Zwar ist es schon einige Zeit her, dass ich Bands wie die Cockney Rejects aktiv gehört habe, doch würde ich mein längst verschollenes last.fm Profil von 2008 herauskramen, die Engländer würden es sicherlich in die Top 3 meiner meist gehörten Bands schaffen. (Wahrscheinlich gleich hinter Cock Sparrer und Vanilla Muffins – das waren noch Zeiten). Doch trotz aller Sympathien für die Jungs aus London habe ich es in all den Jahren leider nie geschafft, sie live zu erwischen. Dieser Umstand sollte sich nun endlich am 14. September ändern, als die Briten im Replugged in Wien aufspielten. Auch wenn ich bestimmt nicht mehr so textsicher bin wie früher, den Refrain zu Police Car bekomme ich auch heute noch einwandfrei hin. Also hieß es dem Anlass entsprechend sein schickstes Karohemd aus dem Kleiderschrank hervorzuholen, denn heute war Oi Punk angesagt!
Ebenso lange wie ich die Rejects schon nicht mehr gehört hatte, war ich auch schon nicht mehr im Replugged gewesen, der heutigen Location. Nach kurzen anfänglichen Navigationsschwierigkeiten konnte das Lokal dann aber doch wieder recht schnell gefunden werden. Die erste Band des heutigen Abends (Freigang) hatten wir bereits verpasst, doch kurz vor dem Start der zweiten Band Dealer’s Choice fand man sich pünktlich vor der Bühne ein. So dachten wir jedenfalls. Denn obwohl die Wiener jeden Moment beginnen hätten sollen, war noch nicht einmal der Soundcheck absolviert. So dauerte es rund eine halbe Stunde länger, bis die Jungs mit ihrem Streetpunk loslegen konnten. Das taten sie dann auch und den bereits anwesenden Besuchern schien der Sound zu gefallen. Die meisten fokussierten sich aber eher auf Bier trinken und anerkennendes Kopfnicken. Es dauerte daher fast bis zum Schluss, bis sich die ersten Tanzfreudigen zum Pogo aufraffen konnten.
Der ursprüngliche Timetable war zu diesem Zeitpunkt bereits völlige Makulatur, demzufolge betraten nun auch die Slowenen G.U.B. mit reichlich Verspätung die Bühne. Auch hier gab es wieder schwungvollen Punkrock auf die Ohren, dennoch zog man sich nach ein paar Minuten in den Barbereich in der oberen Etage zurück. Zu dieser späten Stunde hieß es noch einmal Kräfte sparen für die Rejects, man wird ja auch nicht jünger.
„Alter“ ist eigentlich ein gutes Stichwort, schließlich haben die Rejects mittlerweile auch schon respektable 40 Jahre Bandgeschichte auf dem Buckel. Und wenn es denn wahr ist, war das die erste Show von ihnen in Wien seit 18 Jahren (ich bin mir ziemlich sicher, dass sie 2011 beim Teenage Riot Festival spielen hätten sollen, ich kann aber nicht sagen ob der Auftritt stattgefunden hat – anscheinend nicht). Dieser Umstand lockte auch einen wirklich buntgemischten Mix an Generationen ins Replugged. Und egal ob „jung“ oder „nicht mehr ganz so jung“, alle waren jetzt motiviert für die Rejects!
Das Warten hatte nun ein Ende und als die Cockney Rejects die Stage enterten, wurden sie frenetisch empfangen. Ohne große Umschweife legten die Briten auch gleich top motiviert los und mit War On The Terraces wurde die britsche Oi-Punk Party gebührend eröffnet. Auch das Publikum war vom Start weg voll mit dabei und so machte sich schnell eine ausgelassene Stimmung breit. Selbstredend inklusive angemessenem Pogo an vorderster Front. In weiterer Folge wurde so ziemlich jeder „Evergreen“ der 40-jährigen Bandgeschichte zum Besten gegeben, der eben in so einer Setlist von ca. 75 Minuten Spielzeit Platz findet. Besonders bei Nummern wie We Are The Firm, Police Car oder The Power And The Glory wurde inbrünstig mitgesungen, während der ein oder andere dabei sicher in Erinnerungen an längst vergangene Tage schwelgte. Die sportlichste Performance des Abends legte aber zweifelsohne Sänger Jeff „Stinky“ Turner hin, der unermüdlich auf der Bühne im Einsatz war. Der hüpfte von einem Ende der Bühne zum anderen und stoppte dabei lediglich, um ein paar Boxkombinationen in die Luft zu schmettern. Ein Topanwärter für den Weltmeistertitel im Schattenboxen.
There ain’t no fuckin‘ Freedom – Riot!
Zwischendurch gab es auch immer wieder Ansprachen von Jeff, die aufgrund des Cockney Dialekts natürlich nicht ganz so leicht zu verstehen waren. Es gab ein paar Anekdoten aus der Bandgeschichte und wenn ich das richtig verstanden habe, wurde ihnen auch ein Flug gestrichen am heutigen Tag. Das würde dann natürlich auch die Verspätung erklären. Jedenfalls war die Stimmung unter den ca. 200 Anwesenden weiterhin sehr gut und fand bei Join The Rejects ihren vorläufigen Höhepunkt. Es dauerte aber nicht lange, bis mit I’m Forever Blowing Bubbles noch eine Schippe draufgelegt werden konnte. Man muss nicht unbedingt ein Sympathisant der Hammers sein, um bei der Vereinshymne von West Ham United mitsingen zu dürfen. Zumindest nicht hier und heute. Und das taten die Anwesenden auch lautstark. Falls jemand vergessen haben sollte, um was für ein Konzert es sich heute handelte, wurde er oder sie spätestens bei der letzten Nummer wieder daran erinnert: Oi! Oi! Oi!
Treffender konnte man einen sehr unterhaltsamen Auftritt dann auch nicht mehr abschließen. Es hat richtig Spaß gemacht, die alten Klassiker endlich mal live zu erleben. So konnte man zwar schon etwas müde, aber dennoch sehr zufrieden den Heimweg antreten. In diesem Sinne, ein letztes: Oi Oi Oi!
Hier noch zwei Videos von der Show: