Simon Spence, eher Mainstream-Journalist und eher bekannt für Berichte über Britpop, entdeckt seine Liebe zu Oi! und geht auf Spurensuche.
Eins vorweg: Das Buch handelt nicht über den Skinhead-Kult in dem Sinne. Also, es geht nicht um den Spirit of 69, also um Reggae und Ska und Rocksteady. Das Buch beleuchtet, wie der Titel es schon sagt, die turbulente Story von Oi! Der Titel What Have We Got? dürfte Kennern der Szene bekannt sein. Es ist nämlich von einem Sham69-Song entliehen. Spence startet im ersten Kapitel bei Crown Court, jener Band, die Chubby (Chubby And The Gang, The Chisel) mitbegründet hat. Hier kommt Trevor Taylor zu Wort, der ganz unverblümt meint:
Oi! a violent, thought, ugly music made for and by people from that background
Gleich in Kapitel zwei geht es aber zurück zu den Wurzeln. Nämlich zu Sham69. Hier werden die Hits der Band beleuchtet, genauso wie die Entstehung der Sham-Army. Weiter gehts mit den Angelic Upstarts und der Geschichte rund um deren Sänger Thomas ’Mensi’ Mensforth. Wie es auf Konzerten immer wieder zu „Sieg Heil“-Rufen kam und einen Abend, der alles veränderte und Mensi zum strikten Antifaschisten machte. Es wird allerdings auch nicht beschönigt, dass Mensi später nach Thailand auswanderte und sich dort einer Biker-Gang anschloss.
A definitve history of Oi!? Yes and no.
Weiter im Buch geht es dann mit unerlässlichen Bands, die dieses Genre prägten. Cockney Rejects (die neben Garry Bushell den begriff Oi! wohl geprägt haben dürften) 4-Skins, Last Resort, Business und Blitz.
Garry Bushell spricht selbst nicht im Buch. Nicht weil man ihn nicht wollte, sondern weil er es schlicht und einfach verweigerte. Bushell war Spence gegenüber wohl skeptisch.
Dafür wird aber auf Bushells Schaffen eingegangen. Auch über seine Sampler, die er veröffentlichte. Es wird auf Nicky Crane eingegangen, der das Cover des ersten Samplers Strenght Thru Oi! zierte. Für das Cover wurden damals Cranes Tattoos heraus-editiert. Die Geschichte von Crane, einer eher tragischen Figur, der ein Neonazi war, gut befreundet mit Ian Stuart war, Security für Blood & Honour war, wegen rassistischer Gewaltverbrechen im Knast landete, sich danach als Homosexueller outete, in Pornofilmen mitspielte und später an AIDS starb, wird auch erzählt.
Riots und politische Extreme
Es werden zudem sehr dunkle Seiten des Oi! aufgelistet: Die Southall Riots von 1981. Oder wie das British Movement versuchte, junge Skinheads auf seine Seite zu ziehen, wie zum Beispiel Leute gezwungen wurden, sich das Bulldog-Magazin von der Young National Front zu kaufen. Es geht auch unter anderem um Fußball und sehr viel über West Ham United.
Auch die RAC-Seite wird beleuchtet und man kann über Connections von Ian Stuart Donaldson bis hin zu Herbert Egold von Rock-O-Rama lesen. Für die ganze Geschichte von Rock-o-Rama empfehle ich allerdings das Buch Rock-o-Rama: Als die Deutschen kamen.
Gottseidank gab und gibt es ja nicht nur üble Seiten am Oi! So kann man auf vielen Seiten Interviews mit Szenegrößen der heutigen Szene lesen. Phil Templar kommt zu Wort und erklärt, wie er zu dem Ganzen kam. Interessante Einblicke bietet auf jeden Fall auch Wattie von Lion’s Law (hier hab ich sogar was Neues gelernt, als ich gelesen habe, dass Wattie in einem Video von Beyoncé zu sehen ist).
Fazit
Alles in allem ist es ein super Buch, vielleicht mehr geeignet für Szene-Einsteiger und alle Musikinteressierten, die sich für die Geschichte des Oi! Interessierten. Alten Hasen dürfte es vielleicht nicht allzu viel Neues erzählen. Spence redet nichts schön, verurteilt auch nicht direkt irgendwas. Alles in allem kann man sagen, dass es sehr investigativer Journalismus ist, der die Geschichte einer Szene erzählt, die von England über die ganze Welt schwappte. Dabei ist es aber keinesfalls trocken, sondern bleibt durchaus bis zum Schluss ein spannendes Lesevergnügen.
Klappentext
The only book to consider Oi! as a distinct genre within punk rock, What Have We Got? is the story of a musical movement that became a national concern in the eighties and still divides opinion today.Drawing on new interviews with Sham 69, Angelic Upstarts, Cockney Rejects, Crown Court, Lion’s Law, The Templars and many more, Simon Spence considers the genre’s inception and noble intentions, how it fell into infamy, and its modern-day resurgence.With a growing and formidable audience in the US, Europe, Asia, South America and the UK, 0i! is as alive as it has ever been, and without the far-right associations that plagued its past.
Kapitel
- Foreword
- Author’s Note
- Chapter 1: The New Breed: Crown Court
- Chapter 2: If The Kids Are United : Sham
- Chapter 3 : Never ‚ad Nothin‘ : Upstarts
- Chapter 4 : I’m Not A Fool :Rejects
- Chapter 5 : Chaos: 4-Skins/ Last Resort/ Business
- Chapter 6: Someone’s Gonna Die: Blitz/ Bushell/ Oi! – The Professor
- Chapter 7 : Paramilitary Is The Score : Combat 84
- Capter 8 : RAC
- Chaper 9 : Pride: The templars (American Oi!)
- Chapter 10 : For My Clan : Lion’s Law (European Oi!)
- Chapter 11 : Days Gone By : Rotten Boys/ Marching Orders Worker Sweat (World Oi!)
- Chapter 12 : ‚Grey Zone‘
- Chapter 13 : Runnin‘ Riot : Cock Sparrer / Roi / Oi Oi The Shop
- Acknowledgements