt haben, so dass ich mich darauf eingelassen habe noch ein Album fertig zu machen.
Somit wurde dieses Album mehr oder weniger zusammengenagelt.

Genauso war es auch mit der Abschiedstour. Die anderen wollten noch eine furiose Abschiedstour spielen und ich wollte das eigentlich nicht. An dem Tag, an dem ich es zum ersten Mal spürte, dass alles am Arsch ist, wäre ich am liebsten aufgebrochen und hätte das gesucht, was ich eigentlich immer in mir gespürt habe! Wshalb man halt mal angefangen hat mit dem Scheiß; die ganze Energie die Punkrock eben bedeutet hat. Aber dann habe ich mich halt darauf eingelassen und so ist es halt, wenn man mit Menschen musiziert und ich muss auch sagen, dass es jetzt sehr undankbar wäre, denn die Abschiedstour war damals echt sensationell.

AFL: Ich kann bezüglich der Abschiedstour nur zu einem Abend in der Hamburger Markthalle was sagen und dieser Abend war definitiv unvergesslich für mich!

Axel: Oh ja, ich persönlich habe da ein ganz verschwommenes Verhältnis zu diesem Konzert. Ich weiß nämlich noch, dass es ein geiler Gig war und das es bei uns hinterher noch eine kleine Eskalation gab, weil ein Busschlüssel in der Merchandise-Kiste gelandet ist und mit einem Shirt mit verkauft wurde. Wir hatten dann extremen Stress, weil unser Merchandise-Bus keinen Schlüssel mehr hatte und wir standen auf dem Hof der Fabrik und die mussten das Tor zu machen und so. Du glaubst gar nicht was da innerhalb von Minuten für eine Panik abging. Aber es war trotzdem ein sehr geiler Gig mit unseren Freunden von den ROCK´N´ROLL STORMTROOPERS.

AFL: Apropos Freunde! Hast du eigentlich noch Kontakt zu deinen alten Bandkollegen wie z.B. Jörn?

Axel: Ja, wir haben auf jeden Fall noch kontakt. Wir kennen uns seitdem wir acht Jahre alt sind und auch unsere Eltern waren ja schon miteinander befreundet, aber im eigentlichen Musikerleben begegne ich ihnen nicht mehr. Das ist dann eher so wenn man mal ausgeht oder wir telefonieren mal, wenn es irgendwelche unangenehmen Gelegenheiten gibt.

So welche wie bei unserem letzten Schlagzeuger Thomas, von dem wir uns ja trennen mussten, obwohl wir das gar nicht wollten. Er musste nämlich von heute auf morgen, aufgrund eines Krankheitsfalls in der Familie, einen riesen Betrieb übernehmen und als er uns dieses erzählte war uns auch gleich klar was das bedeutete. Nämlich das er mit uns nicht mehr einfach so auf Tour gehen konnte.

Sehr schade, aber all das ist zwischen uns in sehr enger Absprache passiert und so versuchen wir auch dem Vorzubeugen was bei anderen Trennungen passiert, dass dreckige Wäsche gewaschen wird.

AFL: Und wie habt ihr nach dieser Geschichte adäquaten Ersatz am Schlagzeug gefunden?

Axel: Das war eine echte Herausforderung, denn das musikalische ist ja das eine, aber das andere macht es erst so schwer. Der Ralf und ich waren manchmal auch echt frustriert, denn wir sind schon so lange im Punkrock mit dabei und stellenweise auch fast wie ein altes Ehepaar, dass wir uns nicht vorstellen konnten, dass jemand anderes in die Band passt. Jedenfalls keiner der nicht annähernd so eine Vergangenheit hat wie wir.

Darum hatten wir ein mega Schwein, dass wir den Alex getroffen haben – übrigens auch ein Bekannter von Bekannten, von Bekannten, der hier im Umkreis in einer Band gespielt hat. Mit dem haben wir uns dann im Bandraum getroffen und mussten feststellen, dass es musikalisch gar kein Problem war, aber ich hatte ehrlich gesagt noch etwas Angst, dass er schreiend wegrennen könnte, wenn er merkt was für merkwürdige alte Männer wir sind. Schließlich entwickelt man ja so seine Eigen- und Gepflogenheiten inkl. schlechter Insider und so.

