Haben Comeback Kid nicht gerade erst ihr neues Album veröffentlicht? Sind Stick To Your Guns nicht erst später dieses Jahr dran? Nein, Moment… das ist das neue Werk von Arrow Minds aus Deutschland und das klingt verdammt nach den Vorbildern. Das ist dann auch Fluch aber vor allem auch Segen zugleich.
Worrier heißt das zweite Album der Band aus Rostock und wird Ende März auf Dead Serious Records veröffentlicht. Insgesamt umfasst die Scheibe 11 Songs in 35 Minuten Spielzeit.
Als Referenzen werden in der Bandinfo zwar Strike Anywhere, Avail und Architects genannt, das kann man aber getrost wieder streichen, weil der Sound der Band dafür zu wenig Punk, zu wenig Metal und einfach zu viel Hardcore ist. Dafür darf man Worrier getrost zwischen die Diskographien der beiden einleitend genannten Referenzen oder auch neben die Platten von Polar einsortieren.
Schon bei dem eröffnenden Titeltrack fallen die extrem variablen Vocals auf. Hardcore Shouts, sich überschlagender Sprechgesang, melodisches Schreien bis Clean Gesang überlagern sich in den Songs zum Teil mehrfach. Sehr angenehm ist, dass die Stimme einfach natürlich klingt und keine Autotune-Arien abgeliefert werden. Im Gegensatz zu den genannten Vorbildern wird auf massive Crewshouts verzichtet, was tatsächlich an einigen Stellen wirklich fehlt. Ansonsten hätten Arrow Minds mit 20 Decibels, das sich mit der Black Lives Matter Bewegung beschäftigt, definitiv ihr Wake The Dead abgeliefert. Dafür finden sich immer wieder Chöre, die sofort ins Ohr gehen.
Ein weiterer Unterschied zu den Referenzen ist, dass auf die sonst genre-üblichen Moshparts verzichtet wird. Nach dem klassischen Build-up im C-Teil folgt das Break, aber dann eben kein Sub-Bass eingeleiteter Pit-Opener, sondern eher ein Schwenk in ein Punkrock Motiv. Die Faust bleibt also oben, anstatt im Kreis geschwungen zu werden. Hier blitzen gerne dann doch mal härtere Strike Anywhere oder Rise Against durch.
Mit Hands of Gold zur Mitte der Platte beweisen Arrow Minds, dass sie es auch etwas ruhiger angehen lassen können. Man stelle sich einen härteren Sights & Sounds Song auf einer Comeback Kid Platte vor. Überhaupt, die Hauptstimme erinnert verdammt an Andrew Neufeld, im positiven Sinne.
Die Produktion ist gut, modern und sehr dicht. Dabei ist der Sound je nach Setup relativ bass-lästig. Das Schlagzeug wird von Bass Drum und Snare dominiert. Kombiniert mit viel Kompressor führt dies dazu, dass der Sound manchmal etwas matschig und wenig transparent rüberkommt.
Durch die häufig gedoppelten Stimmen, die zum Teil auch noch mit einem leichten Distortion Effekt belegt sind, sind die Texte dann recht schwer herauszuhören. Es lohnt also ein Blick ins Booklet, um zu verstehen, was sich hinter Titeln wie NSFW, Jizztory, EC110010 und Flirtatious C verbirgt. Die Lyrics schwanken zwischen politisch-sozialkritisch und persönlich.
Ob ein Song mit dem Titel Fridays or Future inklusive Greta Thunberg Sample vielleicht ein wenig zu plakativ ist, kann man vermutlich geteilter Meinung sein.
We must flood the streets
Before the streets are flooded
By all their inaction
Generell gibt es einen qualitativen Unterschied zwischen der A-Seite und der B-Seite. Flirtatious C ist der einzige Song, der mit nur einer einzelnen durchgehenden Vocal Stimme auskommt, und ein etwas beliebiger Punk Rock Song. Auch King Of The Wire ist nicht das stärkste Stück zum Abschluss. Damit liegen die beiden schwächsten Stücke am Ende der Tracklist.
Insbesondere auffällig ist der Unterschied zwischen den beiden Hälften der Platte aber, weil der Start so famos ist und die ersten fünf Songs allesamt derbe Hits sind. Nur dieses sehr hohe Niveau hält sich nicht bis zum Schluss.
Fazit
Möchte man etwas kritisieren, dann sicher eine fehlende Eigenständigkeit. Vieles auf Worrier hat man irgendwie schon mal gehört. Aber das wird von Arrow Minds auf ihrem zweiten Album auch auf einem verdammt hohen Niveau neu kombiniert. Worrier muss sich vor keinem Release aus Übersee verstecken. Die Songs sind allesamt auf den Punkt gebracht. Viele kleine Ideen machen die Songs auch bei mehreren Durchläufen interessant: hier ein Break auf der 4, da kleine Versatzstücke, eine alternative Bridge, mehrere zweite gegenläufige Stimmen. Und vor allem haben alle Songs Melodien, die ins Ohr gehen und einen Punch, der einen mitreisst.
Fans der genannten Bands können hier bedenkenlos zugreifen und werden bestimmt nicht enttäuscht.
Tracklist
- Worrier
- Misery Loves Company
- 20 Decibel
- NSFW
- Hands Of Gold
- Jizztory
- Fridays For Future
- EC110010
- Suicide Sirens
- Flirtatious C
- King Of The Wire