Nach unglaublichen 15 Jahren sind Flyswatter mit einer EP zurück – und das in Dreiviertel der Originalbesetzung. Attila, Marco und Florry haben uns daher ein paar Fragen beantwortet.
AFL: Wie kam es dazu? Warum ausgerechnet ihr drei, die 1994 alles gestartet haben?
Florry: Wir haben das in der Schule angezettelt und ziehen es jetzt bis zur Rente durch – im Ernst, wir sind zusammen aufgewachsen, sowohl musikalisch aber auch als Freunde. Es gibt nicht viele Dinge die so lange halten, das sollte man bewahren. Durch Corona wurde uns das allen nochmal klar. Und außerdem haben wir noch ca. 1000 Songs die wir schreiben müssen, solange wir noch unsere Instrumente halten können.
Attila: Flyswatter war für mich gefühlt immer präsent, weil es Teil unserer Freundschaft ist, die nunmehr fast seit 28 Jahren besteht. Es wieder in der Musik aufleben zu lassen war immer ein Wunsch von mir, der nun durch verschiedene Umstände wahr geworden ist… und ja, hoffentlich bis zur Rente!
Marco: Keiner von uns hatte das Kapitel Flyswatter jemals geschlossen, es gab immer die Option irgendwann wieder zusammen Musik zu machen. Eigentlich ist Attila der Grund, dass wir wieder zusammengekommen sind. Er war quasi der „Beschleuniger“ und hat sich darum gekümmert, dass Ideen für Songs ausgetauscht werden. So kam das Eine zum Anderen und ich bin ihm dankbar dafür. Es fühlt sich genauso richtig und gut an wie früher!
AFL: 2004 zu Eurem vierten Album war nur noch Florry am Mikro von der ursprünglichen Besetzung am Start. Für mich war es trotz super Songs nicht mehr die Band, die ich seit 1999 so sehr schätzte. Wie war das für Dich als letzter im Bunde? Ende? Neustart? Andere Band mit gleichem Namen?
Florry: Mir ging es ähnlich wie dir. Die Musik war immer Flyswatter und es hat mega Spaß gemacht in allen Besetzungen… aber es war definitiv anders als in den ersten Jahren. Attila und Marco sind der Grund warum wir jetzt wieder als Flyswatter am Start sind. Weil wir das immer waren und bleiben werden. Wir können gar nicht anders.
AFL: Du hast danach in vielen Projekten mitgewirkt, u.a. zusammen mit Nathan, Chad und Robert von Boysetsfire bei The New Recruits oder solo als Songwriter Leo Jonas. Wie wichtig und beeinflussend war das musikalisch für Dich? Wie sehr hat es den 2020er Flyswatter Sound beeinflusst?
Florry: Für mich waren die Projekte super lehrreich um mein eigenes Songwriting besser zu verstehen. Ich habe in den letzten 14 Jahren fast alle musikalischen Stile geschrieben und aufgenommen. Elektro, deutschen Pop, old-school Hardcore, alles dabei… Ich habe dabei gemerkt, dass ich immer wieder zurückkehre zu dem, was wohl den Stil von Flyswatter ausmacht: Pop Songs in Rock Klamotten. Die letzten Jahre hatten dementsprechend einen großen Einfluss auf die neuen Songs.
AFL: Was würdet Ihr sagen sind die Flyswatter 1994 „Zutaten“, die sich auch 2021 noch finden? Was kam bei Euch dreien nach all den Jahren neu dazu?
Attila: Es fühlt sich an wie früher aber eben neu und weiter entwickelt. Man hat nicht mehr den Druck auf Teufel komm raus Avantgarde zu sein (waren wir glaube ich eh nie so sehr…). Vor 20 Jahren wollten mich die Jungs mit meinem Bontempi Keyboard in die Mülltonne stecken, heute zwar auch aber zumindest drücken sie jetzt selber drauf rum und ein bisschen was blieb auch hängen.
Marco: Ich glaube schon, dass man eine Verbindung hört zwischen den Songs, die wir früher geschrieben haben und denen, die wir heute schreiben. Ich zumindest habe nichts bewusst geändert. Klar entwickelt man sich weiter, weil man mehr Einflüsse aufsaugt aus allen möglichen Stilrichtungen. Vielleicht sind wir offener geworden. Auf der neuen Platte gibt es ein Piano, ich bin mir nicht sicher, ob ich das früher akzeptiert hätte. Heutzutage ist es so einfach zu Hause seine Ideen zu verwirklichen. Das ist definitiv anders, als sich einmal pro Woche in einem Proberaum zu treffen, man hat schlicht mehr Zeit an den Songs zu feilen.
AFL: Habt Ihr z.B. eine ganz andere Herangehensweise ans Musik schreiben und machen? Andere Musikrichtungen, die Euch heute beeinflussen?