Das war dann auch die Herausforderung dieses Festivalsommers, den wir eigentlich nur gemacht haben, um als Band zusammen zu wachsen. Ich weiß nicht warum wir so ein Schwein haben, aber es hätte echt nicht besser laufen können als mit ihm…und so freuen wir uns nun auch endlich mit ihm auf Tour gehen zu können, denn das ist es was wir gerne machen und nicht diese Festivalkacke!

„…einerseits weiß ich, wir sollten da nicht spielen, aber andererseits möchte ich diesen Arschlöchern auch nicht einfach so das Feld überlassen.“

AFL: Also seid ihr dann eher pro kleiner Club und nicht großes Festival?

Axel: Auf jeden Fall…ich finde diese Festivalnummern ätzend. Im Backstage sitzt du da immer wie blöd auf Bierbänken rum und das hat eigentlich nichts mehr damit zu tun, weshalb wir alle mal begonnen haben Punkrock zu machen.

Ich lasse mich halt auf diese Geschichten ein, weil ich das u.a. auch als Möglichkeit sehe unsere Tour zu bewerben. Ich erreiche da einfach echt viele Menschen, die dann evtl. mitbekommen, dass wir im Herbst in ihrem Club um die Ecke spielen und das ist es was wir eigentlich machen wollen: Mit Menschen in kleinen Clubs zusammen sein. Dort wo die Energieübertragung noch unmittelbar ist.

Aber diese Festivalnummern kosten mich auch echt viel Kraft, denn da passieren sehr vielen Dinge die entgegen meiner eigene Überzeugung stehen. Ich stehe da z.B. auf der Bühne und schimpfe gegen Monsanto-Produkte und Massentierhaltung während ich auf ein Werbeplakat von Anheuser-Busch oder irgend so einem manipulierten Rotzkack schaue. Na ja und das muss ich dann immer irgendwie mit mir klar kriegen, denn einerseits weiß ich, wir sollten da nicht spielen, aber andererseits möchte ich diesen Arschlöchern auch nicht einfach so das Feld überlassen.

AFL: Mir geht es manchmal so auf der anderen Seite, wenn ich mit Leuten im Publikum stehe, die z.B. politische Songs gegen Rechts oder gegen Tierqual total abfeiern, später auf dem Zeltplatz aber wieder den billigen Brathahn mit einer Prise Freiwild genießen.

Axel: Ja, das ist ein ätzender Zustand, aber da musst du für dich festhalten, dass diese Menschen gerade da die richtige Botschaft mit dir teilen und dass dieses, in deren weichgematschten Köpfen, vielleicht irgendwann mal zu irgendetwas führt.

Es ist ja auch langfristig keine Alternative nur in seinem eigenen Quark zu sitzen und sich mit denen, die eh alle einer Meinung sind, gegenseitig abzufeiern. Man muss mit diesen Dingen auch mal rausgehen für die man einsteht und wir haben uns dahingehend halt auch dafür entschieden mit WIZO in größeren Clubs zu spielen, so dass nicht nur eine gewisse Elite die Chance hat uns zu sehen, sondern auch eine breitere Masse.

Naja und da bist du auch ratz fatz in solchen Clubdimensionen, wo evtl. auch ganz schön eklige Sachen abgehen, u.a. auch, dass da vielleicht übermorgen irgend so eine Grauzonen-Band spielt. Das sind dann immer solche Zwiespälte und Wiedersprüche mit denen wir uns als Musiker auseinandersetzen müssen.

AFL: Aber wir hoffen mal, dass das auf eurer anstehenden Tour nicht der Fall sein wird. Wo wir aber gerade bei dem Tour-Thema sind, ihr habt euch für die anstehende Tour neben LES 3 FROMAGES auch DIE ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN eingeladen.

