Manchmal bin ich ein richtiger Messi. Das äußert sich vor allem bei meinen E-Mails. Die lösche ich irgendwie nie. Das kann Gutes und Schlechtes haben. Als ich die Tage nach etwas suchte und den Suchbegriff eingab, fand ich ein uraltes Interview mit Nunzio und Drew Stone, das ich 2013 mit Antidote gemacht hatte.
Damals schrieb ich noch fürs Punkrock! unter dem unsäglichen Namen Rumpelschiltzchen. Das Interview wurde damals nicht im Heft, sondern auf der Webseite veröffentlicht. Die Webseite ist leider nicht mehr existent, und so dachte ich mir: Warum es nicht nochmals veröffentlichen?
Gründe? Nostalgie oder ein wenig Hardcore-Geschichte, die es vielleicht lohnt, zu konservieren.
Ich fand hier übrigens auch noch ein Interview, das Simon 2016 mit Drew Stone machte.
Interview mit Nunzio und Drew Stone von Antidote 2013
Da schlägt’s doch 21! Jedenfalls so ungefähr. Nach 21 Jahren sind Antidote nämlich zurück. Und das sogar mit neuem Album, das mittlerweile bei Bridge Nine erschienen ist. Anfangs war ich skeptisch, ob das noch was bringen soll, aber bereits nach dem ersten Durchlauf war ich begeistert. Und so lief das Teil einige Wochen in meinem Autoradio rauf und runter. Daher kam ich auf einer langen Fahrt auf die Idee, dass ich doch mal ein Interview mit der New Yorker Truppe machen könnte. Gesagt, getan. Viel Spaß beim Lesen.
Wie kamt ihr eigentlich auf die Idee, ein neues Album herauszubringen, nachdem ihr einundzwanzig Jahre lang nichts veröffentlicht habt?
Nunzio: Im Dezember 2008 wurden wir gefragt, ob wir Lust hätten, auf der „A7*-Reunion-Show“ in der „Knitting Factory“ hier in New York zu spielen. Es waren sechzehn Jahre vergangen, seit wir das letzte Mal spielten, und wir waren uns gar nicht sicher, ob es jemanden einen Scheißdreck interessieren würde.
Ungeachtet dessen, als wir raus auf die Bühne gingen, um zu spielen, war der Saal gefüllt bis zum Dach mit einer ganz neuen Generation von Kids, die die Musik liebten, sämtliche Texte kannten, und total durchdrehten. Was als ein paar „Reunion“-Shows startete, entwickelte sich zu einer längeren Sache, weil die Shows einfach unglaublichen Spaß machten.
Nachdem wir ein paar Auftritte hatten, wollten wir uns weiterentwickeln, und weil wir ein ganzes Bündel an Songs aus unserer Hardcore-Zeit hatten, die niemals aufgenommen wurden, entschlossen wir uns, ein neues Album aufzunehmen. Zusätzlich zu den Liedern, die nie aufgenommen wurden, schrieb ich ein paar neue Songs. Die Herstellung von „No Peace in Our Time“ war ein langer Prozess, der etwa ein Jahr lang dauerte.
Drew Stone: Es ist das Hardcore-Album, das wir immer machen wollten, seit ich der Band in den frühen Achtzigern beigetreten bin. Obwohl Antidote immer noch eine Hardcore-Band waren, als ich 1984 dazukam, hatten doch andere Einflüsse bereits begonnen, sich hineinzuschleichen. Zu der Zeit, als wir „Return To Burn“ ein paar Jahre später aufnahmen, hatten wir uns ziemlich zu einer „Rock“-Band entwickelt. Zu diesem Zeitpunkt in 2012 wurde das Ganze ein geschlossener Kreis, und das ist echt großartig. Antidote ist eine New-York-Hardcore-Band der ersten Welle.
Nunzio: Drew und ich, fühlten immer, dass Thou Shalt Not Kill ein großartiges Album war. Es war sogar sein persönlich liebstes NYHC-Album, bevor er der Band beitrat. Aber es war eine wirklich harte Sache für ihn, in dem Bewusstsein zu leben, dass es nicht wirklich was Neues gab, wo er seine Stimme beisteuern konnte, was dieses legendäre Album toppen könnte. Ich wollte, dass „No Peace In Our Time“ seine Chance ist, den Schatten, unter dem er so lange gearbeitet hat, endlich abzuschütteln. Meiner Meinung nach haben er und die Band, die Qualität, den Sound, und die allgemeine Intensität von „Thou Shalt Not Kill“ erbracht, aber genauso gut ihren persönlichen Abdruck hinterlassen haben.
