Hallo Leute! Ich komme mir vor wie ein Leierkastenmann der zum dritten Mal in Folge das gleiche Lied spielt. Die Weltlage war in 2024 schon scheiße, in 2025 noch mal schlimmer und für 2026 sieht es wirklich auch nicht rosig aus. Neulich hat mich schon mal jemand einen Doomer genannt, aber ich halte mich eher für einen Realisten 🙂 Ich habe keine Lust das Fass erneut auf zu machen. Lasst uns lieber auf die positiven Seiten konzentrieren. Und damit wir uns ein bisschen von der Realität ablenken können, präsentiere ich euch hiermit meine Highlight des Jahres 2025:
Alben des Jahres 2025
Skinhead – Its A Beautiful Day, Such A Beautiful Day
Irgendwo zwischen Midlife-Crisis und True-School Oi brint die Supergroup aus hochkarätigen Mitgliedern von Bands wie CMI, Terror und Black My Heart einen sehr eingängigen Mix aus Emo-Riffs, Punk Attitüde und szenetypischen Texten. Skinhead schaffen es trotz der teilweise sehr gewaltätigen Lyrics eine gewisse Leichtigkeit, Humor und viel Coolness in ihren Songs zu transportieren. Its A Beautiful Day, Such A Beautiful Day eignet sich optimal um von den heldenhaften Beulereien vergangener Tage zu träumen, während man sich als Vorstadt Hooligan gerade die Milch aufschäumt. Massentauglicher Gegenwarts-Oi der zeitlos und modern Zugleich ist. Ein kleines Meisterwerk des Streetpunk-Revival.
Home Front – Watch It Die
Apropos Revival. Die Kanadier von Home Front sind ein Revival zum Quadrat, denn sie lassen nicht nur den Oi aufleben, sondern verbinden ihn zusätzlich mit den Sounds des 80er Wave-Punks. Home Front zeigen sich auf Watch It Die noch mehr als bisher eingängig und trotzdem komplex, hart in den Themen und trotzdem hoffnungsvoll und tanzbar. Getragen wird der Klang des Albums von punkigen Riffs, großen Melodien und elektrischen Arrangements während aggressive Parts, die auf den Vorgängern noch präsenter waren, etwas in den Hintergrund treten. Wunderbares Album einer Band die sich konsequent weiterentwickelt und auf ihre eigene Art den Weg von Bands wie Title Fight oder Ceremony hin zu 80er Nostalgie und mehr Melodie nachzeichnet.
Stick To Your Guns – Keep Planting Flowers
Stick To Your Guns neustes Album Keep Planting Flowers erschien bereits im Januar 2025 und hat mich eigentlich das ganze Jahr begleitet und immer wieder den Weg in meine Playlist gefunden. STYG liefern ihren typischen Hardcore/Post-Hardcore-Sound, der sie bereits seit über einem Jahrzehnt zu den prominentesten Vertretern des Genres gemacht hat. Vielleicht werden sie deshalb mittlerweile fast unterschätzt. Keep Planting Flowers war für mich genau das richtige Album zur richtigen Zeit! Die Songs klingen frisch und fokussiert, hart und bouncy, glasklar produziert und trotzdem changierend zwischen Chaos und Struktur. Angereichert wird das ganze durch hochrelevante Zitate (u.a. von Antonio Gramsci) und experimentelle Soundeffekte. Aber insbesondere die textliche Ebene sticht heraus. Parolen wie „Its all in your fucking head!“, „The pain we share brings meaning to life“ und „We all die anyway!“ haben es vermocht, mich regelmäßig aus den Gedanken an die multiplen Krisen, die uns alle Umgeben, zu befreien. Und wer bei „you were never invisible to me!“ keine Gänsehaut bekommt sollte seinen eigenen Puls checken. Mit Keep Planting Flowers untermauern Stick To Your Guns auch in 2025 ihren Status als eine der relevantesten Bands im modernen Hardcore. Die Review von Bennie und Nita findet ihr HIER.
Pogendroblem – Great Resignation
Genau wie Stick To Your Guns bedienen sich auch Pogendroblem bei Gramsci und zitieren die gleiche Stelle aus seinen Gefängnisheften: „The old world is dying and the new world struggles to be born. Now is the time for monsters“. Und damit sollte klar sein, dass Pogendroblem sich nicht nur einen „Reinkiffen“ und ihre Mitwirkung an der Gesellschaft aufkündigen. Ganz im Gegenteil, Pogendroblem beschreiben den Spagat zwischen der benötigten Aufbruchsstimmung und der Verzweiflung des Scheiterns am Status Quo, der die junge Generation heute lähmt und frustriert. „30 werden, untergehen“ ist keine stumpfe Parole, sondern ein Ausdruck dafür, dass das No-Future Gefühl der 80er Jahre wieder da ist. Musikalisch bietet das Album ebenfalls einiges an, denn der Punk der Band ist durchsetzt von Post-Ausflügen und vielen kleinen Experimenten. Great Resignation bleibt in Erinnerung und lässt einen nicht mehr los, wenn es einen erstmal gepackt hat. Mein Review dazu findet ihr HIER.
Gridiron – Poetry from Pain
Poetry from Pain ist zwar medial auf kein besonders großes Echo gestoßen, an mangelnder Qualität kann es aber definitiv nicht liegen. Musikalisch bringen Gridiron mega-fetten Hybridsound zwischen Hardcore, Death Metal und HipHop. Auf der einen Seite bringt das die Band nahe an den New Metal, allerdings ohne den genretypischen Hang zur Überproduktion, und, mit seinen nahtlosen Übergängen von Mosh-Parts zu Gitarrensolos, an den Crossover aus HC und Trash-Metal der frühen 90er. Das Album ist hochwertig produziert, strotzt vor Kraft und schafft es mühelos echten HipHop in den Metalcore-Sound zu integrieren ohne in die Peinlichkeit abzurutschen. Zusammen mit Bayway sind Gridiron für ich die Speerspitze eines Sounds, der eigentlich nur größer und größer werden kann. Give me more! Freue mich auf 27/10! Mein Review zu Poetry from Pain findet ihr HIER.
EPs des Jahres 2025
Big Boy – Love Songs
Big Boy kreieren auf ihrer 10 Minuten EP ein ganz eigenes, kleines Universum aus Soundfetzen, coolen Skits, souligen Samples und 4 Hardcore Tracks zwischen Tradition und Experiment. Mystify, 365 und Now? sind recht klassische HC Stampfer, die mit viel Liebe vorgetragen werden. Und dann ist da noch der Song Other Side of the River, der punkige Riffs mit Alternative Metal verschmelzt und damit zum brutalen Ohrwurm wird. Geile EP, ich freue mich auf mehr!
Clobber – God Loves, Man Kills
Zwei Songs von schnellem, angepissten Hardcore mit Streetpunk-Einfluss und britischer Skinhead Ästhetik. Die Londoner Band Clobber hauen voll auf die 12, klagen das Establishment an und erweitern ihren (mengenmäßig) überschaubaren Katalog um diese beiden Banger. Der einzige Kritikpunkt ist, dass es ein paar mehr Songs hätten sein dürfen.
Bodyweb – Deadwired
Auch die nächste EP kommt aus England. Bodyweb machen laut eigener Aussage Nu Hardcore und verstehen darunter eine Kombination, bei der klassischer Hardcore weit in den Hintergrund tritt und experimentelle Break-Beats, Soundeffekte und Elektroklänge die Soundfärbung bestimmen. Und damit reiten Bodyweb auf einer Welle, dessen Bands die Ideen des Nu Metal integrieren und in einen modernen Kontext stellen. Das Ergebnis ist eine harte, abwechlungsreiche und innovative EP die bei Nostalgikern und neuen Fans gleichermaßen aufsehen erregen kann.
Newcomer des Jahres 2025
Mein Newcomer des Jahres ist ebenfalls eine Band aus England, die mit den Sounds der Vergangenheit experimentiert: Split Chain. Das erste Mal wirklich überzeugt haben sie mich, als sie beim Jera das Festival eröffneten und die Stimmung des Nachmittags direkt mit dem ersten Song perfekt eingefangen haben. Wie bereits bei Bodyweb beschrieben, gibt es eine Reihe Bands die mit den Ideen des Nu Metal experimentieren. Split Chain gehören definitiv dazu. Wie groß die Bandbreite dabei sein kann, zeigt sich bei der Debüt LP von Split Chain, Motionblur. Auf Motionblur wird Shoegaze, Alt-Rock, Emo, Metal und Hardcore zu einer eingängigen und klaustrophobischen Klanglandschaft verschmolzen. Zwar ist Motionblur kein perfektes Album, doch trotzdem sehe ich eine Menge Potenzial und kreative Ansätze. Ich bin gespannt, wohin sich Split Chain in den nächsten Jahren entwickeln werden.
Highlights 2025
Auch in diesem Jahr war das Jera on Air mit Steve und Maik mein persönliches Highlight des Jahres! Was da wieder geboten wurde, war wirklich erstklassig: Turnstile, Refused, Stick To Your Guns, Knocked Loose, Denzel Curry, Deafheaven, Slapshot, … die Liste ist schier endlos. Das Festival war definitiv wieder eines der schönsten Events des Jahres und ich freue mich auf die 2026 Auflage! Mein Festivalreview findet ihr HIER.
Aber auch außerhalb von Metal und Hardcore durfte ich einige sehr coole Momente erleben. Vor einigen Wochen konnte ich endlich Kraftwerk live auf der Bühe erleben, ich war beim Release Konzert von SSIO zu seinem neuen Album und konnte einige junge, lokale Bands im Programm der stark verbesserten Kulturfabrik in Hildesheim bestaunen. Support your favorite artists & your local Venue!
Enttäuschung des Jahres 2025
Die gute Nachricht zu erst: Musikalisch wurde ich gar nicht richtig enttäuscht. Zwar sind ein paar heiß erwartete Releases nicht so krass gekommen wie erhofft, aber wirklich schlecht war auch nichts. Was mich dagegen sehr enttäuscht hat, sind die öffentlichen Auflösungen von Bands wie Jesus Piece, Zulu und Gel oder das Insta-Theater bei Vitriol. Ich finde es nicht falsch, dass problematisches Verhalten adressiert wird und teilweise zum Zerbrechen von Bands führt. Ich finde es einfach Schade, dass so ein Verhalten in diesem Jahr noch immer regelmäßig vorkommt und solche Muster scheinbar auch vor Menschen die sich eigentlich moralisch und integer positionieren keinen Halt macht. Ich wünsche allen Opfern von Gewalt, Unterdrückung, Ausbeutung und Diskriminierung für das nächste Jahr alle Kraft der Welt, baldige Besserung und Gerechtigkeit. In unserer Szene und darüber hinaus.
Ausblick für 2026: Für das nächste Jahr wünsche ich mir…
Auch hier gibt es eine Dauerschleife: Zum dritten Mal in folge wünsche ich mir End It live zu sehen. Jera 2024 hatten sie abgesagt, 2025 haben sie leider keinen für mich erreichbaren Auftritt gegeben. Also nehme ich es mir für 2026 erneut vor! Drückt mir die Daumen.Darüber hinaus freue ich mich wie Bolle auf das Jera 2026! Aber auch außerhalb des Festival habe ich einiges vor, insbesondere möchte ich mit meiner Frau die Deftones auf Tour erwischen und dazu vielleicht in die UK reisen. Wäre mega wenn es klappt, ich werde berichten!
Außerhalb der Musik wünsche ich mir für uns alle ein tolles und erfolgreiches Jahr, die Hoffnung auf bessere Zeiten und mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt. Guten Rutsch!




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