„Besser spät als nie“ – endlich erscheint mit Ahoi die neue Scheibe von Rantanplan (Review), was wir zum Anlass nahmen mal wieder mit Kopf und Sänger Thorben bisschen zu plaudern.

Wir wollten unbedingt ein positives Signal mit der Ahoi in die Welt posaunen. Die letzten Jahre waren für alle bitter und schlimm. Es scheint global gesehen sogar alles immer schrecklicher zu werden. Deshalb braucht jetzt niemand auch noch zu traurige Lieder.

AFL: Ahoi! Ich freue mich, dass ich dich nach 2017 mal wieder im Interview begrüßen darf. Grund dafür ist euer neues Album, welches am 24. Februar erscheinen wird und auf den Namen meiner gewählten Begrüßungsformel hört. Ein Album welches mich auf viele Arten und Weisen überrascht hat.
Alle die euch kennen wissen ja, dass ihr an Hamburg und dem Wasser hängt, aber das Thema hat auf Ahoi ja noch einmal einen ganz anderen Stellenwert. Würdet ihr Ahoi als eine Art Konzeptalbum sehen und war es Absicht dieses Thema in nahezu jedem Lied zumindest am Rand erscheinen zu lassen?

Thorben: Ja. Es war tatsächlich Absicht ein konzeptionell maritimes Album zu kreieren. Titel und Cover Art waren als erstes da. Songs übers Meer fließen förmlich aus mir heraus. Ich hatte vorm Studio eine einzige Zeile aufgeschrieben, alles war im Kopf fix und fertig.
Es war mehr als an der Zeit für ein solches Album von uns und wer, außer wir Norddeutschen, kann das Thema schon adäquat bedienen?

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Die nächste Sache die mich überrascht hat ist, dass mein Ska-Punk-Herz anscheinend nur eine kleine Pause eingelegt hatte. Ich kam seit einigen Jahren nämlich gar nicht mehr an Ska-Punk ran. Aber nachdem euer neuestes Werk ein paar Mal durchgelaufen ist, bin ich nun wieder voll drin. Dafür erst einmal danke!
Grund dafür ist u.a., dass mir das Album einfach gute Laune macht, die ich in dieser dunklen Jahreszeit gut gebrauchen kann. Ska ist einfach besser als jedes Mittel wie Xanax oder Tavor. Aber fast wäre das Album ja auch sehr Düster ausgefallen. Ihr habt aber noch rechtzeitig die Notbremse gezogen und die Produktion damals unterbrochen und das Konzept umgestellt. Wann war der Moment und fiel es euch schwer diese Entscheidung zu treffen?

Das freut mich zu hören! Gern geschehen und vielen Dank dafür. Wir wollten unbedingt ein positives Signal mit der Ahoi in die Welt posaunen. Die letzten Jahre waren für alle bitter und schlimm. Es scheint global gesehen sogar alles immer schrecklicher zu werden. Deshalb braucht jetzt niemand auch noch zu traurige Lieder. Ich meine, wir sind Rantanplan, da wird schon kein albernes Bierzeltalbum bei rumkommen, aber bei unserem ersten Produktionsanlauf wurde alles immer dunkler und am Ende war’s totales Deprizeugs. Das Konzept stand ja, aber wir haben uns unterm Pandemieeinfluss falsch treiben lassen.
Der helle Moment kam nach der zweiten Singleauskopplung. Wir hatten noch einige Titel in Arbeit, aber keiner hielt, was wir uns selbst versprochen hatten. Ich sagte, damals: „Oh Gott, ich mag das Album jetzt schon nicht mehr!“.
Nun halte ich es für eine unserer besten Arbeiten. Notbremsen sind einfach fette Erfindungen.

Mir geht diese krampfhafte „Gute Laune“ vieler Ska-Bands total auf die Eier.

Habt ihr die Bänder tatsächlich gelöscht oder schlummern die nun irgendwo und wir dürfen die Songs doch noch irgendwann mal hören?

„Nüchtern betrachtet“ und „Sand am Meer“ sind ja erschienen. Den Rest haben wir tatsächlich gelöscht. Was davon irgendwie fähig sein sollte, zu späterer Zeit ausgearbeitet zu werden, wird im Kopf auch bis dahin überleben. Alles was man vergisst, ist eh nix. Wir haben aber eh ziemlich viele Songideen und deshalb sind wir irgendwie auch schon beim nächsten Album dran… Und dafür brauchen wir die Ahoi-Schattenseite(n) nicht.

