Stza ist eine der prägendsten Figuren des Crack Rock Steady und seit Jahrzehnten laut, unbequem und kompromisslos. Im Gespräch mit AWAY FROM LIFE spricht er über die Ursprünge des Genres, Polizeigewalt, Humor als Überlebensstrategie, Gatekeeping in der Szene und den Preis von DIY.
Dabei wird klar: Stza ist nach wie vor mehr als nur Musiker – er ist eine kompromisslose Stimme mit Haltung, politischem Bewusstsein und rauem Charme.
Das Gespräch wurde auf Englisch geführt und im folgenden Text sinngemäß ins Deutsche übertragen.
Das Interview
Ich glaube, politische Fortschritte brauchen auch extreme Stimmen.
Jil: Ich sitze hier mit Stza von Leftöver Crack. Ich denke, man muss da nichts beschönigen – du warst schon immer laut, wild, anti-autoritär, anti-kapitalistisch und anti-Cops. Stimmt das?
Stza: Ich bin laut, und ich bin wild, wenn’s nötig ist. Zum Beispiel auf der Bühne, klar. Aber nicht im Alltag – nicht in der Buchhandlung oder der Bibliothek.
Jil: Aber bei Demos schon?
Stza: Ja, manchmal musst du laut und wild sein, um deinen Punkt klarzumachen.
Jil: Was bedeutet Crack Rock Steady heute für dich? Ist das noch eine Bewegung oder nur ein Spruch auf einem Shirt?
Stza: Ursprünglich war das einfach ein Stil – Ska-Punk, nur hektischer, politischer und extremer. Wir haben Hardcore, Metal und Death Metal reingemischt. Es war das Gegenteil von Rocksteady: nicht laid back, sondern aufgewühlt. Ob es eine Bewegung war? Schwer zu sagen. Ich habe es nie so gesehen. Aber wenn du in einer Crack-Rock-Steady-Band spielst, sollten deine Texte links und anarchistisch sein. Das ist irgendwie Teil davon. Aber es war nie gedacht, größer als andere Musikrichtungen zu sein.
Jil: Besteht die Gefahr, dass Slogans wie Kill Cops zum reinen Statement werden, ohne Inhalt? Oder ist diese Direktheit Teil der Methode?
Stza: Ich glaube, politische Fortschritte brauchen auch extreme Stimmen. Ohne Malcolm X hätte es den Erfolg von Martin Luther King vielleicht nicht gegeben. Das System muss sich bedroht fühlen, um sich zu bewegen. Wenn Polizisten Menschen ungestraft ermorden, dann braucht es auch Leute, die klar sagen: Wenn ihr mordet, müsst ihr mit Konsequenzen rechnen. Die Empörung ist oft einseitig: Wenn ein Cop stirbt, ist das eine Tragödie. Aber was ist mit den Unschuldigen, die durch Cops sterben? Das ist die eigentliche Tragödie.
Jil: Gab es Momente, wo die Wut überhandnahm, bevor die politische Klarheit da war?
Stza: Sicher war ich wütend, bevor ich alles verstanden habe. Aber ich habe versucht, nichts zu schreiben, bevor ich mir sicher war. Trotzdem spürt man oft im Bauch, wenn etwas falsch läuft. Auch wenn man nicht alle Fakten hat, kann es wichtig sein, darüber zu reden.
Jil: Gibt es Proteste oder Bewegungen, von denen du dich heute distanzierst?
Stza: Ich habe generell Probleme mit organisierten Protesten. Oft laufen Leute mit, ohne genau zu wissen warum. Dann entstehen Hexenjagden gegen Leute wie mich, von denen man sagt, sie seien problematisch. Beim George-Floyd-Protest haben Leute online Dinge über mich behauptet, bevor ich überhaupt wusste, was los ist.
Jil: Humor ist ein wichtiger Teil deiner Musik. Ist das ein Überlebensmechanismus oder einfach Chaos?
Stza: Beides. Revolutionäre brauchen Humor. Wenn Leute zu ernst oder militant sind, schreckt das andere ab. Mein Coping-Mechanismus ist Humor. Wenn du nicht lachen kannst, gehst du kaputt. Und: Humor ist eine Waffe gegen Faschismus.
Jil: Gibt es Texte oder Momente in deiner Diskografie, bei denen du heute lachen musst, weil sie so übertrieben sind?
Stza: Ja. Definitiv. Aber gerade diese Übertreibung ist manchmal nötig. Ich selbst bin nicht gewalttätig, aber vielleicht inspiriert das trotzdem jemanden zum Nachdenken.
Jil: Ist die Punk- und Hardcore-Szene heute mehr mit Gatekeeping beschäftigt als mit echtem Protest?
Stza: Ja, total. Ich fühle mich oft nicht willkommen. Leute bekämpfen lieber einander auf Shows als die echten Gegner. Und die Gatekeeper haben keinen Humor.
Jil: Wo ziehst du die Grenze zwischen DIY und Burnout?
Stza: Ich bin ausgebrannt. Aber das betrifft auch erfolgreiche Musiker. Musik kann wichtig sein, aber sie ist nicht heilig. Wenn nur 20 Leute kommen, verdienen sie das gleiche wie 20.000.
Jil: Du hast auf dem Hellfest viele Bands gesehen. Welche war dein Favorit?
Stza: Deathklok. Und Scorpions zu sehen war bewegend. Der Sänger erinnert mich an Joe Biden – irgendwie verwirrt, aber liebenswert. Judas Priest dagegen sind noch top drauf.
Jil: Wie findest du es, dass Kids Punk und Hardcore über TikTok oder Spotify entdecken?
Stza: Ich habe weder TikTok noch Spotify. Die Leute machen Inhalte für den Algorithmus, nicht für echte Fans. Ich wünsche mir manchmal einen elektromagnetischen Impuls, der das Internet zerstört.
Jil: Letzte Frage: Letzte Worte?
Stza: AWAY FROM LIFE ist ein guter Name. Vergesst nicht, das Leben nicht zu ernst zu nehmen. Genießt die kleinen Siege. Und fuck the Gatekeepers.
Das vollständige Interview als Video: