Freidenkeralarm auf dem Punk for Help

Freidenkeralarm haben gerade zur Anfang der Corona-Krise ihre EP antifaschistisch, solidarisch, laut! veröffentlicht (Review hier). Sicherlich nicht so optimal, zu mal die drei Bandmitglieder aus Trier vor allem DIY unterwegs sind. Ein kleines Interview sollte aber drin sein. Viel Spaß damit! Supportet die Band und hört mal rein!

Für alle Leser da draußen, die die Band unter Umständen nicht kennen: Wer seid ihr, wie lange gibt es euch schon?

Moin, wir sind Fergo, Tim und Bob von der Polit-Punk Band Freidenkeralarm aus Trier und wir haben uns im Jahr 2016 gegründet.

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Irgendwo, ich glaub im Plastic Bomb, habe ich gelesen, dass euer Bandname für etwas Irritationen sorgte. Und auch mir gings in erster Instanz so und hatte den Verdacht, es gäbe Deutschrock oder so was für Aluhüte. Wie kamt ihr auf den Namen und warum ist der Name besser als sein Ruf?

Ganz zu Anfang der Band war eines unserer ersten Cover der Song „Freidenkeralarm“ von Tut das Not, nachdem wir uns letztlich auch benannt haben. Wir sehen den Namen einerseits im Sinne seines Ursprungs, nämlich frei von jeglichen autoritären Strukturen gesellschaftliche Konstellationen, uns selbst und die Welt um uns herum zu reflektieren. Und andererseits begreifen wir den Namen als eine Art satirischen Angriff auf all die Schwurbler*innen da draußen, die meinen sie hätten die eine Wahrheit gefunden, obwohl sie gleichermaßen von reaktionären und autoritären Strukturen sowie Tendenzen durchzogen sind.

Bringen wir die Corona-Frage gleich zu Beginn. Auch euch hat es eure Releaseshow gekostet, die Veranstaltungsbranche steht quasi vor dem Aus und auch sonst ist alles ziemlich krass momentan. Wie schwer hat es euch getroffen und wie geht ihr mit der Situation um?

Wie du bereits geschrieben hast, hat uns die Situation unsere Releseshow der dritten EP gekostet und wir mussten an die 30 weitere Shows absagen. Die Absagen haben uns insofern hart getroffen, da wir ohne jegliche Unterstützung von Agenturen etc. ein ganzes Jahr diese DIY-Tour geplant hatten und unser ganzes Herzblut dort hineingeflossen ist. Finanziell war es glücklicherweise kein großer Verlust für uns, von daher sind wir da relativ privilegiert und wollen auch nicht groß rumheulen. Wir sind einfach nur unglaublich froh, dass wir und unser Umfeld gesund geblieben sind, alles andere wurde da nebensächlich. Aber du hast natürlich absolut recht, für den Großteil der musikalischen sowie künstlerischen Branche ist diese Situation einfach mega beschissen und da ist halt jetzt auch aufgrund der eher bescheidenen Politik eine Menge zivilgesellschaftliche Solidarität gefragt.

Freidenkeralarm - Antifaschistisch, solidarisch, laut! (2020)
Freidenkeralarm – Antifaschistisch, solidarisch, laut! (2020)

Den musikalischen Stinkefinger gibts auf der EP vor allem für Nazis, auf dem Cover finden sich aber vor allem Politiker und der Papst. Wie kamt ihr auf die Idee? Was soll das Cover ausdrücken?

Das Cover soll unsere Wut über vieles ausdrücken und Nazis sind dabei nur ein Teil davon. Wir bilden mit den verschiedenen Personen auf dem Cover Personifizierungen für die Themen ab, die uns die letzten Jahre besonders abgefuckt haben. Matteo Salvini steht bspw. wie kein zweiter für die unsägliche rassistische Politik, die in der EU bezüglich der vielen flüchtenden Menschen, die im Mittelmeer ertrinken, gang und gäbe ist. Der Papst repräsentiert als Oberhaupt der katholischen Kirche eine Institution, in der Kindesmissbrauch und Homo- sowie Transphobie an der Tagesordnung stehen. Das Cover soll einerseits den Themen, die wir ansprechen, ein Gesicht geben aber andererseits auch dazu anregen, dahinterliegende Strukturen zu erkennen und sich aktiv gegen diese einzusetzen. Seien es nun Rassismus, Sexismus, Nationalismus, Faschismus, Homophobie, Antisemitismus oder die absolute Unfähigkeit der sogenannten „Mitte“, eigene Diskriminierungsstrukturen zu reflektieren. Die Liste ist lang und Arschlöcher gibt es ja leider wie Sand am Meer.  

Erzählt mal was über den Entstehungsprozess der EP…

Die Songs sind über einen langen Zeitraum entstanden, Festung Europa und der Bischof sind beispielsweise schon wesentlich älter als die anderen. Der Entstehungsprozess war aber auf jeden Fall besonders, weil es der erste größere Songwriting-Prozess mit unserem zu diesem Zeitpunkt neuen Gitarristen Tim war. Wir haben uns während des Entstehungsprozesses dieser Platte auf vielen Ebenen weiterentwickelt und verbinden trotz der aktuell schwierigen Situation nur gute Gefühle mit dem Songwriting für die EP.

Seid ihr zufrieden mit der EP? Wie sind die Reaktionen bisher?

Wir haben größtenteils echt viel Liebe und Anerkennung für die Platte erhalten und sind unfassbar stolz auf das Endergebnis. Wir hoffen dementsprechend, dass diese EP noch eine würdige Releaseshow bekommt und wir sie vielleicht sogar auf einer Tour raus in die Welt tragen können.

Ich hatte es auch schon im Review angesprochen… Warum eine EP und kein vollwertiges Album?

Die Antwort darauf ist recht einfach: wir hatten nicht genug Geld. Der Prozess für die Produktion eines Albums hätte sich dementsprechend wesentlich länger gezogen und wir wollten die Songs, die wir dann im Herbst letzten Jahres zusammen hatten, nicht länger zurückhalten.

Sucht ihr eine Plattenfirma oder wollt ihr weiter independent eure Mucke an die Meute bringen?

Also wir sind grundsätzlich sehr zufrieden damit, vollkommen unabhängig von einer Plattenfirma, unser Ding machen zu können. Wir hatten auch vor Corona tatsächlich nicht den Wunsch, dahingehend irgendwo unterzukommen und wollen diese Band weiterhin so gut es geht DIY laufen lassen. Wir planen sogar, bei den Aufnahmen in Zukunft noch etwas unabhängiger zu werden und unserem Producer Mastermind David von Veracious Audio etwas Arbeit beim Recording abzunehmen. Aber grundsätzlich sind wir jetzt erstmal darauf fokussiert weiter gut durch diese Krise zu kommen.

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Mir fehlen etwas die heiteren Momente auf der Platte, die ich eigentlich nur beim Kurzsong „Lieber Blümchen als Böhse“ gefunden habe. Insbesondere weil es im Promotext heißt: „Bei all der Ernsthaftigkeit lässt die Trierer Combo auch den Spaß und die Selbstkritik nicht zu kurz kommen, was sich in Songs wie „Bier gegen Nazis“, „Alu-Hut“ oder „Verbrenn dein Geld“ niederschlägt.“ Alles Songs von den vorigen EPs. Warum der Ernst oder entging mir was?

Die heiteren Songs sind tatsächlich dieses Mal etwas kürzer gekommen und das hat vor allem damit zu tun, dass uns schlicht nicht nach viel Witz während des Entstehungsprozesses zu Mute war. Wir hatten einfach nicht das Gefühl und tatsächlich auch nicht die Ideen, welche Themen da jetzt gut zu verpacken gewesen wären. Und auf so gezwungen pseudolustigen Kram haben wir auch keinen Bock, wenn es da doch so viel ungerechte Scheiße überall um uns herum gibt, die unserer Meinung nach auch als solche benannt werden sollte. Was aber nicht heißen soll, dass wir uns völlig vom Sarkasmus und der Polemik verabschiedet haben. Da wird noch einiges kommen 😉

Warum eine zweite Version von Festung Europa als letzter Song?