Kennt ihr euch schon länger und verbinden euch vielleicht auch die Chaostage´94 in Hannover, denn schließlich entstammt die Band ja dieser Stadt und ihr habt dort ja auch einen drauf gemacht.

Axel: Also wenn du dir Liner-Notes von unserem aktuellen Album „Der“ einmal durchliest, da findest dort eine Danksagung an Konrad Kittner, welchen ich aber bereits vor 94 kannte.

Die Geschichte dazu ist eigentlich die, dass die BRIEFTAUBEN in den Jahren ´91 und ´92 von ihrer damaligen Major-Plattenfirma in dieses Loch der Ärzte gestopft wurden und die haben dann versucht aus ihnen solche Hochglanz-Posterboys zu machen. Somit war es für uns als kleine Deutschpunk-Band dann ein riesen Ding, als wir über einen örtlichen Veranstalter in Stuttgart für die als Support spielen durften. Das war ´92 in einem ausverkauften 800er Club, der auch schon lange Geschichte ist und den BRIEFTAUBEN hat es damals dann wohl auch so gut gefallen, dass sie uns auch nochmal im Vorprogramm spielen ließen. Die haben damals unserer Karriere echt einen richtigen Kick gegeben.
Und nachdem der Olli bei den ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN eingestiegen ist und feststand, dass sie wieder was machen werden, sind wir auf die für unsere Verhältnisse echt clevere Idee gekommen, wir könnten ja die BRIEFTAUBEN fragen, ob sie nicht mit uns auf Tour kommen wollen. Für uns ist das auch sowas wie ein Traum, weil wir sozusagen karmisch unser Skonto zurückzahlen können.

WIZO bei den Chaostagen 1994 in Hannover /  Bildheimat: www.punkfoto.de / Fotograf: Unbekannt

AFL: Es ist bestimmt spannend so zurückzublicken und sich auch manchmal dieser Zeit zu erinnern. Weinst du der alten Zeit und vielleicht auch der damaligen Szene dann auch manchmal hinterher? Die Szene war ja schon eine andere, oder?

Null! Die Szene war auch vielleicht gar nicht so anders – es gibt heute wie früher auch Idioten in der Szene, ein paar coole, wenige Leute die was auf die Beine stellen, dafür aber umso mehr Leute die dieses nicht zu würdigen wissen und eben ein paar die da bock drauf haben.

Der große Unterschied für uns ist nur, dass wir damals so Mitte zwanzig waren und heute sind wir Ende vierzig, darum ist es schon naturgemäß schon was anderes. Na ja und natürlich diese ganze Internet-Medien. So kommen die Leute einfach sehr viel schneller an Informationen und müssen nicht Monate auf das neue Fanzine warten, um zu lesen wer auf Tour kommt oder auch evtl. schon auf Tour war. Das sehe ich aber auch nicht als schlimm an, denn das hat ja vielen Bands und DIY-Organisationen; egal ob Labels, Blogs oder Fanzines echt geholfen.

Aber um auf deine eigentliche Frage zurückzukommen, ich weine dieser Zeit überhaupt nicht hinterher, denn die Leute die übrig geblieben sind, die hat man ja noch und die die nicht mehr dabei sind, um die ist es vielleicht auch gar nicht so schade. Sollen die doch jetzt in ihren Reihenhäusern sitzen und klugscheißen!

AFL: Ja, das mit den Medien ist in meinen Augen auch Fluch und Segen zugleich. Als Beispiel muss ich mich da nur  an die Zeit nach eurer ersten Albumankündigung erinnern. Da habt ihr ja nach der Reunion nur ein paar Festivals gespielt, das Album angekündigt und dann wurde es für lange Zeit wieder ruhig um euch.

Ruhig war es dahingehend auf eurer Facebook-Seite überhaut nicht. Die war voll mit Hasstiraden und Vorwürfen, dass ihr nur kurz nochmal eine schnelle Mark machen wolltet uns so. Wie hast du diese Zeit eigentlich erlebt?

Axel: Na ja, das war aber auch vielleicht ein wenig gerechtfertigt, denn wir wollten ja auch deren Aufmerksamkeit, bezüglich des neuen Albums und so waren sie natürlich enttäuscht, dass wir nicht lieferten. Es war nur so, dass ich nach diesen Festivals eine extrem schlechte Phase hatte, die in einer Sinneskrise endete. Ich wusste nur, dass ich Musik machen wollte, aber ich wusste nicht mehr genau wie. Das einzige was ich daneben noch wusste, war das ich so eine scheiße wie die Festivals nicht mehr unbedingt brauchte. Von daher fand ich das auch OK und ich kann auch damit umgehen, wenn die Leute schimpfen und enttäuscht sind.

Eigentlich ist das ja auch eine Form von Zuneigung; viel schlimmer ist es, wenn sich die Leute abwenden und dich ignorieren.  Von dem von dir genannten Beispiel mal ab, ist es ja auch so, dass solange die noch „Hater“ hast, du ja weißt, dass du noch leidenschaftlich wahrgenommen wirst. Und das sehe ich auch immer eher als ein gutes Zeichen an, als ein schlechtes.

Außerdem machen wir deutschen Punkrock und der ist nicht dazu ausgelegt allen Menschen zu gefallen. Wir machen das ja auch damit es polarisiert und selbst wenn es Leute aus der eigenen Szene sind, die nicht damit einverstanden sind, dann muss ich damit doch klarkommen und das will ich doch auch gerne.

Ich war niemals einer, der dann heulend im Proberaum saß und alle ganz gemein fand, weil sie das nicht so toll fanden was ich gemacht hab. Dazu habe ich mir auch selber immer viel zu wenig eingebildet, was wir mit unseren drei Schrabbelakkorden da immer verbrochen haben.

AFL: Da hast du auf jeden Fall eine sehr positive Herangehensweise. Ich selber sehe so etwas vielleicht immer etwas zu negativ und rege mich darüber auf. Ebenso wie ich mich manchmal etwas darüber ärgere, dass auf euren Konzerten bereits zu Beginn immer wieder diese „Kein Gerede“ Forderungen kommen. Zum einen ist es eh sehr wahrscheinlich, dass ihr es dann als Zugabe oder so spielen werdet und zum anderen möchte ich diesen Song auch nicht zu Beginn hören, denn er soll für mich so etwas wie der Höhepunkt des Konzerts sein. Wie stehst du dem denn gegenüber?

Weißt du wie wir uns früher darüber aufgeregt haben? Wir dachten immer so etwas wie: „Ey, die sollen sich erst mal die anderen Songs anhören…immer wollen die nur „Kein Gerede“ hören“, bis wir irgendwann mal realisiert haben, was wir eigentlich für ein unfassbares Glück hatten einmal so einen Song zu schreiben, der so eine ikonenmäßige Bedeutung für die Leute hat. Und das habe ich erst mitgekriegt, als ich einmal gemerkt habe, dass ich mich dreiviertel des Konzerts nur darüber aufgeregt habe, dass dreiviertel der Leute nur „Kein Gerede“ hören wollten und das obwohl ja eigentlich klar ist, dass wir es eh spielen. Da hatte es dann klick gemacht.

Wir haben einfach so ein Schwein gehabt, so einen Song zu schreiben, denn alleine schon diese geile Energie spüren zu dürfen, wenn wir diesen Song spielen ist der Wahnsinn. Die Leute schreien sich dann so dermaßen ihren Frust heraus, dass wir auf der Bühne eigentlich das Schönste erleben, was wir erleben können. Wer sich nun darüber aufregt, der soll sich eigentlich verpissen, es gibt für uns nichts geileres so etwas zu erleben und darum sind wir sind wir seit Jahren ganz cool mit diesen Sprechchören, wobei es bei uns ja auch Jahre gedauert hat, bis wir es gerafft haben.

„Es funktioniert halt nicht, dass es uns allen super gut geht und den Menschen auf der anderen Seite der Welt auch. Uns geht es nun mal einfach so gut, weil es anderen scheiße geht und diese Probleme kommen halt irgendwann mal als Echo zu uns zurück.“

AFL: Das sind dann auch Sprechchöre die man gerne hört und nicht solche wie die aus den Hälsen so genannter Patrioten und Volksschützer, die mittlerweile immer mehr gehör in diesem Land finden. Gerade darum sind solche Lieder in diesen Zeiten so wichtig – Lieder die kein Blatt vor den Mund nehmen.

Axel: Ja gerade Themen wie diese sorgen auch dafür, dass uns wohl nie der Stoff für neue Songs ausgehen wird. Wobei sich in Bezug auf die AfD mal wieder, wie so häufig, nur der Name geändert hat. Diese Partei, dessen Namen ich ebenso wie die Namen gewisser Grauzonen-Bands nicht gerne nennen, um denen nicht eine größere Plattform zu geben, steht wiedermal in der alten Tradition wie vor zwanzig Jahren die Republikaner oder die DVU.

Die Unterstützer solcher Parteien sind oftmals Menschen, die schiss haben was zu verlieren und darum auch auf schwächere Zeigen und für die einfachen Lösungen empfänglich sind. Der Auslöser dieser Ängste ist am Anfang aber auch diese zügellose Globalisierung, diese scheiß kapitalistische Welt, die uns irgendwann mal um die Ohren fliegen wird. Es funktioniert halt nicht, dass es uns allen super gut geht und den Menschen auf der anderen Seite der Welt auch. Uns geht es nun mal einfach so gut, weil es anderen scheiße geht und diese Probleme kommen halt irgendwann mal als Echo zu uns zurück. Die Kriege die wir noch vor 150 Jahren von unseren Kolonialmächte dort haben führen lassen, sind halt mittlerweile unmittelbar vor unserer Haustür gelandet. Und das darf auch nicht wundern, denn sowas kommt von sowas. Das ist eigentlich gar nicht so kompliziert.

AFL: Dann war diese Entwicklung wohl auch der Grund, warum euer aktuelles Album „DER“ politischer ausgefallen ist als sein Vorgänger „Punk Gibt´s Nicht Umsonst! (Teil III)“?

Axel: Ja, ich bin in der Entstehung von „DER“ schon extrem sauer geworden, weil sich das alles ja schon abgezeichnet hatte. Es war schon daran zu sehen wie diese ganzen kommerziellen Politiker Ängste schürten und sich die Medien auch nicht mehr dagegen gewehrt haben, sondern ihnen eher den Rücken gestärkt haben. Im Laufe der letzten Jahre haben sich halt ganz neue Normalitäten gebildet. Die Menschen haben einfach Angst vor Verschlechterung ihrer derzeitigen Lebenssituation, diese Menschen sollten aber eigentlich erst mal das Maul halten und überlegen was mit den Menschen ist, die gerade auf der Flucht sind oder hier angekommen sind. Und meiner Meinung nach sieht es in der Zukunft auch nicht gut für uns aus.

AFL: Und was bedeutet dann eigentlich euer Albumtitel „DER“?

Axel: Das Ding ist, wenn du ein Album machst und nicht sofort einen Titel hast, weil es so etwas wie eine Konzept Arbeit ist, was wir eigentlich nie mit WIZO hatten, bist du immer gezwungen dir irgend einen Quatsch auszudenken. Manchmal entsteht der Titel dann halt einfach aus irgendeinem Insider und der einzige Insider, der sich über die letzten Jahre bei uns gehalten hat ist, dass wir, wenn wir von WIZO geredet haben, immer von „der WIZO“ geredet haben. Und irgendwann dachte ich mir, wir nennen das Ding einfach „Der“ und da den anderen nichts Besseres eingefallen ist, hieß es ab da einfach „Der“.

AFL: Ihr wart ja bereits sehr früh mit eurem eigenen Label HULK RÄCKORZ am Start und habt so immer dafür gesorgt, dass ihr möglichst viel in der eigenen Hand behaltet. Habt ihr diesen DIY Gedanken jemals bereut?

Axel: Zuerst muss ich sagen, dass ja auch wir diese Idee einfach nur von anderen übernommen haben und vielleicht damals gar nicht genau wussten was wir tun. Aber bereut auf keinen Fall.
Im Gegenteil, wir haben in den letzten Jahren noch mehr dafür gesorgt, dass wir uns diesen Business-Scheiss noch mehr von der Backe halten. So sind wir noch DIY organisierter als früher – wir sind da noch konsequenter.

Das hast du ja auch daran gesehen, dass ich unser letztes Album einfach so von heute auf morgen ins Netz gestellt habe. Ich halte das alles für quatsch, diese ganzen Marketing-Strategien und dieser ganze Schrott, der für mich nichts mit Punkrock zu tun hat. So haben wir dann auch dafür gesorgt, dass wir noch lange weiter rumgondeln können.

AFL: Konntet ihr damals, als ihr die Selbstvermarktung angeleiert habt, schon so weit nach vorne schauen oder was waren damals für euch die eigentlichen Gründe für das eigene Label?

Axel: Na ja, wir haben damals auch gar nicht damit gerechnet, dass jemand anderes unsere Platten veröffentlichen würde. Wir fanden uns selber ja gar nicht so gut und du musst auch mal überlegen wann wir angefangen haben. Das war 1990 ein Vakuum, in dem noch irgendwelche Bands wie die BRIEFTAUBEN oder so unterwegs waren, aber da war eigentlich nichts so tot wie deutscher Punkrock. Und für uns war da klar, dass wenn wir irgendwie weiter kommen wollten, um Konzerte zu buchen, brauchten wir dafür Singles oder so die wir verschicken konnten. Somit haben wir uns da selber ran gemacht und alle Try-And-Error-Fehler gemacht, die man machen konnte.

Irgendwann, nachdem wir etwas erfolgreicher wurden, kamen dann auch irgendwelche Majorlabel an und haben uns obskure Vorschläge gemacht. Das ganze haben wir dann mit unserer bisher gemachten Erfahrung auch mal durchgerechnet und uns dann einfach nur gefragt, wofür die nun Geld haben wollen.
Wir haben einfach aus der Not eine Tugend gemacht und dann gemerkt, dass uns nichts Besseres hätte passieren können.

AFL: Ich persönlich habe euch das erste Mal 1992 bei einer Fernsehsendung wie „Moskito“ oder „Elf99“ wahrgenommen, als euer Video zu „All That She Wants“ vorgestellt wurde und auch passend dazu erzählt wurde, dass ihr den Song eigentlich geschrieben habt und ACE OF BASE ihn nur von euch geklaut hat. Hattet ihr deshalb später nochmal ärger? Ihr habt das Lied doch wahrscheinlich ohne Erlaubnis gecovert und veröffentlicht oder war das alles abgesegnet? Ich selber habe es übrigens damals geglaubt und es allen in der Schule berichtet!

Axel: Wir haben es damals gecovert und sind damit auch immer einfach so rumgefahren. Bis dann bei uns in der Ecke einmal ACE OF BBASE in einer Großraumdiskothek aufgetreten sind. Dann habe ich einfach ein Tape mit dem Song fertig gemacht, weil ich denen das einfach mal zeigen wollte und auch gehört hatte, dass der Hauptsongschreiber mal in einer Punkband gespielt hatte. Ja und dann habe ich mich da irgendwie in diese Diskothek geschmuggelt und bin dann, wie in einem Hallervorden-Film, mit der Band im Fahrstuhl gelandet. Da habe ich  dann dem Keyboarder das Tape in die Hand gedrückt und später kam dann auch ein Anruf ihres Labels.

Dieses hat uns dann damals mehr oder weniger die Pistole auf die Brust gesetzt und gesagt, „entweder ihr bringt das Ding über uns raus oder wir lassen es irgendwie verbieten“. Naja und dann lief das Video halt mal bei ELF99 oder auch MTV aber nach einer ganzen Weile haben wir auch von den Business-Affen nichts mehr gehört.

