WINSTON SMITH – Der Singer & Songwriter im Interview

Interview mit dem Akustik-Punk Künstler Winston Smith aus Unterfranken.

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Lukas aka Winston Smith ist ein Singer & Songwriter aus dem Raum Schweinfurt / Würzburg, der nach einer ersten EP und einer ordentlichen Ladung an Live-Auftritten in Süddeutschland sein Debütalbum Dielive im Juli in Eigenregie veröffentlichen wird.

Da Lukas das gesamte Album komplett selbst finanziert und rausbringt, hat er kurzerhand eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen. Wir hatten Winston Smith zu seinem Solo-Projekt, dem kommenden Album und der damit verbundenen Crowdfunding-Kampagne im Interview.

Interview mit Winston Smith

Eine einzelne Person, die sich unbeeindruckt von ihrer Umwelt darum bemüht, das Richtige zu tun und sich von nichts und niemandem davon abschrecken lässt, Mittel und Wege zu finden, um das auch umzusetzen.

AFL: Hey Lukas, vielen Dank erst einmal für das Interview. Kannst du dich und deine Musik erst einmal für alle, die dich bisher noch nicht kennen, vorstellen?

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Winston Smith: Ich danke dir, Simon. Mein Name ist Lukas, ich bin 24 Jahre alt und studiere in Würzburg Soziale Arbeit. Daneben bin ich außerdem als Musiker unterwegs. Zum einen mit meinem Post-Rock-Projekt HAVEL, derzeit aber hauptsächlich solo als WINSTON SMITH.

Ich habe mir wirklich schon dutzende Male den Kopf zerbrochen, wie man die Musik meines Soloprojekts am besten beschreiben könnte, aber so richtig gute Worte habe ich dafür noch nie gefunden. Man stelle sich einfach einen jungen Mann vor, dem in der Pubertät irgendwie eine Gitarre in den Schoß fällt, plötzlich anfängt zu singen und darin etwas so Magisches findet, dass er nie mehr damit aufhören will.

AFL: Eine Frage, die mich schon länger beschäftigt, ist, wie du auf den Künstlername Winston Smith gekommen bist?

Photo by Simon Winkler

WS: Das ist eigentlich ganz einfach erklärt. Ich brauchte damals einen Künstlernamen und wollte mich nicht „Lukas Pfeuffer“ nennen, weil mir das einfach viel zu uninspiriert vorkam. Deswegen habe ich dann ein paar Tage überlegt und mir gedacht, wie cool doch eine Romanfigur als Name für mein Soloprojekt wäre. Zu der Zeit war die Kunst für mich sehr wichtig und ich habe mich schlussendlich für „Winston Smith“ aus George Orwells Roman „1984“ entschieden. Rückblickend hätte ich mich – was die Message angeht – allerdings viel lieber nach Aldous Huxleys Titelfigur „John Savage“ benannt.

Im Prinzip sind aber beide Charaktere bezeichnend für meine Idee von einem Vorbild: Eine einzelne Person, die sich unbeeindruckt von ihrer Umwelt darum bemüht, das Richtige zu tun und sich von nichts und niemandem davon abschrecken lässt, Mittel und Wege zu finden, um das auch umzusetzen. Dazu gehört die Bereitschaft, sich mit seinen eigenen Gedanken und Gefühlen auseinanderzusetzen, ein ruhiges Herz und das Gegenteil von Arroganz. Das macht für mich einen wahren Helden aus. Nicht Leute, die Steine auf Polizisten schmeißen oder Autos anzünden, um da meine Meinung mal sehr deutlich zu sagen. Diese Frage nach einem „guten Leben“ war für mich seit meiner Jugendzeit eigentlich sehr prägend und spiegelt sich jetzt eben in WINSTON SMITH wider.

AFL: Du warst ja auch in diversen Hardcore-Bands aktiv. Wie kam der Sprung vom Hardcore zum Akustik-Punk?

WS: Dazu vielleicht einfach nur ein halbes Dutzend Namen:
Brian Fallon, Dave Hause, Chuck Ragan, Frank Turner, Joey Cape und Tony Sly.

AFL: Haha, genau auf die Namen hätte ich auch getippt! Im Juli wird dein erstes Album DIELIVE erscheinen. Was steckt hinter dem im Kontrast stehenden Albumtitel?

WS: Ok, ab hier wird es jetzt richtig deep und interessant. Ich kann echt jeden verstehen, der sich das Folgende nicht reinzieht, aber ich wurde gefragt und deshalb gibt es jetzt hier auch eine ausführliche Antwort.

Ich habe mich für den Albumtitel aus zweierlei Gründen entschieden. Erstens zeigt er das dualistische Spannungsfeld auf, in dem wir Tag für Tag stehen. Richtig und falsch, hässlich und schön, gut und schlecht. Und wir streben immer eines dieser Extreme an, während wir uns mental gegen den anderen Pol zur Wehr setzen, wenn wir uns zum Beispiel sagen, dass wir nicht ängstlich sein dürfen oder man sich nicht so oder so fühlen oder verhalten darf. Aber wir fühlen und verhalten uns eben doch so. Pure Selbsttäuschung und dazu noch Zündstoff für innere Konflikte. Die vermeintlich „richtige“ und „falsche“ Kategorie ist von unserer eigenen Psyche geschaffen und so stehe ich quasi unaufhörlich in dem Konflikt zwischen meinen Idealvorstellungen der Dinge und ihrer tatsächlichen Beschaffenheit. Man kann das ganz einfach an sich selbst beobachten, wenn man sich einmal die Zeit dafür nimmt, genau darauf zu achten, wie oft man emotional auf Situationen und Personen reagiert. Zum Beispiel, wie oft man sich am Tag ärgert. Wenn man das für nur einen Tag macht, wird man feststellen, wie viele Konflikte eigentlich in uns brodeln. Ziemlich komisch, sowas zu hören? Der zweite Gedankengang ist noch unkonventioneller.

Hier geht es um die tatsächliche Beschäftigung mit den Worten „die“ und „live“. Viele Menschen trennen die Begriffe Sterben und Leben voneinander, so als wären diese voneinander völlig unabhängigen Konzepte. Das Leben kommt jetzt und der Tod wartet irgendwo ganz weit weg und hat für die meisten von uns absolut nichts mit diesem Moment hier zu tun. Das ist aber ein Irrglaube.

Was bedeutet es eigentlich zu sterben? Bedeutet das nicht, dass ich alle Sachen, die ich angehäuft habe, meine Bindungen, meine Ängste und Vergnügungen loslassen muss? Und dieser Moment wird kommen. Für jeden von uns. Und wir fürchten uns ganz schrecklich davor und wissen nicht, wie man damit umgehen soll und schieben diese Vorstellung daher möglichst weit weg. Aber nur weil man etwas unter den Teppich kehrt, ist das Problem nicht verschwunden. Vielleicht ist das sogar das einzige Problem, das der Mensch überhaupt hat: „Wie soll ich damit umgehen, dass ich alles, was mir jetzt Halt gibt, früher oder später loslassen muss?“ Und so ist es doch ganz elementar zu fragen, ob man diese Aufgabe nicht bereits jetzt, in diesem Moment – ganz gelassen und ohne Angst – angehen kann: jeden Konflikt, jeden Druck, jede Abhängigkeit – alles loszulassen. Es ist sehr interessant, was passiert, wenn man sich sehr eingehend mit dieser Frage beschäftigt.

Das ist die zentrale Thematik des Albums. Wer bis hierhin mitgelesen hat und das alles interessant findet, sei ganz unbedingt auf einen Lesetipp hingewiesen: Jiddu Krishnamurti.

AFL: Du hast zur Finanzierung des Albums eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Wie kam die Idee und wie läuft die Kampagne bisher?

WS: Schön, dass du es ansprichst. Da ich als Student wirklich immer knapp bei Kasse bin, hätte ich die Kosten für mein Debut-Album alleine niemals tragen können. Ich war sozusagen echt angewiesen auf die Hilfe von außen. Eine Möglichkeit wäre natürlich noch meine Freundin und Familie gewesen, aber wer pumpt schon gerne andere für größere Geldbeträge an? Mehr zufällig habe ich dann von der Möglichkeit des Crowdfundings gelesen und fand die Idee absolut grandios. Und so bin ich das Projekt dann mit einer Hand voll Freunden angegangen und wir haben einfach auf das Beste gehofft.

Als es dann endlich losging, war ich bereits nach wenigen Tagen absolut überwältigt von dem unfassbaren Support, der mir entgegengebracht wurde. Nach nur 3 Tagen waren wir schon über der 450€-Marke drüber und nach der ersten Woche waren wir bereits bei 750€, was ich niemals gedacht hätte.

