Gunnars Hardcore-Punk Jahr
Die Einleitung schreibe ich traditionell erst dann, wenn der restliche Jahresrückblick schon steht und einmal durchkorrigiert ist. Dieses Mal ist mir dabei aufgefallen, dass mein Jahr auf den ersten Blick fast negativ wirken könnte – die Lows haben scheinbar mehr Raum bekommen als die Highs.
Der Eindruck täuscht allerdings: 2025 war ein richtig gutes Jahr voller geiler Shows, schöner Begegnungen und neuer musikalischer Energie. Lasst euch also nicht von meiner Schreibwut irreleiten – viel Spaß beim Lesen!
Musikalische Highlights 2025
Was da in diesem Jahr auf Platte gepresst wurde, hat mich tatsächlich überrascht. Denn in den letzten Jahren war ich eher ernüchtert und „musste“ mich darum eher an lang vergangenen Releases festklammern. Dieses habe ich in diesem Jahr tatsächlich kaum getan und mich sehr an neuen Klängen erfreut. Besondere Beachtung schenkte ich dabei den folgenden Veröffentlichungen.
Another Damn Disappointment – Bedlam
„Fuck!“ Das war mein erster Gedanke, den ich fassen konnte, nachdem ich den Track All vom aktuellen A.D.D. Output gehört hatte. Denn dieses Track war bzw. ist genau der, auf den ich all die Jahre gewartet hatte. Ein Paukenschlag, der mir gezeigt hat, dass Musik immer noch dieselben Gefühle in mir auslösen kann, wie sie es schon vor 30 Jahren getan hat.
Ich war zwischenzeitlich nämlich immer mal am grübeln, ob ich abgestumpft bin, Punk vielleicht doch tot sei oder ich schlicht und einfach zu alt werde für den Scheiß. Diese Gedanken sind nun aber alle zerstreut, denn Bedlam war ein echter Heilsbringer für mich. Lupenreiner Cali-Punk, der sich nicht scheut hier und da die Tore für benachbarte Genres zu öffnen. Gerade die Thrash-Parts hauen mich immer wieder um.
Arrested Denial – Nirgendwo Angekommen
Das dritte Album der Hamburger hat es noch gerade so in meinen Jahresrückblick geschafft, was allerdings nicht an der Qualität des neuesten Rundlings liegt, sondern daran, dass er dieser Tage erst veröffentlicht wird. Darum möchte ich unserem brandaktuellem Review gar nicht viel vorwegnehmen, außer das diese Band einfach sowas von unter Markt verkauft wird.
Die beiden Vorgänger von Nirgendwo angekommen haben ja bereits gezeigt, was diese Band kann, aber das neueste Werk setzt diesem noch einen drauf. So lässt es einfach nichts vermissen, was ein gutes Deutschpunk-Album braucht und mehr noch – es zeigt (zumindest mir) wieder mal, dass Sänger Valentin eine der besten Stimmen im aktuellen Deutschpunk mit sich rumträgt.
Außerdem liefen/laufen bei mir:
- Nonstop Stereo – Best Of Greatest Hits
- Slime – 3!+71
- Heathcliff – Postcard From A Parahell Universe
Blast From The Past 2025
Ich meine es war im vorletzten Jahr, als ich in meinem Jahresrückblick zum ersten mal ein Album erwähnte, das bereits vor vielen Jahren veröffentlicht wurde. Grund dafür war, dass eben dieses Album bei mir rauf und runterlief und da dachte ich mir, warum nicht auch dieses in den Jahresrückblick mit aufnehmen.
Dieses möchte ich auch dieses mal wieder tun, denn wie immer wühlte ich auch in 2025 tief in meinen Plattenkisten und fand viele Alben, die ich so nicht mehr direkt auf der Kette hatte. Eines lief dabei besonders häufig und diesem möchte ich nun auch den entsprechenden Respekt zollen.
Rock Against Bush Vol. 1
Im Jahr 2004 kam dieser Sampler bei Fat Wreck Chords heraus, um eine klare Botschaft zu senden. Eine Botschaft, die mir immer mehr im Punk fehlt und ich mich vermehrt fragen muss, wie die Ami-Bands, die ich höre, überhaupt zu Trump und seiner „Politik“ stehen.
Diese Frage habe ich mir seinerzeit eigentlich nie stellen müssen, denn kaum eine Band machte da einen Hehl draus.
Aus dieser Tatsache heraus, entstanden u.a. auch zwei geile Ausgaben von Rock Against Bush, wobei mir Volume 1 besser gefällt, als die zweite Ausgabe. Hier treffen Ministry auf The Ataris, die Epoxies auf die Descendents und Jello macht gemeinsame Sache mit D.O.A. Ein unheimlich erfrischender Sampler, der an keiner Stelle Langeweile aufkommen lässt.
Live-Highlight des Jahres 2025
Als Live-Highlight muss ich hier ganz klar den Auftritt von Private Function beim diesjährigen Krach Am Bach setzen. Die Australier sind kurzfristig für Mad Sin eingesprungen und haben so dermaßen abgeliefert, dass mir das Maß Bier glatt im Hals stecken geblieben ist. Was für eine Power, das habe ich schon lange nicht mehr gesehen.
Randnotiz-Highlights
Eine gewisse Veränderung in meinem Privatleben hat dafür gesorgt, dass sich die Inhalte meiner musikalische Abspielgeräte im nun ablaufende Jahr hier und da etwas verändert haben. Statt den Vandals gibt es auch mal Vahle und statt Zusamm-Rottung den Zuckowski Rolf.
Aber es gibt, neben diversen schrecklichen alten und modernen Kinderliedern, auch immer wieder Lichtblicke, wie z.B. Mono & Nikitamn mit ihrem Titel Doof gebor´n ist keiner.
Neben diesen musikalischen Erfrischungen im Vater-Alltag drang nun noch eine Nachricht an mich heran, die mich aufhorchen ließ.
Das für mich legendäre Joker in Braunschweig macht wieder auf. Alle die das Joker noch kennen, wissen was das Wort legendär hier bedeutet. Denn in dieser „Großraumdisco“ habe ich nicht nur so einige Bizarre-Mondays und Freibier-Freitage verbracht, sondern auch wahnsinnig geile Shows erleben dürfen. Mal schauen, ob die neuen Betreiber auch den Charme der heiligen Halle erhalten können. Ich bin gespannt und voller Vorfreude.
Live-Enttäuschung(en) des Jahres 2025
Voller Vorfreude war ich auch in Bezug auf so manchen Abend und wurde zum Glück auch fast nie enttäuscht…aber eben auch nur fast.
Als erstes lies die Tour-Absage von Social Distortion meinen Puls nach oben schnellen. Wobei die Gedanken an die Absage mittlerweile nichts mehr bei mir auslösen. Denn vielleicht hat mich die Absage auch vor einem enttäuschenden Abend gerettet. Denn nach ihrem letzten Stopp in Deutschland habe ich echt so einige Biere gebraucht, um den Nachgeschmack des abschließenden Chris Isaak Covers wegzubekommen. Dessen wohlwissend konnte ich dennoch nicht umhin, mir Tickets zu bestellen, als die Tour-Ankündigung kam.
Als diese dann abgesagt wurde, hatte ich anfangs noch Verständnis, denn schließlich lagen hinter Mike Ness ja einige Monate schwerer Krankheit. Als ich dann aber den Grund gelesen hatte, war es vorbei mit dem Verständnis – sie wollen die Priorität auf die Fertigstellung des Albums legen? Das ich nicht lache! Das Album fertigstellen, welches laut Aussage der Band angeblich seit Jahren so gut wie fertig ist?