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Ist die mitschwingende Fröhlichkeit vielleicht auch eine Schwäche des Ska-Punk? Oder gibt es auch sowas wie Doom-Ska und ich habe es nur noch nicht mitbekommen?

Ha, ha. Doom-Ska ist gut. Den Titel dürften, bei aller Positivität der Ahoi, dann ja wohl am ehesten wir besetzen. Mir schwebt tatsächlich auch ein Album vor, welches ich gerne „Metal Steady“ nennen würde. Das wäre aber frühestens das Übernächste. Ich weiß auf jeden Fall was du mit der Fröhlichkeitsschwäche des Ska meinst. Mir geht diese krampfhafte „Gute Laune“ vieler Ska-Bands total auf die Eier. Wir machen auch mal einen albernen Track wie den Partytrick, aber sowas bleibt Ausnahme und konterkariert unser übriges Zeug. Wir hatten tatsächlich mal als Band die Diskussion, mehr in diese Lustige Richtung zu machen… Ich war einfach nur baff und unserer Drummer Marlon sagte damals ganz treffend: Er wolle nicht in einer Trottelskapunkband spielen! Falls du vor mir auf echten Doom-Ska stößt, lass es mich bitte wissen.

Wenn man auf eure Internetseite geht, wird man dort immer noch von der Ankündigung eures Albums Stay Rudel – Stay Rebel begrüßt. Meint ihr dieses Ding Internet hat keine Zukunft und ihr setzt jetzt wieder auf Flyer in verrauchten Schnurbartkneipen und Ankündigungen in Print-Magazinen?

Touché. Unsere Website wird gerade von dem guten Alan aktualisiert. Wir haben keine Kohle für sowas übrig, daher kümmern wir uns selber. Facebook und Insta kriegen wir gerade eben so geschissen und machen das teilweise zu viert (!) Von den anderen Sachen, oder gar Website Design haben wir kaum Checkung und sind da auf Hilfe angewiesen. Danke Alan! Auch die Familie, nur Top Leute! Social Media ist echt ein Zeitfresser und irgendwie sozial latent asozial. Man muss das bedienen, weil man sonst nicht mehr stattfindet. Ich mein‘, ich liebe Print-Magazine. Ich habe eine Wochenzeitschrift (der freitag) im Abo und wenn es hoch kommt, hole ich mir zwei Print-Magazine im Monat. Das sah mal ganz anders aus. Heute gibts im Internet alle Informationen, die es braucht. Allerdings gibt es am allermeisten dort auch Spam, Werbung, Hass und Propaganda. Ob sich objektive Wahrheiten durchsetzen, oder Algorithmen? Wahrscheinlich letzteres. Der breiten Masse ist das alles vollkommen egal. Die lesen nicht das Kleingedruckte, die bestätigen jeden Download einfach durch. Ich installiere mir keine Spyware und dazu gehört nun mal auch WhatsApp, aber damit steh ich schon allein auf weiter Flur und muss andauernd drüber quatschen warum, wieso, weshalb…Hach wäre das schön, wieder in den guten alten Zeiten zu sein, wo die Flyer rückseitig unbedruckt waren und man dort Telefonnummern mit Mädels austauschte, mit denen man, wegen der allgemeinen AIDS-Angst, dann sowieso nicht ins Bett gegangen ist…!

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In unserem Interview von 2017 haben wir auch kurz über das leidige Thema der Grauzone gesprochen. Jetzt gerade ist das Thema der Band Weimar! ja in aller Munde und vielleicht könnt ihr mir eine Frage beantworten, da ihr ja Ahnung vom Business habt…wie kann es sein, dass ein Major nicht die wahren Identitäten einer Band weiß, die sie unter Vertrag haben? Das ist doch totaler Bullshit, oder?

Ich denke schon, dass es keine Möglichkeit gibt, beispielsweise als Bongo Dingo Billy einen Vertrag zu unterschreiben. Andererseits sind Nazis ja auch oft Analphabeten und als solche dürfen die dann ja mit Kreuzen oder Kartoffeldruck unterschreiben. Da gäbe es schon Wege, das zu verschleiern.. 🙂 Ich hätte von mir aus bei dem Bandnamen jetzt eher auf Demokraten getippt. Echt schlimm. Nazis  sollten einfach gar keine, oder wenigstens nur Marschmusik hören.

