Ab und an serviert einem der gute und alte König Zufall doch nochmal ein kleines Schmankerl auf dem Silbertablett.
So geschah es, dass es mich am 13.01. ins Leinebergland verschlug, um dort die hohe Kunst des Käsens zu erlernen und wie der voran genannte so spielt, verschlug es an diesem Tag auch ein paar Musikanten dorthin.
So gaben sich an diesem Abend in Alfeld neben dem Akustik-Punk-Poeten Cosmo Thunder und dem Power-Akustiker Polariot auch niemand geringeres als North Alone ein Stelldichein.
Letztgenannten habe ich bereits zig male live erleben dürfen…sei es auf dem Marktplatz, einem Straßenfest oder einer amtlichen Schnurrbartschenke, überall konnte der Folk-Punkrocker überzeugen. Ob nun ein weiteres Mal hinzukommen würde, musste allerdings noch abgewartet werden.

Und der Weg dorthin war noch weit…das dachte ich auf jeden Fall, nachdem der Workshop hinter mir lag. Denn schließlich hat man ja schon so seine Erfahrungen gemacht, wenn man in fremden Städten ein Konzert mit seinem Vehikel aufsucht:
Es beginnt immer mit der Suche nach der richtigen Lokalität, um anschließend direkt mit der Parkplatzsuche fortzufahren. Danach stellt man meistens fest, dass zumindest einer aus der Truppe nochmal zur Bank muss und anschließend wird natürlich auch noch ein Kiosk gesucht, um das obligatorische Weg-Pils aufzunehmen…um dieses Thema nur mal kurz anzuschneiden.
Aber in Alfeld scheinen die Uhren anders zu laufen. Direkt auf dem Weg zur Lokalität lag eine Bank, das Wegbier war bereits im Kofferraum und dank des gegenüberliegenden Supermarktes gab es auch keinerlei Parkplatzsuche. So konnte es weitergehen…!

Die Lokalität mit dem zugegeben etwas seltsam anmutenden Namen „Alfeld Rockt Cafe“ war bei unserem Eintreffen noch recht spärlich besucht. Um ehrlich zu sein stand zu diesem Zeitpunkt der Großteil hinter dem Tresen und nicht vor ihm. Dieses kenne ich auch von diversen Kneipenabenden…dann ist die Uhrzeit, ebenso wie der Promillespiegel, aber bereits etwas weiter vorangeschritten. Somit blickte ich ein zweites Mal in Richtung Tresen und stellte fest, dass das Personal, mit ein paar Ausnahmen, zudem doch ungewöhnlich jung war. Dieses traf aber nicht nur auf das Tresenpersonal zu, sondern auch auf die TechnikerInnen, die noch ein paar letzte Checks im Veranstaltungssaal durchführten.
Anfangs kamen mir hierzu seltsame Gedanken, aber nachdem ich mir das junge Treiben etwas angeschaut hatte, war ich begeistert…hier wird nämlich Nachwuchsarbeit an der Basis zelebriert und weil ich davon so begeistert bin, könnt ihr unter diesem kleinen Konzertbericht auch noch etwas mehr über das Cafe und die Rockreihe erfahren!
Aber zurück zum Abend…nach einer kleinen Eingewöhnungsphase und der wiederholten Erkenntnis, dass mit dem Rauchverbot auch die Kneipensterilität eingeführt wurde, begann der musikalische Reigen dann mit dem Hildesheimer Polariot.

Was dieser Herr anscheinend beim Friseur spart, muss er wohl direkt in neue Saiten umsetzen, denn er hat einen Anschlag, der sich echt gewaschen hat. Allerdings zitterten die Saiten hierbei auch wirklich klangvoll und es handelte sich um alles andere als pures geschraddel. Im Gegenteil…sein Gitarrenspiel gefiel mir außerordentlich gut und als seine Stimme einsetzte, war ich ein weiteres Mal verwundert…der Typ kann echt singen!
Ich kannte zwar vorweg schon zwei Lieder von ihm, aber das hatte ich nicht erwartet. Seine Stimme wirkt live um Längen besser als auf Platte und so genoss ich seine Lieder bis…wen wundert es…eine Saite doch nachgab. Nun hieß es improvisieren, denn schließlich hatte der Nachwuchs den Zeitplan eng getaktet und es wollten ja auch noch ein paar Songs gespielt werden. Abhilfe brachte hier der nachfolgende Cosmo Thunder bzw. seine Gitarre. Wenn da nur nicht der kleine Unterschied zwischen Links- und Rechtshändern gewesen wäre und so lauschten wir in der Folge einem Linkshänder, der auf einer auf links gedrehten und rechts besaiteten Gitarre spielte, während sein Kollege die eigentliche Gitarre neu bespannte.
Dieses ist dann aber doch relativ schnell geschehen und Polariot konnte der geliehenen Gitarre einen beherzten Tritt geben, um anschließend sein Set souverän runterzuspielen.