Und dann kam noch eine weitere Aussage die dem Fass den Boden ausgeschlagen hat, denn Social Distortion kündigten ein paar Tage später eine US-Tour für den Zeitraum an, das nenne ich mal Fokus auf das Album setzen. Gebt doch einfach zu, dass der Ticketverkauf zu schleppend verlief und ihr zu wenig Kohle gemacht hättet!
Wo ich gerade so fein in Rage bin, mache ich auch direkt beim nächsten Ärgernis weiter, der Reconstruction Tour. Als Neuauflage der legendären Deconstruction Tour sollte sie die Herzen nostalgischer Punkrocker höher schlagen lassen und das tat sie auch, zumindest auf dem Papier. Denn mit Bands wie Pennywise, Propagandhi und Comeback Kid versprach das Line-Up einen unvergesslichen Abend. Das war er dann auch, allerdings im negativen Sinn. Das Hamburger Docks war bis zum überlaufen gefüllt, so dass man bei jedem Bierholen ein Viertelset verpasste, was auf die Stimmung drückte und das nicht nur bei mir. So begegnete ich einfach echten Wichsern.
Leute die mir erzählen wollten, wo ich zu tanzen habe und wo nicht, Leute die sich vor kleingewachsene Frauen stellten und ihren Fehler nicht einmal einsehen wollten und Leute die einfach nur scheiße waren. Darum verließen wir die Location auch vorzeitig und zogen uns in den sicheren Hafen des Gun Clubs zurück. Dort genossen wir ein paar feine Kümmel, die den Abend dann letztendlich doch noch gerettet haben.
Platten-Enttäuschung des Jahres 2025
Hier muss ich leider ein Album nennen, bei welchem ich vor Veröffentlichung dachte, dass es ganz zu Beginn des Artikels bei meinen Highlights stehen würde, aber weit gefehlt. Denn mit Propagandhi´s achten Studioalbum At Peace werde ich einfach nicht warm.
Wobei das noch zu zaghaft ausgedrückt ist, ich finde es einfach kacke. Keine Ahnung ob mein musikalischer Intellekt nicht ausreicht, um dieses Album zu verstehen. Es scheint mir fast so, denn kaum eine Kritik des Albums geht in die Richtung meiner Gedanken zum Album.
Dort ist immer die Rede davon, dass sich die Band musikalisch und kreativ erhoben hat, die Dynamiken reifer geworden sind und was weiß ich nicht alles. Aber kaum jemand erwähnt, dass Propagandhi ihre kantige und wütende Energie verloren haben und das hat die Band für mich ausgemacht.
Ausblick für 2026
Wer meine Jahresrückblicke kennt, der ahnt wahrscheinlich schon, was jetzt kommt. Das übliche Gefasel und die Comeback-Wünsche in Bezug auf die Pizza Crossa und Such A Surge. Die Comeback-Wünsche lasse ich nun aber einfach mal links liegen und komme direkt zum abschließenden Gefasel.
Dieses möchte ich einmal kurz nutzen, um Danke zu sagen. Danke an alle da draußen, die Jahr für Jahr alles geben, um uns geile Abende, Tage und Wochenenden zu bescheren. Danke an alle Konzertveranstalterinnen und Veranstalter, danke an alle Festival-Teams und die, die solche gemeinsamen Zeiten durch ihr zutun abrunden.
Gerade in den letzten Jahren wurde es immer schwieriger Shows und Festivals zu organisieren, wie man ja u.a. an der diesjährigen Absage des Back To Future oder der nächstjährigen letzten Ausgabe des Krach Am Bach sehen kann.
Die finanziellen Risiken und der Aufwand steigen und so müssen wir umso dankbarer sein, wenn sich noch Menschen so für unsere Leidenschaft ins Zeug legen. Danke!
Spotify-Playlist zum Jahresrückblick
Folgt hier unserer Spotify-Playlist zum Best-Of 2025.
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