Das neue Album im Gepäck, eine ausgiebige Tour im Anflug und sehr sehr viele Erlebnisse interessanter Art. Das alles hat ZSK in diesem Jahr ausgemacht. Dass es sich darüber zu reden rentiert ist auch klar. Und das habe ich mit Sänger Joshi ganz intensiv und gut gelaunt besprochen. Hier kommt das Ergebnis:
AFL: Hallo Joshi. Freut mich, dass wir heute mal zusammenkommen, um ein paar Dinge zu besprechen. Lass und doch gleich mal loslegen. Vorrangig habt ihr ja erstmal eine neue Platte im Anmarsch, die „Feuer & Papier“ heißt. Hat dieser Titel eine nähere Bedeutung bzw. einen Hintergrund?
Joshi: Nein, überhaupt nicht…(Pause, ich zögere…). Haha, beinahe hättest es gelaubt oder? Also zwei Sachen, Feuer und Papier. Ich fand dieses Bild recht gut, vor allem auch mit dem Dynamit. Das explodiert ja nur so krass, weil es so eng mit Papier umwickelt ist. Der Sprengstoff entfaltet ja nur seine Wirkung so krass, weigen der Papierumwicklung. Und dann geht´s noch darum, unser Eindruck ist – wie wahrscheinlich auch deiner – dass die Welt grad an allen Ecken und Enden in Flammen steht. Nicht nur wegen Krieg und Verderben, sondern auch die ganze Gesellschaft hier oder in den USA, wo es fast noch schlimmer ist, ist so wahnsinnig gespalten und ich hab das Gefühl, es ist überall Feuer. Und da gibt es auch nen Haufen Leute, die da noch frisches Papier rein werfen, damit es noch mehr brennt. Das steckt so hinter der Idee zu dem Albumtitel. Zu versuvhen, zu greifen, wie sehr grad alles brennt.
AFL: Ich würde gerne mal ein paar Songs einzeln beleuchten. Als ersten Tokyo. Erzähl doch ein bisschen von der Japantour im dem Zuge.
Joshi: Ich sag euch, wenn ihr was geiles machen wollt, was spannendes erleben wollt, dann müsst ihr nach Japan reisen. Ich liebe es ja, so Abenteuer mit der Band zu machen und daher versuche ich immer, Touren an so spannenden Orten zu buchen. Wir waren ja schon auf Mallorca, in Athen und in Moskau, als man da noch hin konnte. Japan wollte ich schon lange machen und jetzt hat es endlich geklappt. Das war so krass spannend. Es ist alles dort so anders, wie die Leute sich benehmen, was die von einem erwarten. Es ist alles so mega modern und gleichzeitig gibt es ja so vollkommen traditionelle Aspekte in Japan. Gleichzeitig fand ich es aber auch so spannend, dass du gefühlt am anderen Ende der Welt bist und trotzdem ist dieses verbindende Element Punkrock einfach da, über alle kulutrellen Barriene oder Sprachbarrieren hinweg. Die hören dieselbe Musik wie wir, größten Teils. Man hat sofort eine andere Ebene zu den Menschen auf den Shows oder auch zu den Promotern. Es war wunderschön einfach.
AFL: Sommer ohne Nazis ist ja zusammen mit den Rogers entstanden. Wie ist es zu dieser „Vereinigung“ gekommen?
Joshi: Naja das lag ja auf der Hand. Es war ja schon klar, dass wir zusammen auf Tour gehen und dass es natürlich auch super wäre, wenn wir was hätten, was wir zusammen spielen können. Auf dem Weg ins Studio, wo wir die Demos machen hab ich sie angerufen, gefragt, ob sie Bock haben und das ging dann ratzfatz. Wir haben aufgenommen, die Spuren geschickt, sie haben ihr Zeug aufgenommen und fertig. Und den spielen wir natürlich auf der Tour. Ein paar Mal haben wir den jetzt schon Live gespielt und es ist richtig cool. Die Leute feiern den echt sehr ab. Hätte ich so tatsächlich nicht gedacht, dass der so gut ankommt.
AFL: Mit wem würdet ihr gerne mal einen Song zusammen machen?
Joshi: Boah…Also ich bin ja riesen Rancid Fan. Aber das ist ja absurd zu glauben, dass Rancid mal nen Song mit uns machen würden. Ich finde halt Tim Armstrong hoch faszinierend. Der ist ja total der krasse Songwriter. Hat ja auch für Pink einige Songs geschrieben und überhaupt, wie viele Songs der im Leben schon geschrieben hat. Und dann auch noch so schöne, größten Teils. Sagen wir so, mit ihm mal einen Song zu schreiben, das fände ich sehr sehr schön.
AFL: Im Song Vielen Dank bedankt ihr euch bei den Trollen und anderen Idioten, die es nicht leid werden, euch mit ihrem Schwurbel und Faschomist zu behelligen oder gar Morddrohungen verteilen. Jetzt stellt sich mir die Frage, wie ihr aufgrund eurer gestiegenen Bekanntheit euer Privatleben schützt? Oder werden eure Familien auch bedroht?
Joshi: Also ich wohne in Kreuzberg, ich muss mich nicht schützen. Die müssen sich eher vor uns schützen.
AFL: Ich meine damit auch, dass ja die Hemmschwelle in jeglicher Hinsicht sehr gesunken ist. Vom Drohen zum Machen ist es oft nicht mehr weit. Werdet ihr auf Tour zum Beispiel angegangen oder so?
Joshi: Nein, ganz ehrlich. Wenn irgendein Nazi da Faxen macht oder uns angreifen will…ich meine, wir sind Punkrocker: Dann hauen wir den um. Sollen sie kommen. Wir sind ja nie alleine auf Tour.
AFL: Mein Lieblingssong auf Feuer & Papier ist Jede Hand. Spezielle Songs machen doch immer noch nen Unterschied. Hat du auch sowas wie ein Lieblingslied auf dieser Platte?
Joshi: Das fragen immer alle, aber ich weiß, dass das interessant ist. Das kann man so aber nicht einfach sagen. Es gibt immer verschiedene Aspekte. Bei dem einem Song ist das Solo total gelungen, bei dem Anderen gefällt mir das oder das. Also um die Frage straight zu beantworten. Nein, nicht direkt. Viele Songs haben etwas, das mir da im speziellen gefällt und daher gibt es nicht diesen einen Song. Aber Jede Hand gefällt mir schon auch sehr gut.
AFL: Was mir in rein musikalischer Hinsicht aufgefallen ist: Ihr seid in den letzten Alben ein wenig vom schnellen (Skate-)Punk weggegangen bzw. die schnellen Lieder sind in der Minderheit und haltet euch mehr im Midtempo auf. Hat das mit dem Besetzungswechsel von Ace zu Arne zu tun, oder ergab sich das einfach im Songwriting so oder liegt das am Alter?
Joshi: Ich würd sagen… Es langweilt uns, wenn immer alles gleich ist und wir ham Bock, auch neue Sachen auszuprobieren. Die Punkkracher haben wir ja auch immer dabei, aber wir haben schon Lust, auch anderes auszuprobieren. Wenn immer alles gleich klingen würde, dann würde uns das so sehr langweilen und deshalb sind wir wahrscheinlich so. Wir haben da auch aufgehört, da eine so komische Schere im Kopf zu haben. Wir denken da auch nicht drüber nach, was jetzt vielleicht gerade jemand hören will. Wir machen es so, wie es sich cool anfühlt.
AFL: Nach so vielen Jahren wäre ja mal etwas wie eine Greatest Hits nicht außergewöhnlich. Habt ihr da schon mal drüber nachgedacht?
Joshi: Nicht wirklich. Ich glaube, Greatest Hits Alben sind etwas Outdated. Wer macht das noch und wofür. Wüsste nicht warum wir sowas brauchen sollten.
AFL: Seitdem ihr damals mit „Herz für die Sache“ nach sieben Jahren zurückgekommen seid hat sich viel getan und der Rhythmus eurer Veröffentlichungen ist auch konstant hoch. Wo habt ihr diese zweite Luft hergenommen?
Joshi: Ehrlich gesagt, weil´s so knallt und so viel Spaß macht. Das treibt uns an. Das ist schon hochfaszinierend. Diese Band war noch niemals so erfolgreich, wie jetzt. Wir haben noch nie so viele Tickets verkauft. Es ist einfach wunderschön und wir genießen jeden einzelnen Tag, den wir diese Band haben können. Wir sehen das als riesen Glück und Privileg. Wir sind mit so vielen Bands groß geworden, die sich längst aufgelöst haben. Es gibt so viele mega gute Bands, die sich das so sehr wünschen würden, von ihrer Musik mal leben zu können oder eine große Tour zu machen. Und wir können das alles machen. Ich find das so wunderschön. Ich bin auch so glücklich, dass wir diese Musik entdeckt haben, oder die Musik uns. Zumindest hab ich manchmal das Gefühl. Alles was wir machen zähle ich als riesen Geschenk. Und wenn dir was Spaß macht, dann legst du alles mit rein. Das machen wir halt wirklich. Wir geben uns wahnsinnig Mühe, dass die Shows von uns richtig knallen, dass die Alben gut sind, dass wir allen Leuten auf Nachrichten und Mails antworten. Alles mit ganz viel Herzblut.