Das Sterben im Mittelmeer und der europäische Rassismus sind nun schon so lange Thema und es ist immer noch keine Besserung in Sicht. So viele Menschen kämpfen tagtäglich um ihr Leben, Seenotretter*innen werden kriminalisiert und in Deutschland wird zum Beispiel die Wiederaufnahme der Bundesliga heißer diskutiert als all das Leid, dass an der EU-Außengrenze stattfindet. Wir wollten auch mit dieser Version, die übrigens schon auf unserer streng limitierten Sea-Watch-Soli Single, die im Februar 2019 erschien, zu hören war, ein weiteres Zeichen dafür setzen, dass sich jetzt endlich mal etwas ändern muss. Dementsprechend denken wir, dass diese Akustik-Version als Abschluss der Platte nochmal als eindringlicher Appell dient, sich für Geflüchtete stark zu machen und all diese Ungerechtigkeit nicht zu akzeptieren.

Eure Texte sind straight und gerade aus. In ihrer Kompromisslosigkeit erinnern sie ein bisschen an Alarmsignal und ZSK. Sind das auch so eure Einflüsse? Wer hat euch noch beeinflusst?

Um mal damit aufzuräumen: Wir hören alle nicht wirklich ZSK und sie hatten auch bis heute keinen Einfluss auf unser musikalisches Schaffen. Dennoch finden wir es echt nice, was Joshi und Co. bisher an stabilem Antifaschismus in die Welt getragen haben. Im Endeffekt sind wir einfach nur drei Dudes, die aus den unterschiedlichsten Genres kommen und deswegen sind die Einflüsse da manchmal nicht so leicht zu benennen. Unser Drummer Fergo hört beispielsweise sehr gerne Turbostaat, aber auch viel Postcore und lässt sich dort inspirieren, während Tim an der Gitarre hauptsächlich Einflüsse aus dem Metalbereich und gesanglich bei Bad Religion findet. Bobs Bassspiel ist maßgeblich vom famosen Chris #2 von Anti-Flag geprägt und textlich ziehen sich die Inspirationen insbesondere aus den vielen tollen Menschen, die wir über die letzten Jahre kennenlernen durften.  

Ok, kommen wir nun zu dem beliebten Spiel „Wähle eines aus und begründe deine Wahl“

Ox oder Plastic BombOx!

Ärzte oder HosenÄrzte!

Frei.Wild oder Böhse Onkelz (Blümchen vs. Böhse wäre dann doch zu einfach)  Keine Deutschrock-Macker, kein Problem 😉

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Karlsberg oder BitburgerKarlsberg! Tim eskaliert grad völlig 😀

Donald Trump oder Boris JohnsonComputer sagt nein.

Und nun noch eure “Blitz”-Gedanken (ok, ich kanns ja nicht kontrollieren…) zu folgenden Themen:

BrexitNationalistischer Schrott.

Away from LifeBeschte!

Punks and Skins UnitedHatten wir tatsächlich noch nicht viel mit zu tun. Was nicht ist, kann aber noch werden.

Festung Europazerschlagen!

Biergegen Nazis.

Ok, das wars auch schon. Hier ist noch Platz für eure letzten Worte, Grüße oder was euch gerade einfällt…

Solidarische Grüße gehen raus an die Menschen in Polen und Weißrussland, die aktuell um ihre Freiheit kämpfen. Und natürlich auch an all die, die von der aktuellen Krise schwer betroffen sind. Niemals schweigen, raus auf die Straßen. Es gibt so viele Dinge für die es sich zu kämpfen lohnt. Antifaschistisch, solidarisch und laut!

Freidenkeralarm – Nie wieder Faschismus
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– Playlist: Happy Release Day

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