Aktuell stehen wir bei 1.198€ und ich bin wirklich sprachlos. Ich habe noch nie zuvor von einem Musiker gehört, der ohne Label bereits alle Kosten wieder drin hatte, noch bevor er die erste CD überhaupt in den Händen gehalten hat. Und dafür möchte ich mich ganz herzlich bei allen meinen lieben Freunden, die mich so engagiert unterstützt haben, bedanken.

Wer Lust darauf bekommen hat, sich meine Crowdfunding-Seite einmal anzusehen oder mich vielleicht auch noch mit dem einen oder anderen Euro unterstützen möchte, kann mich gerne hier besuchen kommen: www.startnext.com/winstonsmith

AFL: Welche Bands und Künstler würdest du denn als deine musikalischen Einflüsse nennen? Und welche Themen behandeln deine Songs?

WS: Ich höre irrsinnig gerne die Solonummern von BRIAN FALLON. Damit könnte ich Stunden verbringen und ich würde nicht ein einziges Mal nach einer zweiten Gitarre schreien. Zusammen mit DAVE HAUSE ist das sicherlich mein Haupteinfluss. Die restlichen Solokünstler aus der Singer/Songwriter-Ecke habe ich ja zuvor schon einmal genannt. Aus anderen Musikrichtungen haben mich zum Beispiel LA DISPUTE absolut umgehauen. Das Wildlife-Album von 2011 ist für mich mit Abstand das faszinierendste Stück Musik, das je auf eine CD gepresst wurde. Zurzeit höre ich außerdem gelegentlich Post-Rock, einiges an Hip-Hop und ab und an kommen mir auch wieder HATEBREED und RAISED FIST in den CD-Spieler. Ansonsten laufen standardmäßig viele Staples aus dem HC- und Punk-Bereich auf meinem mp3-Player, wie z.B. RISK IT, BAD RELIGION, THE BOUNCING SOULS oder DOWN TO NOTHING. Textlich fühle ich mich natürlich immer noch bei THE FIRST STEP und HAVE HEART zu Hause.

Was meine eigenen Lyrics angeht, denke ich, dass meine Affinität zu diesem großen Themenblock „Selbstverständnis“ im Laufe des Interviews bereits herausgekommen ist. Abseits davon geht es bei mir zum Beispiel um Konsumkritik, Tierrechte, Kriege, gesellschaftliche Zwänge und inneren Frieden.

AFL: Was für Ziele verfolgst du mit Winston Smith beziehungsweise was ist dein größter Traum, den du als Künstler erreichen möchtest?

WS: Ich denke da in kleinen Kategorien. Ich freue mich jetzt aktuell erstmal auf das erste Merch und das kommende Album, das es ab Sommer zu kaufen gibt. Toll wäre es, wenn ich noch eine zweiwöchige Tour im September dranhängen könnte und damit wäre ich eigentlich auch schon ziemlich zufrieden.

Meine Idealvorstellung für die Zukunft? Regelmäßig Shows zu spielen und ab und zu von Leuten nach einem Gig sowas gesagt zu bekommen wie:

„Ey man, ich hab‘ deine CD! Die läuft zurzeit bei mir im Auto rauf und runter! Richtig geil!“

AFL: Du bist ja selbst auf vielen Shows anzutreffen. Ich verfolge seit längerem, dass das Publikum immer älter wird und nur sehr wenig junge Menschen Zugang zur Live-Musik finden. Wie siehst du das? Was ist der Grund dafür?

WS: Ich muss gestehen, dass ich bei mir selbst auch schon die Tendenz feststellen konnte, immer weniger Shows zu besuchen. Ich bin mir nicht sicher, aber ich könnte mir vorstellen, dass die Generation Smartphone das echte Erlebnis generell nicht mehr so wertschätzen kann wie die Kids noch vor 10 Jahren. Aussterben werden Live-Shows aber trotzdem nicht. Es werden sich immer einige Menschen zusammenfinden, die Bock haben. Keine Technik der Welt ersetzt die Erfahrung eines echten Konzertabends.

AFL: Vielen Dank für das Interview, Lukas! Die letzten Worte gehen raus an dich!

WS: Nochmals vielen Dank an dich, Simon! Das ist ganz groß, was du für die kleineren Bands und die Szene im Allgemeinen leistest! Im Zuge dessen möchte ich mich auch nochmal ganz herzlich bei allen Menschen bedanken, die mich in der Vergangenheit, vor allem aber der jüngeren Vergangenheit, so unfassbar unterstützt haben. Das bedeutet mir die Welt! Danke.

Unterstützt Winston Smith mit seiner Crowdfunding-Kampagne hier.

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– Playlist: Happy Release Day

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