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WESTERN ADDICTION im Interview zu ihrem neuen Album

Western Addiction ist eine dieser Bands, die seit vielen Jahren schon ihre Heimat bei Fat Wreck Chords haben, sich aber irgendwie nie wirklich hervortun konnten. Dieses ändert sich nun hoffentlich mit ihrem aktuellen Album "Tremulous".

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Zwölf lange Jahre musste ins Land gehen, bis wir nun wieder ein neues Album der Jungs aus San Francisco in den Händen halten durften und so hatte wohl nicht nur ich Western Addiction fast schon abgeschrieben.
Warum wir so lange warten mussten ist hierbei nur eine interessante Frage, die uns Sänger Jason Hall gerne beantwortet hat.

Interview mit Jason von

…es gibt eigentlich keine logischen oder wirtschaftlichen Gründe um Mitglied einer Band zu sein…

 

AFL: „Tremulous“ ist euer erstes Werk seit zwölf Jahren. Warum hat es so lange gedauert und was habt ihr so in der Zwischenzeit getrieben?

Jason: Es hat aus mehreren Gründen so lange gedauert, aber vorwiegend lag es an mir. Mein Leben ist zwischendurch mal wieder etwas wuseliger geworden, denn 2007 kam meine zweite Tochter auf die Welt. Es gibt eben so gewisse Zeiten, in denen ich nah bei meiner Familie sein muss und auch will und dieses war eben eine dieser Zeit.
Mittlerweile ist sie ja aber schon etwas älter und somit ist es für mich auch einfacher mich mal hier und da zu verdrücken.
Die anderen Jungs haben in der Zwischenzeit mit ihren anderen Bands weiter gemacht, denn schließlich spielen Chicken und Kenny ja noch bei Dead To Me und Chad spielte bei Radio Reelers und den Complaints.

AFL: An den Namen sieht man ja schon, dass es auch ein paar Umbesetzungen in eurem Line-Up gab. Stell uns doch mal kurz die 2017er Version von Western Addiction vor!

Jason: Ja, es gab ein paar Veränderungen in der Vergangenheit. So singe ich mittlerweile nur noch und spiele dabei nicht mehr Gitarre. Dieses übernimmt nun Tony Teixeira, der vorher den Bass bedient hat.
Er ist zur Gitarre gewechselt, als ich beschlossen hatte nur noch zu singen.

Tony spielt auch noch bei Cobra Skulls, Boys on The Wall, Sciatic Nerve und verschiedenen anderen Bands. Er ist ein wahnsinnig guter Spieler und das hört man nun auch auf der Platte.
Ken Yamazaki ist der zweite Gitarrist im Bunde und seit Anbeginn dabei. Ebenso wie unser Schlagzeuger Chad Williams.
Chicken (Tyson Annacharico) spielte auf der Platte  den Bass und ist auch ein Original-Mitglied, allerdings tourt er nicht mit uns. Dafür spielt nun als neuer und permanenter Bassist Mitch Paglia bei uns, der auch ein echt guter Spieler ist und zuvor bei Nothington gespielt hat.

 

„Ich kann dir dazu berichten, dass meine Wertschätzung und Liebe für die Musik wieder ums zehnfache angestiegen ist, nachdem ich der Musikindustrie den beruflichen Rücken gekehrt hatte.“

 

AFL: Mir gefällt euer Cover-Artwork von eurem aktuellen Album „Tremulous“ sehr. Wer war denn dafür verantwortlich?

Jason: Wir lieben es auch wirklich sehr und sehen es auch als eine essentielle Komponente des Albums. Für mich selbst ist das Artwork eines Albums ebenso wichtig wie die Musik und somit macht dieses das Album für mich so besonders.
Der Künstler heißt Thierry De Cordier und man findet seine Arbeiten auf der Seite der Xavier Hufkens Gallerie. Schaue dir auch mal seine anderen Arbeiten an. Sie sind absolut überwältigend.
Nun aber zurück zum Cover…es ist ein Öl-Gemälde, welches auf den Namen „Mer Du Nord“ hört und wir können ihm gar nicht genug danken. Ich bin mit Stolz erfüllt, dieses Kunstwerk den Leuten zeigen zu können.

AFL: Wie läuft den euer Bandleben so ab? Probt ihr oft und spielt Shows?

