Mein letzter Jahresrückblick liegt schon einige Jahre zurück. Das lag vor allem daran, dass ich in der Vergangenheit nur wenig Lust auf neue Musik hatte und mich frisch erschienene Platten meiner alten Lieblingsbands nicht wirklich überzeugen konnten. 2025 hat sich das aber endlich wieder geändert – wobei ich eines gleich vorwegschicken muss: Hardcore-Fans und Punkrock-Liebhaber:innen werden im Folgenden teilweise weit über den Tellerrand hinausblicken oder meinen Beitrag einfach überspringen müssen.
Alben des Jahres 2025
In (fast) chronologischer Reihenfolge…
Heisskalt – Vom Tun und Lassen
Ich habe Heisskalt nach ihrer langen Pause im November und dann noch einmal im Dezember letzten Jahres als Support der Blackout Problems live gesehen – und war sofort wieder von ihrem Sound überzeugt. Die Vorfreude auf das neue Album war entsprechend enorm. Vom Tun und Lassen erschien schließlich am 24. Januar dieses Jahres und lief anschließend über mehrere Wochen praktisch rund um die Uhr. Kurz hatte ich das Gefühl, ohne diesen düsteren und zugleich hoffnungsvollen Sound nicht existieren zu können. Vom Tun und Lassen ist das perfekte Album, um durch einen melancholischen Winter zu kommen.
Sam Fender – People Watching
Nach einem düsteren Winter hat bei mir musikalisch Sam Fender mit seinem neuen Album People Watching Ende Februar den Frühling eingeläutet. Ich kannte den britischen Superstar vorher eigentlich gar nicht, inzwischen ist er jedoch mein meistgehörter Act des Jahres – krass! Mit Hardcore oder Punk hat der gute Sam zwar wirklich wenig am Hut, erinnert aber doch ein wenig an Bands wie The Gaslight Anthem oder eben Bruce Springsteen, mit dem er häufig verglichen wird. Mit letzterem habe ich mich zwar nie wirklich beschäftigt, aber Sam Fenders modernen Hymnen kann ich mich einfach nicht entziehen!
Fontaines D.C. – Romance (Deluxe Edition)
Der nächste Ausreißer und eines der beiden Alben, die mich durch den Sommer gebracht haben, ist die Deluxe Edition von Romance. Das vierte Album der irischen Band ist eigentlich schon im August 2024 erschienen, ich habe es aber erst mit der um drei Songs erweiterten Version für mich entdeckt, die am 16. April dieses Jahres veröffentlicht wurde. Ganz wichtig dabei ist der Song It’s Amazing to Be Young – neben Favorite einer meiner absoluten Sommer-Hits. Fontaines D.C. haben mir eine völlig neue musikalische Welt eröffnet. Der nostalgische Charme hat mich bis in die 80er Jahre zurückversetzt. Mit etwas über 30 Jahren bin ich jetzt in meiner „The Smiths Era“ angekommen und habe das Gefühl echt viel verpasst zu haben?!
CMAT – Euro-Country
Ich hab euch ja gewarnt – hier müsst ihr wirklich mal eure musikalische Comfortzone verlassen. Aber es lohnt sich: der neuen irischen Pop-Ikone CMAT sollte man auf jeden Fall mal Gehör schenken. Am 29. August veröffentlichte sie ihr drittes Album Euro-Country. Darauf zeigt sie sich nicht nur selbstkritisch und -ironisch, sondern übt mit charmantem Wortwitz auch reichlich Gesellschaftskritik. Zum ersten Mal aufgefallen ist mir Ciara Mary-Alice Thompson im Vorprogramm von Sam Fender mit ihrem Hit I Wanna Be a Cowboy, Baby! aus dem Jahr 2022. Auch drei Jahre später liefert sie ähnlich brillante Nummern ab, wie zum Beispiel Tree Six Foive oder die feministische Sommer-Hymne Take a Sexy Picture of Me!.
Turnstile – Never Enough
Aufmerksamen Leser:innen fällt auf, dass Never Enough eigentlich schon am 6. Juni veröffentlicht wurde. Ich habe allerdings – shame on me – erst in Vorbereitung auf die Show im November zum ersten Mal reingehört. Dafür war ich dann aber direkt schockverliebt in dieses hochgelobte Werk. Turnstile heben Hardcore auf eine neue Ebene und öffnen mit ihren atmosphärischen Sounds und poppigen Elementen das Genre für ein ganz neues Publikum. Vor einigen Jahren hätte mich das noch richtig gestört; aus Prinzip hätte ich die Band allein wegen ihrer elektronischen Parts boykottiert. Aber auch ich entwickle mich – ähnlich wie die Musik mancher Bands – weiter. Musik sollte doch definitiv über Genregrenzen hinweg verbinden, statt uns in engen Schubladen zu begrenzen. Das haben Turnstile mit Never Enough definitiv geschafft!
Newcomer des Jahres
Die Newcomer-Band des Jahres habe ich auf dem Noisehausen Festival entdeckt – und zwar auf der kleinen Bühne am späten Nachmittag: Plaiins. Die Hamburger Band gibt es wohl schon seit 2021, blieb bisher aber irgendwie unter dem Radar. Im August dieses Jahres veröffentlichte das Trio nun ihr erstes Album und sollte spätestens damit einige Aufmerksamkeit bekommen haben. Mein Kollege Maik bringt in seiner Review zu Happy Faces Bands wie Idles, Softplay und Viagra Boys ins Spiel – und dem kann ich nur zustimmen!
Neuentdeckung des Jahres
Diese Band ist weder neu noch hat sie dieses Jahr irgendetwas Neues veröffentlicht, aber ich kann sie einfach nicht unerwähnt lassen: Les Shirley! Ich weiß gar nicht mehr, wie ich auf das Trio aufmerksam wurde, aber es war Liebe auf den ersten Ton. Die drei Kanadierinnen haben bisher zwei Alben veröffentlicht: Forever Is Now (2021) und More Is More(2022) – und liefern damit zahlreiche Punkrock-Banger ab! Ich finde nicht nur den Sound der Shirleys, sondern auch ihre Attitüde unfassbar cool und wünsche mir viel mehr solcher weiblichen Vorbilder auf den Bühnen dieser Welt!
Show des Jahres
Okay, das ist echt super schwer. Ich war 2025 auf vielen guten Shows, und einige davon durfte ich auch mit der Kamera begleiten – was echt immer noch ein total irres Gefühl ist! Natürlich war’s krass Bands wie Turnstile und The Hives im Zenith oder auch Hot Water Music und MakeWar im Backstage zu fotografieren. Wenn ich das Konzertjahr aber nochmal Revue passieren lasse, kristallisieren sich zwei Shows als ganz besondere Lieblingsmomente heraus…
Heisskalt – Noisehausen Festival
Heisskalt waren auf dem Noisehausen Festival einfach unfassbar gut. Da zuvor noch die Sportfreunde Stiller als Mainact des Abends gespielt hatten und es wieder zu regnen begann, war es vor der Bühne überraschend entspannt. Für mich als kleinen Menschen hatte das den riesigen Vorteil, dass ich ohne viel Aufwand in die zweite Reihe vor konnte. Das Wetter hätte aber sowieso nicht passender sein können! Stellt euch nur den treibenden Beat von Wasser, Luft und Licht, einen Moshpit im Rücken und den prasselnden Regen auf das Meer aus dunklen Regenponchos vor. Ich bekomme direkt wieder Gänsehaut, wenn ich daran denke!
Moonset – Fred Zepplins
Mein zweites liebstes Konzerterlebnis war völlig ungeplant. Auf unserem Roadtrip durch Irland machten wir Halt in Cork. Die Stadt ist bekannt für ihre Pubkultur, aber wenn aus drei nebeneinanderliegenden Pubs drei völlig unterschiedlich schiefe Wonderwall-Interpretationen herausgegröllt werden, sehne ich mich eher nach Stille als nach einem Pint. Also holten wir uns stattdessen ein Eis und schlenderten aus der lauten Innenstadt. Noch während wir die angenehme Ruhe genossen, nahm ich ein Schlagzeug wahr. Es klang anders als der typische irische Pubsound – also machten wir uns auf die Suche. Hinter der nächsten Ecke entdeckten wir eine Horde junger Leute in alternativen Klamotten und mit bunten Haaren vor einem Pub. Das sah doch schon mal vielversprechend aus!
Wir fanden also ganz zufällig das coolste Pub Corks: das Fred Zepplins! Im ersten Stock gibt es eine Bühne, und dort spielten an jenem Abend Moonset eine ihrer ersten Shows. Die wirklich wahnsinnig junge Band überzeugte mit einer super rotzigen Girlband-Attitüde, die an die späten 90er à la Sleater-Kinney oder Bikini Kill erinnerte. Ich hatte auf jeden Fall riesigen Spaß und freue mich auch ein halbes Jahr später noch sehr über unsere Entdeckung!
Was ich mir für 2026 wünsche…
Ganze viele Fotopässe und ein AfD-Verbot! Danke!




![Interview mit Robert “Nunzio“ Ortiz und Drew Stone von Antidote [2013]](https://www.awayfromlife.com/wp-content/uploads/Antidote-Hardcore-Band-New-York-218x150.jpg)