Foto: Gideon Le Rough

Ob es ablauftechnische Gründe hatte oder ob Cosmo Thunder die „große“ Bühne doch eher scheut weiß ich nicht, aber immerhin wusste ich mit dem Ende des Sets von Polariot, was das Mikro im vorderen Kneipenbereich sollte…es sollte die Stimme des folgenden Musikanten verstärken. Dieses tat es allerdings mit etwas zu wenig Nachdruck und so sind zumindest die Ansagen leider nur schwer zu verstehen gewesen. Dieses lag allerdings nicht nur an der mäßigen Verstärkung, sondern auch an der Zurückhaltung des Mannes hinter dem Mikrofon. Denn man merkte schnell, dass dort jemand stand, der sich in seiner Musik total verliert und am Liebsten nur spielen und nicht reden wollte. Ja, mich erinnerte es zeitweise sogar an eines meiner ersten Erdkunde-Referate, als ich total gehemmt vor der ganzen Klasse stand und kaum ein Wort herausbekommen habe.
Mit der Zurückhaltung war es aber immer sofort vorbei, sobald der erste Akkord erklang…denn ab da war er anscheinend in seinem Element und besang nahezu poetisch das Leben, Lieben und Leiden. Gerade eine Songzeile ist mir hierbei hängen geblieben und ich muss sie einfach nochmal schreiben: „Deinen blauen Augen steht das Meer viel besser als der Regen!“
Selbst Theodor Fontane hätte es wohl nicht lyrischer rüberbringen können. Und während ich noch darüber nachdachte, welcher Rotwein wohl am besten für diese Musik geeignet wäre, war es auch schon wieder vorbei und man zog zurück in den Konzertsaal.

Dort stand bereits alles bereit für North Alone…der allerdings an diesem Abend gar nicht so alleine war, denn mit im Gepäck hatte er seine Kollegen So-Kumneth (Geige), Chris (Gitarre), Michael (Bass) und Matthias (Schlagzeug). Das war auch für mich eine Premieren, denn bisher habe ich ihn immer nur alleine oder aber als Duo erleben dürfen.
Ansonsten schien aber alles beim alten…Cap- und Fat-Wreck-dominiert wie eh und je und voller rauchiger Energie, welche allerdings durch die Bandbegleitung etwas gedämpft wurde. So fehlte mir persönlich in dieser Konstellation etwas der Punkrock. Das lag aber auch daran, dass so manche Folknarbe auf meinem Live-Körper noch nachschmerzt und ich mich gerade zu Anfang nicht wirklich auf seine Songs im Kapellengewand einlassen konnte. Im Laufe des Konzerts wurde dieses aber besser, was wohl nicht zuletzt an der großartigen Coverversion von Tony Sly´s International You Day und meiner privaten Geschichte zu dem Song lag. Apropos…wart ihr schon einmal auf einem Konzert, auf welchem auf die Frage, wer denn Tony Sly kenne nur ein paar Hände hochgingen? Ich jetzt schon und ehrlich gesagt fühlte sich das irgendwie falsch an. Aber egal, nun kennen auch diese Leute ihn…zumindest durch die beiden Cover und die Ansagen, welche auch nochmal genutzt wurden um für Spenden in Bezug auf die Tony Sly Music Foundation zu werben.
Neben altbekannten Tracks durften wir aber auch neuem Material lauschen, welches uns hoffentlich auch bald in gepresster Form erreicht…denn was ich dort vernommen habe, klang definitiv nach mehr und das obwohl ich ja, wie vorweg schon beschrieben, etwas folkgeschädigt bin.
Nichts desto trotz freue ich mich aber auch darauf, North Alone mal wieder etwas minimalistischer erleben zu können, denn seine Musik hat dann etwas mehr Charme. Was zum Einen an seiner Bühnenpräsenz liegt, welche dann mehr in den Vordergrund rückt, und zum Anderen wohl auch daran, dass es dann nicht ganz so glatt und professionell wirkt.
Klar, nach so vielen gespielten Shows und Auftritten (u.a. mit Joey Cape, Useless ID, The Real McKenzies, Turbo AC´s, Uke Hunt, Frank Turner, Flogging Molly, Get Dead oder auch Dave Hause) lässt sich eine gewisse Professionalität nicht verbergen oder gar leugnen, aber irgendwie passen Set-List´s und durchgeplante Abläufe nicht so zu ihm.
Hier handelt es sich nun aber um „meckern“ auf echt hohem Niveau, denn egal ob als Duo, alleine oder aber mit der vollen Besetzung…North Alone sorgt bzw. sorgen immer für grandiose Zeiten bei whiskygetränkten Klängen!
Und so endet der Abend, nach der obligatorischen Zugabe, mit dem Finalsong „The Road Most Travalled“, welcher mir von dort an noch Tage später im Kopf rumschwirrte und mich fast an den Rand des Wahnsinns brachte!

Vielen Dank Alfeld Rockt…es war ein toller und bestimmt nicht letzter Abend bei euch…und natürlich auch danke an Polariot, Cosmo Thunder und North Alone für den Soundtrack!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden


Und hier kommen nun noch weiterführende Infos zu Alfeld Rockt und ihrem Cafe:

Bei Alfeld Rockt handelt es sich im Genaueren um eine Konzertreihe, welche vor 15 Jahren vom Alfelder Stadtjugendring (SJR) ins Leben gerufen wurde. Hier handelt es sich allerdings um keine einfache Konzertreihe, denn die Konzerte werden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen komplett selbst organisiert und umgesetzt.
Das beginnt beim Booking, dem Aufbau und der Betreueung der Licht- und Tontechnik und endet bei der Künstlerverpflegung und dem Verkauf der Tickets sowie der Getränke am Abend selbst. So hat die ehrenamtliche Truppe von Alfeld Rockt bereits Bands wie La Vela Puerca, Turbostaat, Milliarden, Le Fly, Blackout Problems, A Traitor Like Judas, Mambo Kurt u.v.m. auf ihrer Bühne zu Gast gehabt.

Das war aber noch lange nicht alles, denn neben der Konzertreihe kümmert sich die Truppe auch noch diverse andere lokalen Veranstaltungen wie z.B. dem ABRISS-Festival. Hier steht ebenfalls die musikalische Nachwuchsförderung im Vordergrund, was im speziellen im letzten Jahr dadurch geschafft wurde, dass die Kinder und Jugendlichen im Festival-Vorfeld an diversen Workshops teilnehmen und mit diesem Wissen den ersten Festivaltag aktiv begleiten konnten. Der zweite Tag gehörte dann den lokalen Newcomer-Bands, denen die Chance geboten wurde sich einmal mit bekannteren Bands eine große Bühne zu teilen und dadurch zu lernen.

Der Stadtjugendring hält zudem noch ein mobiles Tonstudio vor, welches bereits von Bands wie Alex Mofa Gang oder auch A Traitor Like Judas genutzt wurde. Es steht aber vorwiegend den „Kleinen“ zur Verfügung, die für eine schmale Mark an ihrer Karriere pfeilen können. Unterstützung erhalten sie hierbei von erfahren Musikern aus dem Alfeld Rockt Team.
Diese organisieren auch einmal im Jahr, mit Hilfe des Stadtjugendrings, das lokale Eintages-Festival Local Derby, auf welchem sich die lokalen bands selbst eine Bühne schaffen.

Nicht zuletzt durch diese Vielzahl an Aktivitäten und Veranstaltungen schafft es der Stadtjugendring Alfeld bereits seit 1979 die Musiklandsachaft im Leinebergland am Leben zu halten. Unterstützung erhalten die Ehrenamtlichen hierbei seit über 30 Jahren von der städtischen Jugendpflege, ohne die das Ganze ebenfalls nicht möglich wäre.

Das soll hier wirklich keine Werbeveranstaltung sein, aber ich hätte mir zu meiner Jugendzeit eine solche Unterstützung gewünscht und wie gesagt, ich war auf dem Konzert echt beeindruckt von dem Tatendrang der Heranwachsenden.

VIELEN DANK FÜR EURE ARBEIT…MIT SO EINEM NACHWUCHS BLEIBT DIE SZENE AM LEBEN!

 

1. Polariot

Credit, Fotos: Jens Klaus Fotografie

 

2. Cosmo Thunder

Credit, Fotos: Jens Klaus Fotografie

 

3. North Alone

Credit, Fotos: Jens Klaus Fotografie

1 Kommentar

Beitrag kommentieren

Bitte gebe dein Kommentar ein
Bitte gebe dein Name ein