Jason: Das Bandleben ist für die Leute immer sehr interessant und kann von außen auch schnell glamourös wirken. Aber die Wahrheit ist, dass es eine Menge Arbeit ist und man es echt lieben muss, damit es überhaupt funktioniert. Es gibt eigentlich keine logischen oder wirtschaftlichen Gründe um Mitglied einer Band zu sein – du musst rock´n´roll einfach lieben, denn an den meisten Tagen fühlt es sich an, als ob man einen Felsblock einen Berg hinaufwuchtet. Ich persönlich liebe es aber einfach an der Band zu arbeiten.
Wir proben die ganze Woche über und auch mal die Nächte durch, so wie heute Nacht auch. Ich arbeite da an kleinen Dingen hier und da, um die Band weiter voran zu bringen.
Heute habe ich zum Beispiel unsere Intro- und Outro-Musik für die kommenden Shows vorbereitet und nun sitze ich hier an diesem Interview!
Im Moment versuchen wir auch so viele Shows wie möglich zu spielen. Ein jeder von uns ist zudem derzeit sehr aufgeregt, denn in ein paar Tagen wird ein Traum für uns wahr…wir spielen eine Show mit den Descendents.

AFL: Ich habe gelesen, dass ihr eure Haupteinkommen auch innerhalb des Musikbusiness bestreitet. Was treibt ihr denn da so? Und ist es dann nicht manchmal auch nervig, wenn das Hobby und der Hauptjob denselben Background haben?

Jason: Interessanterweise arbeiteten die meisten von uns (Ken, Chicken und ich) bei Fat Wreck Chords, aber mittlerweile ist Chad der einzige der dort noch arbeitet. Er ist dort Label-Manager und der Leiter der Produktion. Der Rest von uns hat nun Jobs außerhalb der Musikindustrie.
Ich kann dir dazu berichten, dass meine Wertschätzung und Liebe für die Musik wieder ums zehnfache angestiegen ist, nachdem ich der Musikindustrie den beruflichen Rücken gekehrt hatte. Ich war frei Musik einfach wieder genießen zu können anstatt damit meinen Lebensunterhalt bestreiten zu müssen. Es war einfach nicht mehr so ermüdend!
Derzeit arbeite ich in der Namensabteilung einer Branding-Firma, Ken arbeitet bei Dunlop und Tony wie auch Mitch arbeiten in Restaurants.

AFL: Gibt es einen Plan in naher Zukunft auch mal wieder ein paar Shows in Europa zu spielen?

Jason: Wir würden wirklich gerne mal wieder nach Europa kommen. Während unserer 2015er Tour war ich das erste Mal bei euch und habe es wirklich sehr genossen…gerade Frankreich. Im Großen haben mir aber alle Länder gefallen, in denen wir gespielt haben. Egal ob Spanien, England, Deutschland, Slowenien, Italien oder die Niederlande. Überall gab es eine spezielle Begeisterung und wir haben uns echt willkommen gefühlt. Wir waren damals mit Lagwagon und den Flatliners unterwegs und somit war die Menge natürlich auch großartig.

AFL: Unterscheiden sich den die Shows in Europa von denen in den Staaten?

Jason: In mancherlei Hinsicht ja. Ich fand nämlich, dass sich die europäischen Zuhörer doch etwas mehr für die Live-Shows begeisterten. Ich weiß, es ist irritierend wenn Bands das Publikum dafür verantwortlich machen, denn es ist ja eigentlich die Aufgabe der Band die Menge zu begeistern und dazu zu bringen abzugehen. Allerdings denke ich manchmal auch, dass es zum Beispiel in unseren Heimatstädten wie San Francisco oder sagen wir mal New York City so viele Bands gibt, dass es echt schwer ist sich für jede zu begeistern.
Als wir letztens in Portland und Seattle spielten war es hingegen so, dass ich fühlte wie sich das Publikum in unserer Musik verlor bzw. bei uns war, anstatt nur dazustehen und sich am Kopf zu kratzen während sie ein großer Mann anschrie!

AFL: Was hat euch den während eurer letzten Europa-Tour am meisten begeistert und was mochtet ihr überhaupt nicht?

Jason: Wie ich bereits erwähnte, war ich sehr begeistert von Frankreich. Das Land fühlte sich einfach sehr global an, wobei es sich gleichzeitig seine Kultur und dem was es bedeutet Französisch zu sein doch sehr erhalten hat. Sehr gefallen haben mir auch Berlin und Barcelona.

Zudem war ich davon begeistert, wieviel Dinge in Europa wirklich Sinn machen…zum Beispiel das metrische System.
Ich bemerkte, dass sich die Welt außerhalb der USA wirklich mit der ganzen Welt zu beschäftigen scheint – egal ob in politischen oder sozialen Angelegenheiten. Diesbezüglich sieht sich die USA doch eher isoliert.
Ich habe gefühlt, dass Europa eine breitere Perspektive für die Belange des ganzen Planeten hat.