Ich weiß nicht was die sich erhofft hatten, aber wir haben einfach weiter unsere Punkrock-Konzerte gespielt und nach zehn Jahren hatten wir dann auch endlich unsere Rechte an dem Song wieder, denn wir hatten denen auch die Rechte an unserer ersten Single mit verkauft und das war im Nachhinein auch das Heftige, aber nach zehn Jahren hatten wir sie ja zum Glück wieder.

AFL: Sehr passend dazu kann man nun sagen „Ende gut, alles gut!“ und ich bedanke mich für das tolle und ehrliche Interview bei dir und freue mich natürlich wie Bolle auf eure kommende Tour und alles was noch so von WIZO folgen mag!

Axel: Sehr gern! Vielen lieben Dank für Deine coolen Fragen, wir freuen uns natürlich auch saumäßig auf die Tour und hoffen, dass sich Alle, die noch zögern, aufraffen und zu unseren Gigs kommen, um sich dort einen Sack guter Energie abzuholen!
Das ist wichtig in diesen Scheisszeiten!

Und es ist übrigens auch wichtig auf kleine Konzerte zu gehen, lokale Bands und die Szene zu supporten, gegen besorgte Scheisse aufzustehen und und und! Ach was erzähl ich, ihr wisst Bescheid, bis bald!

 

Und wenn ihr euch aufrafft, dann tut dieses schnell, denn einige Termine sind bereits ausverkauft! Die Tourdaten findet ihr unterhalb des Albumstreams!

WIZO – LIVE: „Der“-Tour

Fr. 04.11. Würzburg, Posthalle + Abstürzende Brieftauben
Sa. 05.11. Wiesbaden, Schlachthof + Abstürzende Brieftauben
So. 06.11. Saarbrücken, Garage + Abstürzende Brieftauben
Mi. 09.11. Heidelberg, Halle 2 + Les 3 Fromages
Do. 10.11. Köln, Live Music Hall + Les 3 Fromages
Fr. 11.11. Eschwege, E-Werk + Les 3 Fromages
Sa. 12.11. Oberhausen, Turbinenhalle + Les 3 Fromages
So. 13.11. Münster, Skaters Palace + Les 3 Fromages
Di. 15.11. AUSVERKAUFT! Hannover, Faust + Les 3 Fromages
Mi. 16.11. Hamburg, Große Freiheit 36 + Les 3 Fromages
Do. 17.11. Berlin, Astra + Les 3 Fromages
Fr. 18.11. Leipzig, Werk 2 + Les 3 Fromages
Sa. 19.11. Chemnitz, AJZ + Les 3 Fromages
Mi. 23.11. Strasskirchen, Plutonium + Abstürzende Brieftauben
Do. 24.11. Ingolstadt, Neun + Abstürzende Brieftauben
Fr. 25.11. AUSVERKAUFT! München, Backstage + Spez. Gäste
Sa. 26.11. AUSVERKAUFT! AT-Wien, Arena + Spez. Gäste
So. 27.11. ZUSATZKONZERT! AT-Wien, Arena + Spez. Gäste
Di. 29.11. AT-Weiz, Volxhaus + Abstürzende Brieftauben
Mi. 30.11. AT-Lendorf, Saal + Abstürzende Brieftauben
Do. 01.12. IT-Bruneck, UFO + Abstürzende Brieftauben
Fr. 02.12. AUSVERKAUFT! Nürnberg, Löwensaal + Abstürzende Brieftauben
Sa. 03.12. Lindau, Club Vaudeville + Abstürzende Brieftauben
Di. 06.12. CH-Zürich, Volkshaus + Swiss und Die Andern
Do. 08.12. Lahr, Universal Dog + Swiss und Die Andern
Fr. 09.12. AUSVERKAUFT! Stuttgart, LKA + Swiss und Die Andern

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