Marco: Im Grunde geht es nach wie vor los mit einer Idee. Das kann ein Drum Loop sein, eine Bass Line oder ein Gitarrenriff. Dann geht’s los im Kopf und man spielt alle möglichen Konstellationen durch, so ist es zumindest bei mir. Am Ende ist es aber immer der Gesang, der entscheidend ist, ob ein Song funktioniert oder eben nicht. Bands, die mich inspirieren sind z.B. Bloc Party oder The 1975. Mit verschiedenen Sounds zu arbeiten und einem Song eine komplett neue Stimmung zu geben, macht für mich den Reiz aus am Songwriting. Florry und Attila sind genauso offen, was gut klingt wird verwendet.
Attila: Das ist genau das schöne, dass die Entwicklung der Songs wie früher ist und wir genau wissen, wo die Anderen hin möchten. Dass wir unterschiedliche Einflüsse haben ist eine mega Bereicherung, die Songs und das transportierte Gefühl nehmen wir aber, glaube ich, identisch wahr. Zumindest bekommen wir immer an den selben Stellen Gänsehaut…
AFL: Wie waren die Reaktionen auf die im Dezember erschienene Single Youth Gone Wild?
Florry: Der erste Kommentar von einem langjährigen Musik Kumpel war: „das hätte ich nicht gedacht als erste Single… akustisch und mit einem Tempowechsel. Ihr traut euch was.“ Die Zeit hat gepasst für die Single, es war Weihnachten, jeder hatte ein seltsames Corona Jahr hinter sich. Wir wollten eine positive Stimmung und Ausblick geben auf das was kommt. Den Leuten gefällt‘s gut und uns auch!
AFL: Es scheint als hättet Ihr extrem Feuer gefangen wieder als „original Flyswatter“ Musik zu machen. Was kommt nach der Single von Dezember und der neuen EP im Mai noch auf uns zu?
Marco: Wir haben Material für ein ganzes Album und arbeiten ständig an weiteren Ideen. Wir sind fest entschlossen eine weitere Platte zu releasen.
Attila: Das dürfte eine meiner schönsten to-do-Listen sein, wenn ich mir die Songs ansehe, an denen wir schon fleißig arbeiten und dieses Jahr als Album aufnehmen werden.
AFL: Ihr habt Missed Out von Eurem Debut Black and Blue nun für die EP neu aufgenommen. Warum und wieso ausgerechnet diesen Song?
Marco: Ich hatte das Intro Riff ab und an gespielt aber immer langsamer als im Original. Eigentlich ist es auf der Black and Blue wahnsinnig schnell! Dann gab es eine Acoustic Version, Florry hat Vocals dazu aufgenommen und wir waren alle mit dem Ergebnis sehr happy!
Attila: Er stellt für mich eine Verbindung von früher zu heute her. Schon damals war es einer meiner liebsten Songs und er klingt heute auch noch gut.
AFL: Wie war es nach all der Zeit zusammen im Studio?
Florry: Klassenfahrt und high-fives. Jetzt weiß ich was meine Eltern meinen, wenn sie sagen, dass sich eigentlich nicht viel ändert wenn man älter wird.
Attila: „Some things will never chäääänge…“
Marco: Wir hatten im Studio lediglich Drums aufgenommen, der Rest passierte zu Hause. Das war der perfekte Ausgleich im Corona Jahr! Aber mit Florry und Attila mal wieder zusammen in einem Studio abzuhängen war natürlich cool! Die Drums, die auf der EP zu hören sind, sind 100% Attila, wir haben nichts nachbearbeitet. Ich denke, das ist ein Grund, warum der Sound auf der EP so organisch ist.
AFL: Seid Ihr eine Münchner Band? Oder einmal Berchtesgaden, immer Berchtesgaden?
Attila: Wenn man in den Jahren an vielen Orten war, tut es gut einen Ort Heimat nennen zu können. Berchtesgaden ist einfach der Ort an dem alles begann und an den wir immer zurückkehren werden.
Marco: Die ersten Gehversuche als Band prägen dich ungemein und wir haben viele gemeinsame Jahre in Berchtesgaden verbracht. Berchtesgaden ist eine Rock-City und es gibt seit vielen Jahren eine wunderbare Szene. Klar, dass es uns auch immer wieder in unsere Stammkneipe von damals zurückzieht, das Kuckucksnest! Mal sehen, wo es uns „nach Corona“ hinverschlägt, wenn man wieder auf Tour gehen kann. Es gibt neben München und Berchtesgaden noch so viele andere inspirierende Orte und Szenen!
Florry: Home is where the heart is. Berchtesgaden wird immer unsere Heimat bleiben. Wir freuen uns, wenn wir uns dort alle bald wieder sehen!!
Vielen Dank für das Interview und bis bald zur großen Flyswatter Reunion Show!
Lest hier auch unsere Review zur neuen EP!