Am 13. Dezember 2015 spielte Bane ihre letzte Show in Europa. Insgesamt zwei Monate erstreckte sich ihre Abschlusstour auf der Bands wie Backtrack und Code Orange das Line-Up der Shows weiter ausschmückten. Wenig verwunderlich, dass die Konzerte zum größten Teil ausverkauft waren. Fans von Bane bot sich also ein optimaler Rahmen, sich von einer der großartigsten Hardcore Bands der letzten beiden Jahrzehnte zu verabschieden.
Es steht für Bane nun noch eine Jubiläumsshow im Januar anlässlich ihres 20-jährigen Bandbestehens, eine letzte US-Tour und eine finale Abschiedsshow in Boston an. Danach ist das Kapitel Bane beendet und es ist davon auszugehen, dass Bane nicht einer der Bands ist, die zwei Jahre später wieder mit eine Reunion zurückkommen.
Sänger Aaron Bedard konnte uns in einem Interview erzählen, ob es schon Pläne für danach gibt, wie emotional die letzte Europa-Tour für die Band war und was er an die Zeit mit Bane besonderen vermissen wird.
AFL: Hallo, Aaron. Danke, dass du dir die Zeit nimmst. Wir kommen gleich zur ersten Frage. Ihr spielt heute die vorletzte Deutschland-Show – Wie fühlst du dich dabei? Was verbindest du im Allgemeinen mit der Hardcore-Szene in Deutschland?
Aaron: Es ist natürlich eine der besten Hardcore-Szenen der Welt! Wir sind seit Jahren tief mit der Szene hier verbunden. Unsere erste Tour in Europa im Jahre 2000 spielten wir auch in Deutschland. Wir haben eine ganze Menge Shows hier gespielt und während dieser Zeit jede Menge Freunde gefunden! Wir sind seit 2000 oft mehrmals jährlich nach Deutschland gekommen, um Shows zu spielen. Bane verbindet mit Deutschland ganz viele Geschichten und Familie! Gestern Nacht, nach der Show in Stuttgart, kam zum ersten Mal das Gefühl von tiefer Trauer. Es war eine tolle Show und viele Menschen kamen, um uns das letzte Mal spielen zu sehen. Das war hart. Ich glaube, die beiden kommenden Abende werden sehr hart und emotional für uns.
AFL: Was verbindest du neben der Musik mit Deutschland?
Aaron: Mich verbindet viel mit Deutschland. Zuerst sollst du wissen, dass ich den Dingen immer positiv gegenüber stehe. Die Menschen hier sind politisch sehr aktiv, das finde ich gut! Ich denke, die Menschen in Deutschland haben eine sehr starke Meinung. Was ich auch an Deutschland liebe ist, dass es viel einfacher ist, in die Szene einzusteigen und dort aufzuwachsen, als an vielen anderen Orten, die ich gesehen habe. Es ist nicht üblich, dass 40-50 Jährige noch auf die Konzerte kommen und die gegenwärtigen Bands unterstützen. In den Staaten sieht man das ganz selten.
AFL: Wann und wie habt ihr den Entschluss gefasst, Bane aufzulösen?
Aaron: Das war vor zwei Jahren. Es geschah sogar auf einer Show in Deutschland, dem With Full Force Festival. Wir hatten vor unserem Auftritt auf dem Festival ein kurzes Treffen, bei dem wir letztendlich beschlossen haben uns aufzulösen. Wir wollten uns zu dieser Zeit relativ schnell auflösen. Also, vielleicht noch eine Tour zum Jahresende und uns dann verabschieden. Aber aus welchem Grund auch immer, haben wir dann gesagt, dass es doch noch nicht an der Zeit war, um zu gehen und wir beschlossen, ein letztes Album aufzunehmen.
AFL: Die finale Europatour war in drei große Abschnitte geteilt. Hattet ihr die Möglichkeit alle eure Lieblingsstädte und Clubs zu bespielen, oder fehlte etwas?
Aaron: Nein, nicht alle, aber die meisten. Wir konnten leider nicht in Münster spielen. Das ist verrückt, denn dort fing alles an. In Münster spielten wir das erste Konzert in Europa. Wir haben es auch nicht nach Norwegen geschafft, das war sehr enttäuschend für mich. Wir haben aber auch an einer Vielzahl von Orten gespielt, an denen wir zuvor noch nie gewesen sind. Das war etwas besonders für uns und kam wirklich überraschend. Wir spielten beispielsweise in Tel Aviv. Wir haben es also nicht zu jedem unserer Lieblingsplätze geschafft, aber zu 95 Prozent. Aber ich bin wirklich traurig, dass wir nicht in Münster spielen konnten!
AFL: Ihr habt euch auf der Abschiedstour die Bühne mit Backtrack und Code Orange geteilt. Gibt es eine spezielle Verbindung zwischen Bane und den beiden Bands?
Aaron: Mit beiden Bands gibt es eine sehr enge Verbindung und wir sind sehr gute Freunde. Wir wollten sie auf der Tour dabei haben und mit ihnen den Bus teilen. Wir wussten, dass wir in dieser Situation unsere Freunde um uns brauchen. Wir haben dann überlegt, mit welchen beiden Bands wir am liebsten touren würden. Deshalb waren Backtrack und Code Orange dabei. Es sind diejenigen, mit denen wir am liebsten Zeit verbringen.
AFL: Euer letztes Album „Don´t Wake Up“ erschien im Jahr 2014. Wolltet ihr das Album unbedingt machen, oder ist es eine Art Geschenk für die Fans?
Aaron: Wir hatten dieses Gespräch vor dem With Full Force und als die Entscheidung fiel mit Bane weiterzumachen, war die logische Konsequenz ein Album aufzunehmen. Es war auch wirklich an der Zeit, da wir seit 2005 kein neues Album mehr rausgebracht hatten. Wir haben uns für das Album viel Zeit genommen und hart dafür gearbeitet. Wir haben alles gegeben und alle unsere Emotionen hineingelegt, weil wir wussten, dass es das letzte Album sein wird.
AFL: Was ist der größte Unterschied zwischen den ersten Bane Tourneen in den 1990er Jahren und den Touren in den letzten Jahren?
Aaron: Wir sind jetzt älter. Unsere Körper erholen sich nicht mehr so schnell wie früher. Wir haben nicht mehr das gleiche Level an grenzenloser Energie, das wir zu Bane`s erster Europa-Tour im Jahr 2000 hatten. Wir standen jeden Tag früh auf, gingen schwimmen, besuchten die Sehenswürdigkeiten in den Städten, wie zum Beispiel den Eifelturm oder Schlösser. Wir waren nicht zu stoppen! Wir waren jung und hatten das Gefühl, nicht wieder zurückzukommen. Es war das erste Mal, dass wir in Europa waren und wir versuchten möglichst viel mitzunehmen. Heute sind wir älter, das ist der größte Unterschied.
AFL: Du hast eben beschrieben, dass ihr älter geworden seid und Touren ist sicher ein harter Job. Würdest du trotzdem sagen, dass Hardcore dich jung hält?
Aaron: Absolut, ohne jeden Zweifel! Es ist das, was mich in meinem Leben stark und jung hält. Es ist cool zu wissen, ein Teil davon zu sein. Einfach toll, dass ich mich dadurch so jung fühle!
AFL: Was war das Verrückteste, das auf einer Bane Show passiert ist?
Aaron: Das ist nicht leicht zu beantworten, aber ich glaube, das Verrückteste war auf einer Show zusammen mit Agnostic Front in Florida. Eine große Meute von Nazis marschierte vor dem Konzert auf. Die Türen wurden von innen geschlossen, außerhalb kam es zu Prügeleien. Das war eines der schrecklichsten Dinge, die wir erlebt haben!
AFL: Was war das Verrückteste, das ihr mit Bane neben der Bühne erlebt habt?
Aaron: Ich habe diese verrückte Erinnerung, als wir eines Nachts mitten durch das Nirgendwo in Amerika gefahren sind. Im Bus schliefen alle, außer der Fahrer und ich. Dann sahen wir etwas hell leuchten. Es war riesig und sehr hell! Als wir näher kamen sahen wir, dass ein Auto komplett in Flammen stand. Es war weit und breit niemand in der Nähe. Es war ein ganz komisches Gefühl. Wir fuhren weiter, da uns klar war, dass wir da nichts machen können. Das Auto stand komplett in Flammen.
AFL: Hast du besondere Pläne für die Zeit nach Bane? Ein neues Musikprojekt oder einen geregelten Alltag mit festem Beruf?