Eine Sache die ich nicht mochte war das Essen in England. Wir kamen gerade aus Frankreich, wo wir wie die Könige gegessen haben und in England war es sogar schwer überhaupt Gemüse zu finden. Ha ha. Wir sind aber auch verwöhnte Kalifornier, wo die Avocado´s so groß wie Softbälle sind.

 

„Ich persönlich mag die Studioarbeit auch nicht sonderlich. Das fühlt sich immer an wie eine riesige Lupe die deine Unzulänglichkeiten vergrößert.“

 

AFL: “Tremelous” wurde von niemand geringerem als Joey Cape produziert … wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und wie verliefen die Aufnahmen?

Jason: Joey ist schon lange ein Freund der Band. Wir haben ihn damals über die Arbeit beim Label kennen gelernt und er hatte uns bereits ein paar Mal gefragt, ob wir nicht mit ihm zusammenarbeiten wollen. Wir dachten aber immer, dass er nur nett zu uns sein wollte…schließlich ist Joey ein vielbeschäftigter Mann und somit hat er wohl kaum Zeit an einem Western Addiction Album zu arbeiten.
Somit war es uns nun schlussendlich eine noch größere Ehre für uns, dass er es wirklich ernst meinte.

Ich bin auch sehr stolz auf das Album und Joey unglaublich dankbar dafür, dass er mir so geholfen hat, als es zu den Gesangsaufnahmen kam. Er ist ein wirklich professioneller Sänger und somit war es schon manchmal eine Herausforderung für ihn mit mir zu arbeiten.
Ich persönlich mag die Studioarbeit auch nicht sonderlich. Das fühlt sich immer an wie eine riesige Lupe die deine Unzulänglichkeiten vergrößert, aber wir haben uns da durchgeboxt und sind sehr stolz auf das Album.

AFL: Ihr habt euch für den Song „Taedium“ Verstärkung von Todd von Propagandhi geholt. Kennt auch ihr euch schon länger?

Jason: Ja, wir kennen ihn, ebenso wie Joey, schon ein paar Jahre und wir haben ihn auch über das Label kennen gelernt. Zur Veröffentlichung unseres ersten Album „Cognicide“ sind wir auch etwas mit ihnen getourt.
Unsere Band hat eine sehr demokratische Struktur und ich habe auch die Theorie, dass die Bandmitglieder dadurch mehr investieren und eher bereit sind ihr ganzes Herzblut mit hineinzugeben. Na ja und als wir uns so die Ideen in Bezug auf Gastauftritte hin und her warfen viel auch Todd´s Name und alle sagten gleichzeitig „ja“.
Wir lieben ihn einfach als Menschen und als Sänger und wir sind ihm echt dankbar, dass er nun auch ein Teil dieses Albums ist.

AFL: Hast du für uns noch eine Band die wir uns unbedingt merken bzw. die wir uns unbedingt mal anhören sollten? Und was läuft denn bei euch so im Tourbus oder aber auch bei euch zuhause?

Jason: Ich höre eigentlich den ganzen Tag Musik. Ich habe nämlich einen Job bei dem ich isoliert arbeite und Kopfhörer trage, damit ich mich besser konzentrieren kann und somit kann ich über Stunden Musik hören. Ich finde auch kontinuierlich neue Musik, die ich genießen kann. Allerdings hält sich die Anzahl der wirklich soliden Punk-Alben doch in Grenzen, aber ich denke das neue Career Suicide Album ist sehr, sehr gut.
In Bezug auf neue Musik gefallen mir die neuen Alben von Power Trip, The Old 97s, Mount Eerie, Hand Habits und Cayetana. Ich durchlebe derzeit auch eine intensive Jesus and Mary Chain Zeit, denn sie haben auch ein neues Album und ich liebe sie einfach. Ich beziehe mich im Tremulous-Song „Your Life Is Precious“ auch auf ihr Lied „Stuck Between Planets“…das ist ein großartiger Song!
Zuhause hören wir eine Menge Big-Band-Musik aus den 20ern, 30ern und 40ern. Ich finde einfach, dass das großartige Hintergrundmusik ist, die wirklich jeder aus meiner Familie mag. Im Tour-Bus ist es hingegen etwas härter. Normalerweise ist dort Chad für die Musik verantwortlich und so hören wir dann Motörhead und andere neuere Metal-Alben die Chad mag. Auf unserem letzten Trip in den Nordwesten hörten wir z.B. das Album “Legend“ von Witchcraft. Sehr solide das Album!

AFL: Habt ihr irgendwelche Rituale bevor ihr auf die Bühne geht?

