Bei den „alten Helden“ sind Unearth mal wieder dran, die bisher eigentlich auch nie enttäuscht haben

habe ich noch in meinem Jahresrückblick 2022 geschrieben. Et voila, schon flattert mit The Wretched; The Ruinous das neue Album der Band aus Massachusetts ins Haus. Trifft also auch der zweite Teil meiner Vorhersage für das neue Release von Unearth zu?

The Wretched; The Ruinous ist Album Nummer acht seit der Gründung der Band 1998, womit Unearth eine der dienstältesten Metalcore Bands am Markt sein dürften. Das Album erscheint wie auch schon die Vorgänger auf Century Media und umfasst 11 Songs, davon ein Interlude, in 37 Minuten.

Mit Album Nummer acht verändert man nicht mehr grundlegend den Sound einer Band, so viel vorweg. Unearth sind sich treu geblieben. Aber das Album steht unter einem besonderen Stern:

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Unearth (Photo by Mezgarth)

Zum einen hat sich die Band 2022 von ihrem langjährigen Drummer Nick Pierce getrennt und Mike Justian kehrte zurück, der schon auf The Oncoming Storm und III: In The Eyes Of Fire die Rhythmusfelle bearbeitete. Vermutlich noch signifikanter aber, haben Unearth zum anderen Anfang des Jahres offiziell bekanntgegeben, das Gitarrist und Gründungsmitglied Ken Susi, der bereits eine längere Auszeit genommen und mit As I Lay Dying getourt hatte, die Band endgültig verlassen hat.

Buz McGrath, der zweite Gitarrist und ebenfalls seit Gründung dabei (ebenso wie Sänger Trevor Phipps) hatte nun also die Aufgabe sich alleinig für das Songwriting verantwortlich zu zeichnen. Welche Spuren hat also der Abgang von Ken Susi im Sound hinterlassen?

Bereits bei den ersten Takten des Titelsongs, der auch als erste Vorabsingle fungierte, setzt sofort der Wiedererkennungseffekt ein: Das sind Unearth, kein Zweifel. Mehr noch, das Doublebass Intro der Songs mit anschließendem Break lässt eine gehörige Portion Livegefühl aufkommen, als wenn sich die Instrumente zum Start sammeln. Die folgende gute halbe Stunde ist dann auch vordergründig erst einmal ein Best-of dessen, was Unearth seit über 20 Jahren praktizieren: Breakdowns, fiese Moshparts, Blast Beats, große Melodien in hymnenhaften Refrains, schwedeninspiriertes Death Metal Riffing, Gitarrentappings, das ein oder andere klassische Metalzitat (achtet nur mal auf die Maiden-mäßig galoppierende Rhythmussektion im ersten Song…), technische Perfektion in der Beherrschung der Instrumente, Trevors unverkennbare Stimme, die sich über all die Jahre einiges an mehr Dynamik und Variation angeeignet hat. Clean Gesang sucht man zum Glück immer noch nahezu vergebens.

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Das ganze aber kommt erstaunlicherweise zwar spielerisch perfekt aber nie steril daher, so dass man man immer noch das Gefühl hat, eine Band vor sich zu haben, die diese Songs auch genau so live performen kann.

In der bisherigen Diskographie stechen einige Platten als sehr melodiös (The Oncoming Storm, Darkness in The Light) oder aber extrem heavy (III: In The Eyes Of Fire, insbesondere Watchers Of Rule) heraus. Auf The Wretched; The Ruinous vereinen Unearth beide Extreme auf einer Platte. Insbesondere durch große Melodien getragene Songs (z.B. der Titelsong, das extrem eingängige Call Of Existence oder Into The Abyss) wechseln sich mit sehr heavy Tracks ab (Eradicator, Invictus oder Broken Arrow). Wobei eigentlich jeder Song mindestens ein-zwei Hooklines in den Gitarren hat, die im Ohr bleiben.

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Neue Elemente im Sound findet man eher im Kleinen: Der tiefe Männerchor im C-Teil vom Titelsong lässt kurz die Augenbrauen hochgehen, wird aber, genauso wie kurze cleane Backings in Into the Abyss sehr akzentuiert und damit ins Gesamtbild passend eingesetzt. Das Riffing in Dawn Of The Militant, wenn man sich mal Drums und Vocals wegdenkt, ist sehr Unearth-untypisch und entspringt eher Riff-orientiertem Metal à la Metallica. Der Kreis schließt sich allerdings mit einem fiesen Deathcore-artigen Beatdown-Teil am Ende. Glücklicherweise folgt danach mit Aniara ein kurzes akustisches Interlude zum Erholen. Auch im Refrain von Broken Arrow wähnt man sich eher am Lenker eines Choppers als im Moshpit. Ob das alles nun ausschließlich an Ken Susis Weggang liegt, möchte ich bezweifeln.

Produktionstechnisch kommt The Wretched; The Ruinous wie zu erwarten fett mit viel Dynamik daher, ohne überproduziert zu wirken. Für meinen Geschmack stehen je nach Setup die Drums ein wenig zu sehr im Vordergrund und schlucken dadurch die ein oder andere Feinheit in den Gitarren. Auch gibt es ein paar Stellen, (z.B. am Ausgang des Solos des Titelsongs), an denen es mit der Dynamik etwas übertrieben wurde und das schnelle Ausfaden der lauteren Sologitarre ein Loch in der Gesamtlautstärke hinterlässt.

Fazit

Das alles ist aber Beklagen auf hohem Niveau. Unearth legen mit The Wretched; The Ruinous ein großartiges Stück Musik vor, bleiben sich treu ohne sich einfach nur zu kopieren. Viele große Melodien und interessante kleine Ideen machen die Songs auch beim x-ten Durchlauf noch interessant.

Damit setzen Unearth nahtlos eine großartige Diskographie fort. Das Album bekommt eine uneingeschränkte Empfehlung für Unearth Fans ebenso wie für Metalcore Freunde, die die Band noch nicht kennen.

Tracklist

  1. The Wretched; The Ruinous
  2. Cremation of the Living
  3. Eradicator
  4. Mother Betrayal
  5. Invictus
  6. Call of Existence
  7. Dawn of the Militant
  8. Aniara
  9. Into the Abyss
  10. Broken Arrow
  11. Theaters of War
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– Playlist: Happy Release Day

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