Aaron: Keinen normalen Job! Kein normales Leben! Ich weiß nicht genau, was nach Bane auf mich wartet, aber zusammen mit unserem Bassisten James Siboni schreibe ich an einem Fanzine. Wir haben sehr viel Spaß zusammen. Wir haben während dieser Tour auch darüber geredet, ein neues Musikprojekt zu starten. Vielleicht machen wir etwas komplett anderes als bisher. James ist ein wirklich sehr talentierter Junge!
AFL: Ihr sprecht euch wie kaum eine andere Band gegen „Violent Dance“ aus. Warum glaubst du, dass viele ihre Aggressionen im Pit auslassen und warum positionieren sich nicht mehr Bands klar dagegen?
Aaron: Ich kann dir den zweiten Teil der Frage nicht erklären. Ich weiß es nicht! Ich glaube, es gibt viele Leute, die sich einfach gut dabei fühlen, wenn sie für Ärger sorgen. Meiner Meinung nach ist es eine sehr gute Sache, für etwas zu stehen und jemanden dann auch zu sagen: „Du handelst wie ein richtiger Idiot!“. Das kann schon Probleme und Spannungen verursachen, aber man muss sich diesen Situationen stellen. Ich hatte nie zu viel Angst davor. Ich wuchs als kleiner, dürrer Junge auf, der Hardcore geliebt hat und in einer rauen Stadt (Boston) auf Shows gegangen ist. Es war eine harte Zeit! Die Leute haben wirklich chaotisch und gewaltvoll getanzt. Ich habe damals viele Schläge einstecken müssen. Schläge, nur weil ich die Musik liebte und auf Shows gegangen bin. Weil ich tanzen wollte, weil ich Teil des Ganzen sein wollte. Man wurde regelrecht von diesen „Monstern“ attackiert.
Es ist heute noch ein sehr starkes Gefühl in mir…ich finde es furchtbar. Als ich schließlich eine Hardcore Band gründete wusste ich, wie wichtig es mir war, dass die Menschen nicht so behandelt werden sollten, wenn Bane spielt. Das ist etwas, wofür wir seit Anfang an gekämpft und uns eingesetzt haben. Wir wollten immer eine Gemeinschaft haben, in der sich jeder wohl fühlt und keiner Angst haben muss, geschlagen oder getreten zu werden. Das ist eine miese Art zu handeln. Das hat nichts mit tanzen zu tun, es hat nichts mit der Musik zu tun und es ist schon gar nicht konstruktiv. Es ist lediglich das Schikanieren von Schwächeren.
AFL: Was gab dir die Kraft und Inspiration, über 20 Jahre zu touren?
Aaron: Wir lieben es! Es fühlt sich für mich nicht so an, dass es Arbeit ist. Wir mussten uns darauf fokussieren, es war harte Arbeit. Viele in der Band haben für das ständige Touren einiges liegen lassen. Ich habe keine Kinder, keine Familie, keine feste Beziehung, habe nie ein Haus gebaut, hatte nie einen Beruf, von dem es mir schwer fiel, mich zu trennen! Es fiel mir immer einfach! Andere in der Band haben Kinder, haben Familie, besitzen eigene Häuser und müssen dafür sorgen, Monat für Monat über die Runden zu kommen. Ich habe meine Lebensumstände und Ansprüche immer sehr klein gehalten. Ich konnte es also immer einfach bewältigen. Es fiel mir nie schwer, von den Dingen zuhause wegzugehen und zu touren.
AFL: Die letzten Worte gehören dir Aaron!
Aaron: Ich bin wirklich schlecht darin. Aber, ok: Zuerst – Danke Deutschland, Danke jedem Einzelnen, der auf ein Konzert gekommen ist und Teil der Tour war, um sich von uns zu verabschieden.
Bevor „Don´t Wait Up“ herauskam und bekannt wurde, dass wir uns auflösen, gab es eine Phase, in der sich niemand großartig für uns interessiert hat. Es kamen auch nur wenig Menschen zu unseren Shows. Es war erschreckend für uns, dass wir in Deutschland nicht mehr ankamen. Hier hat alles angefangen und wir sind froh und dankbar dafür, dass es sich wieder geändert hat. Die Konzerte hier waren unglaublich! Es war sehr emotional und hat uns gezeigt, was diese Band den Menschen bedeutet. Ich möchte mich für alles noch einmal bedanken!
Tolles Interview Jungs, Danke für die interessanten Fragen. Es war ein sehr schönes Gespräch mit euch!
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