Jason: Ich persönlich mache ein paar Aufwärmungen für die Stimme. Ich glaube aber, dass das nicht gerade viele andere tun. Ich habe nämlich bisher kaum andere Sänger gesehen, die das getan haben und ich sehe dabei normalerweise auch ziemlich dumm aus. Zudem kann es auch echt nervig sein jemanden beim Stimm-Aufwärmen zuzuhören.
Ich habe letztens einen Artikel über Morrissey gelesen und er sagt, dass er niemals seine Stimme aufwärmt. Er geht einfach auf die Bühne und singt wie ein Engel. Man…ich wünschte ich könnte das!

AFL: Was denkst du über Herrn Trump und seine Politik?

Jason: Ich finde es sehr deprimierend und entmutigend. Und ehrlich gesagt schäme ich mich auch und es ist mir peinlich, dass er das Land präsentiert. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht mit seinen grundlegenden politischen Ansichten konform gehe, finde ich ihn auch einfach nur vulgär und unfreundlich.
Von der Sprache die er nutzt bis hin zu der Art und Weise wie er Menschen behandelt.
Ich denke Kinder haben ein Gespür dafür, ob etwas mit einer Person nicht stimmt und ich kann mich daran erinnern, dass meine kleine Tochter zu mir sagte, “Ich mag diesen Mann nicht. Er ist gemein“.

Mittlerweile glaube ich auch, dass ich gar nichts mehr in Sachen Politik verstehe. Denn immer wenn mein gesunder Menschenverstand einen Weg sieht, sehen es Trump und die Republikaner genau anders herum. Es macht für mich total Sinn Planned Parenthood zu unterstützen und somit Menschen zu helfen die es wirklich brauchen. Es macht total Sinn die Dakota-Pipeline zu blockieren, um die Native Americans nicht wieder respektlos zu behandeln und ihr Land zu verschmutzen. Wie auch immer, irgendwie sieht es die Regierung immer genau anders herum. Alleine darüber nur zu schreiben macht mich schon depressiv und sauer zugleich.

 

„Der beste Weg einen Unterschied in dieser Welt zu machen, ist einander zu respektieren und Freundlichkeit sowie Empathie zu zeigen.“

 

AFL: Was ist der größte Einfluss in eurer Musik?

Jason: Leute fragen uns das ziemlich häufig und man erwartet wohl auch traditionellere Antworten, wie z.B. Bands denen wir sehr ähnlich sind oder so. Ich muss aber sagen, dass meine größten Einflüsse die großen Songwriter sind, die die stimmliche Melodie beherrschen. Natürlich liebe ich Motörhead und Black Flag, aber wirklich interessiert bin ich an Menschen die brillante stimmliche Melodien schreiben.  Diese Liste beinhaltet Stuart Murdoch von Belle And Sebastian, Rhett Miller von Old 97s, Conor Oberst, Paul Simon, Lauro Jane Grace von Against Me!, Morrissey, etc.! Das sehe ich als die wahre Magie in Liedern an. Wenn du das im Lied richtig gemacht hast, gibt es eine viszerale und emotionale Antwort vom menschlichen Körper und ich kann es spüren, wenn dieses passiert.

AFL: Vor was fürchtest du dich derzeit am meisten, wenn du so in die Welt hinaus schaust?

 Jason: Unzureichende Beachtung finden auf jeden Fall die Bildung und die Umwelt. Ich finde dieses sind die mit Abstand wichtigsten Dinge in der Welt. Bildung reguliert am Ende einfach alles! Die Umwelt ist für mich ein anderes Problem. Denn so oder so wird die Natur gewinnen und uns am Ende alle schlagen. Darum kann ich einfach nicht verstehen, dass die Führer dieser Welt jetzt nicht handeln und ich meine radikale Handlungen.

AFL: Hast du noch ein paar abschließende Wörter für unsere Leser?

Jason: Danke, dass ihr dieses Interview gelesen habt und hört doch mal in unser aktuelles Album „Tremulous“ rein.
Ich weiß, dass es viele verstörende Dinge in der Welt gibt, von denen ich im Interview auch einige genannt habe, aber wenn ihr nochmal darüber nachdenkt sind die meisten Menschen auf der Welt wirklich gute Menschen oder wollen Gutes tun. Der beste Weg einen Unterschied in dieser Welt zu machen, ist einander zu respektieren und Freundlichkeit sowie Empathie zu zeigen. Ich versuche dieses an jedem Tag meines Lebens. Ich bin dabei zwar nicht immer erfolgreich, aber ich denke es ist ein schönes Ziel.

Danke!

 

 

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– Playlist: Happy Release Day

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