AFL: Ich mache für AWAY FROM LIFE auch eine kleine Interview-Serie, die sich 5 Sho(r)ts nennt. Dabei gibt es Karten in drei Kategorie und die Interviewpartner nehmen sich blind 5 Karten. Ich würde das zum Abschluss gerne noch mit 3 Karten machen. Eine aus jeder Kategorie. Das kann ne absolut dämliche Frage sein bei FUN und ne schwierige bei SERIOUS. Sollen wir das machen?
Joshi: Ja sehr gern, das machen wir.
Frage eins: Alles war besser in der Vergangenheit ist ein Satz, den ich hasse. Aber was war in deinen Augen wirklich besser?
Joshi: Ich geb dir erstmal recht. Ganz viel war wirklich schlechter und wird grundlos romantisiert – auch im Punk vor allem. Besser war aber wirklich, dass es viel mehr Linken- und Punk-Freiräume gab. Clubs, Jugendzentren, einfach Orte, wo sowas stattfinden konnte. Das wird in den letzten Jahren immer weniger. Manches wird weggeklagt, kein Geld mehr da, Fördergelder fehlen, man wir rausgeschmissen aus den Gebäuden. Das finde ich sehr gefährlich. Es braucht einfach diese Orte, wo jeder hin kann, jede Band spielen kann, egal ob gut oder schlecht. So haben wir ja auch angefangen. Uns hat ja auch nicht gleich ein „normaler“ Club gebucht. Wir haben jahrelang in so linken Clubs gespielt. Das war früher wirklich besser.
Frage zwei: Die beste weibliche Sängerin der Welt ist…und was ist dein Lieblingssong von ihr?
Joshi: Avril Lavigne und Avalange, jetzt lehne ich mich weit aus dem Fenster. Das ist ein trauriger Song. Alle reduzieren das immer auf Sk8er Boi. Ich hör mir auch ab und zu wirklich gern so Poppunk an. Ich finde das ist einfach schlau gemacht. Das ist interessant. Außerdem finde ich ja diese Verschwörungstheorie so verrückt, dass Leute glauben, dass sie in nem bestimmten Jahr ausgetauscht wurde. Das ist so abgefahren.
Frage drei: Was ist deine Meinung zu Streamingplattformen wie Spotify oder Deezer? Gut oder schlecht für die Musikindustrie und die Bands?
Joshi: Also es gibt natürlich diesen einen überragenden Vorteil, dass überall auf der Welt die Menschen ganz easy die Chance haben, deine Musik zu entdecken. Keine Frage. Aber es überwiegen schon viele Nachteile. Damit angefangen, dass die Leute weniger physische Tonträger kaufen, was für die Bands halt sehr wichtig ist. Dann die Art, Musik zu hören hat sich voll verändert. Früher haben die Leute eine Band gemocht und alles von dieser Band geholt und gehört. Egal was, erstmal durchgehört. Nicht einmal oder zweimal sondern zehnmal. Man musste sich ja ab und zu auch in so ein Album reinhören, bis die für einen funktioniert haben. Das gibts so gut wie gar nicht mehr. Man kann schnell klicken…ach weiter, langweilig und so. Dann hat sich das irgendwie geändert, dass man plötzlich nur bestimmte Alben gut fand. Und jetzt hört man nur noch die Singles, weil bei Spotify ja nur Singles promoted werden. Es gibt ja Bands, die nur noch Singles machen, weil andere Songs ja gar nicht mehr gehört werden. Die Art des Songwritings hat sich bei vielen verändert. Es gibt ja diese „Supersongwriter“, die für so Pop-Sternchen schreiben. Da wird alles in ein Spotify-Korsett verpackt. Es gibt da so bestimmte Zahlen: Nach zehn Sekunden muss die Hook kommen, das Lied darf nicht zu lange sein, damit die Leute es nochmal hören, um einen zweiten Klick du generieren. Das ist schon irre. Und du kannst halt ganz genau ablesen, welche Songs gut laufen… das wusste man früher halt nicht und das drückt dann diese Songs im Algorithmus nach oben oder halt raus, dass die fast keine Chance haben. Es ist halt gefährlich, dass die Musik sehr flach wird, weil Songs, die länger und was besonderes sind dadurch keine Chance haben. Also es gibt auch sehr viele negative Dinge. Die Künstler bekommen auch viel zu wenig Geld. Auch zum kotzen. Aber wenn du auf Spotify nicht da bist, dann existierst du so gut wie nicht. Selbst Veranstalter richten sich nach Spotify-Plays. Kurzum, wir sind sehr zwiegespalten.
AFL: Gut, dann beschließen wir das hiermit. Ich danke dir für deine Zeit.
Joshi: Ich hab zu danken. Das war sehr lustig und total nett. Ich freu mich auf München, dann sehen wir uns. Das ist eh das Tourfinale. Bis dann.