Einer meines Lieblingszeilen vom Album ist: „Trau keinem Mann der Hosenträger trägt und dazu obsolet einen Gürtel anhat“. Wann kommen euch solche Ideen? Im Schreibprozess oder eher wenn ihr durch euer St. Pauli lauft und die Wochenend-Spacken auf der Reeperbahn seht?

So beobachtet auf einem Konzert. Allerdings geht die Zeile auch, wie der ganze Song Süsswasser, auf den Streifen, Spiel mir das Lied vom Tod, zurück. Der dumme Büttel vom Bösewicht rennt so rum und wird deshalb von seinem Boss erschossen. Ein Wahnsinnssong. Mein Favorit sogar.

Das Album erscheint auf SBÄM-Records. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und warum habt ihr Drakkar den Rücken zugekehrt? Für mich persönlich ist Stefan und SBÄM ein echtes Phänomen. Einfach krass was er mit SBÄM geschafft hat.

Ja. Stefan ist ein Macher. Er hatte mich mal angeschrieben und meinte, dass er Bock hätte ein Album rauszubringen. Kurz vorher hatte Drakkar seine Option auf ein drittes Album zurückgezogen. Es stand dem nichts im Wege und Sbäm haben uns echt einen fairen Deal gemacht.

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Mit 17 Songs ist die Scheibe ja auch pickepacke voll. Kam euch nicht auch die Idee ein paar Lieder für die nächste Veröffentlichung zurückzuhalten?

Tatsächlich sind nur 15 Songs aus der Session auf dem Album gelandet. Den Track Buddel voll Rum haben wir auf die Unplugged Session CD draufgepackt. Eine Bonus-Scheibe für das Boxset mit Unplugged Versionen von einigen Ahoi-Songs. Einen anderen wollten wir für Sampler, oder ähnliches aufheben.

Die beiden letzten Alben Licht und Schatten und Stay Rudel – Stay Rebel auf Drakkar sind wesentlich kürzer, als die Neue und da wurden, auf Anraten von Management und Label, Songs aufgespart. Um dann zum Beispiel auf 7“Inch Single B-Seiten zu landen, von denen viele Retouren in Schrottpressen gelandet sind, obwohl wir sie herzlich gerne gekauft hätten. Die Ahoi ist ne runde Sache geworden. Da hätte jetzt keiner Fehlen dürfen.

Vielen Dank, dass es Rantanplan auch nach 26 Jahren noch gibt. Ich hoffe ihr macht weiter und bringt mich immer mal wieder zurück zum Ska, sollte ich mal wieder den Weg der Tugend verlassen. Irgendwelche letzten Worte für unsere Leser*innen?

Eigentlich sind es bald 28. Es macht immer noch am meisten Spaß Konzerte zu spielen. Ich bin dankbar dafür, dass ich das bis heute konnte und durfte und hoffe, dass es noch ewig so weitergehen möge. Ich habe gesunde Kinder, treibe Sport und ernähre mich rein pflanzlich, um nach Gigs dann mal über die Stränge zu schlagen. So 40mal im Jahr. Ich fühle mich schon lange vom Schicksal geküsst, auch wenn Geld, nach wie vor ein knappes Gut ist, lebe ich ein sehr schönes Leben. Das wünsche ich allen da draussen. Danke für das nette Interview!

RANTANPLAN – AHOI TOUR

23.02.2023 (GER) Berlin, SO36
24.02.2023 (GER) Essen, Don’t Panic
25.02.2023 (GER) Hamburg, Markthalle
24.03.2023 (GER) Weinheim, Café Central
25.03.2023 (GER) Köln, Live Music Hall
21.04.2023 (GER) Göttingen, Musa
22.04.2023 (GER) Unterwaldhausen, Querbeat Festival
29.04.2023 (AUT) Wien, Arena
30.04.2023 (GER) Coesfeld, Punk In Den Mai
04.05.2023 (GER) Deutzen, Rock Am Kuhteich
19.05.2023 (GER) Kassel, Goldgrube
20.05.2023 (GER) Bielefeld, Leinenweber Markt
02.06.2023 (GER) Karlsruhe, AKK Sommer Festival
09.06.2023 (GER) Auhausen-Dornstadt, Wudzdog
30.6.-2-7.23 (GER) Seligenstadt, Rock Am Main Open Air

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– Playlist: Happy Release Day

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