Nunzio: Thou Shalt Not Kill war eines der ersten New York Hardcore-Alben, das tatsächlich professionell aufgenommen wurde, und einen guten Sound hatte. Jerry Williams, welcher Tontechniker im C.B.G.B’s war, und zu diesem Zeitpunkt mit den Bad Brains arbeitete, hatte viel damit zu tun. Zusätzlich fingen die Songs den Moment ein, und das Gefühl, was zu dieser Zeit gerade in der Hardcore-Szene vor sich ging.
Ich weiß, die Frage könnte euch auf den Sack gehen, aber ich kenne einige Leute, die mir schon sagten: Wie kannst du diese Band bloß hören, die haben ein rassistisches Lied. Ich spreche von „Foreign Job-Lot“. Ich weiß, Agnostic Front haben den Song „Public Assistance“, der ebenfalls des Öfteren diskutiert wird. Wie war die Punk-Szene zu der Zeit, als solche Texte geschrieben wurden?
Nunzio: „Foreign Job-Lot“ ist kein rassistisches Lied, und es tut mir echt leid, dass er manchmal von Leuten so wahrgenommen wird. Ich hab den Song als Teenager geschrieben, als ich in Jackson Heights, Queens, in den späten Siebzigern aufwuchs. Er handelt davon, wie hart es ist, ein Teenager zu sein, und erwachsen zu werden.
Rückblickend betrachtet, war es die falsche Entscheidung, nach TSNK aufzuhören? Was es sogar vielleicht falsch, euren Musikstil zu ändern, und mit „Return 2 Burn“ ein Rock-Metal-Album erscheinen zu lassen?
Nunzio: Auf der einen Seite erhielt „Return 2 Burn“ den Namen Antidote, über all die Jahre, als wir eine „Rock“-Band waren. Wir spielten wirklich großartige Shows zu jener Zeit, und genossen dies wirklich. Auf der anderen Seite war es nicht das Hardcore-Album, das sehr viele Menschen von uns wollten.
Ihr habt Howard Weinberg** gewählt, um euer neues Album zu produzieren. Für alle, die ihn nicht kennen, soll gesagt sein: Der Mann hat ein paar All-Time-Classics in diversen Musikrichtungen produziert. Wie seid ihr darauf gekommen, gerade mit ihm zu arbeiten? Wie war es, mit einer solchen Legende zu arbeiten?
Nunzio: Howie Weinberg hat „Thou Shalt Not Kill“ 1983 gemastert. Wie es sich ergab, als wir das neue Album fertigstellen wollten, fanden wir heraus, dass er mit einem Freund von uns zusammen in Los Angeles lebte. Wir dachten, es wäre eine coole Idee, ihn wieder mit Antidote zu vereinen, und ihn „No Peace In Our Time“ mastern zu lassen. Also riefen wir ihn an, und er war sofort dabei. Wie lange hat es eigentlich gedauert, Roger Miret zu überreden, dass er Rise Above mit euch singt? Nunzio: Roger Miret ist ein alter Freund von uns. Diese Freundschaft reicht zurück bis zur original NYHC-Szene. Alles, was nötig war, war ein Anruf, und er war dabei. Er ist einer der All-Time-Great-Guys, und er ist eine Legende im Hardcore.
Wo wir gerade über Rise Above reden: Warum habt ihr gerade diesen Song gecovert? Versteht mich nicht falsch, der Song ist großartig, aber hattet ihr vielleicht andere Ideen, für weitere Songs, die ihr covern wolltet?
Nunzio: Wir covern auch noch „Filler“ und „ I Don’t Wanna Hear It“ von Minor Threat. Aber ich denke, das ist es dann mit den Coversongs fürs Erste.
Drew, du hast den Film „All Ages: The Boston Hardcore Film“ gedreht, welcher sehr gut ist, und super informativ für all die Leute, die zu spät geboren sind, um Teil des Ganzen zu sein. Kannst du uns was über den Film erzählen? Was war deine Motivation?
Drew Stone: Meine Passion ist es, ein Dokumentarfilmer zu sein. Als meinen größten Einfluss sehe ich den deutschen Regisseur Werner Herzog. Ich wollte schon immer einen Film über die frühe Boston-Hardcore-Szene machen, welche so einflussreich war, und ich bin wirklich dankbar, dass es schlussendlich geklappt hat.
Bis heute hat diese Szene mich sehr beeinflusst, und viele andere Menschen auch. Ich fühlte immer, dass ich die Fähigkeit hatte, der Geschichte gerecht zu werden. Ich wurde für das Buch „American Hardcore“ interviewt, und mir gefiel der Film, den Paul Rachman und Steve Blush gemacht hatten. Aber ich hatte das Gefühl, dass es nur eine Übersicht war, und dass die frühe Boston-Szene eine wirklich starke Story zu erzählen hatte.

















