Boah, das Jahr in dem meine Wünsche erfüllt werden: Interviews mit Slime (hier) und Dritte Wahl (hier). Und jetzt: Knochenfabrik live! Mann, wie habe ich diese Band abgefeiert. Gerade entdeckt, als sie sich aufgelöst haben. Besonders die Ameisenstaat rotierte im Kassettendeck. Aber live: nein, das ging nicht mehr. Später hab ich dann Chefdenker gesehen, ich glaube auch Casanovas Schwule Seite, aber Knochenfabrik blieb immer ein Traum. Ob es zu einem Albtraum wurde, nun dazu müsst ihr dem Rest des texts folgen.
Warum jetzt dieses Foto? Nun, tatsächlich ist dies das erste Konzert, das ich im P-Werk besucht habe, aber lange nicht das letzte. Slapshot, Good Clean Fun, aber alles startete mit den Toasters… So viel zum geschichtsträchtigen Ort, dessen Konzertbetrieb ein paar Jahre später ein unrühmliches Ende fand. Nur noch ein – zweimal im Jahr durfte das Jugendzentrum als Konzertort genutzt werden. Mittlerweile haben sich die Auflagen etwas gelockert… Und so begaben sich recht viele Punker vor Ort, um den unvergleichlichen Claus Lüer live zu erleben…
Zunächst waren UPJ dran. Die Urpilsjugend, die quasi gemäß Bandnamen schon eine Verbindung zu Knochenfabrik hat. Musikalisch eher nicht so, denn Trumpetpunkcore ist glaube ich nix, was dem Claus gefällt. Muss es ja auch nicht. Als Anheizer machten sich die von einer Coverband zur Kapelle mit eigenem Stil gereiften Nachwuchsband aus Limbach jedoch sehr gut. Sie präsentierten mehrere Songs ihrer 2017 erschienen EP. Ska mit Core zu vermischen gab es ja bereits häufiger, doch mit Skacore hat es dann auch nix zu tun. Jedenfalls sind die Trompeten nun häufiger im Vordergrund (was man auch schon an der gleichberechtigten Bühnenaufteilung sieht), aber es gibt einige Breaks und ab und an sogar Growling zu hören. interessante Mischung jedenfalls. Ganz auf Coverversionen wollte die Band nicht verzichten. Toulousi von Pascow bekommt man nicht aller Tage in einer Ska-Version präsentiert. Dann natürlich auch der Dauerbrenner Rendezvous with Anus, was man als Turbojugendmitglieder natürlich gerne präsentiert. FICKK DE HITLA stand auf der Setlist, Refugees Welcome auf dem Backdrop, antifaschistisch, super! Alles richtig gemacht (bis auf diese komischen Metalcor-Parts, ach ja, die Jugend).
Mr. Inman hatten danach ein Problem, ein schönes zwar, aber nun mal ein Problem. Ihr Sänger wurde nämlich just an diesem Tag Vater. Doch den Gig absagen? Ist ja nicht Punkrock. In Windeseile wurde Fan Nummer 1 rekrutiert, der alle Texte auswendig kann. Dann teilten sich die anderen auch noch bei den restlichen Songs den Gesang. Etwas chaotischer Einstieg, der Soundman dachte, es wäre noch der Soundcheck. Kurz darauf betrat der Ersatzsänger die Bühen und man sollte es nicht glauben: Er machte seine Sache überraschend gut. Ich erinnere: bis vor wenigen Stunden wusste er noch gar nichts von seinem Glück. Da werden einige Patzer auch gerne übersehen. Ach ja, Bwegung gab es jetzt auch: etwas Gepoge und ein Rollstuhlfahrer (übrigens mit eigener Band: Muskelschwund, hört mal rein) wurde in einem Circle of Eight (oder so, halt in einer 8) geschoben und hatte sichtlich Spaß dran. Naja, dei 8 soll ja auch beruhigen habe ich gehört. Ansonsten wirklich ein sehr schöner Auftritt von Mr. Inman. An dieser Stelle noch mal Glückwunsch an den Namensgebenden Helden Mr. Inman zum Nachwuchs. Seine Inman-Kollegen haben jedenfalls alles gegeben, um ihn würdevoll zu vertreten. Vor kurzem ist eine Split-Single mit Dead Kätz erschienen, gibts aber wohl nur auf den Konzerten. Das Debütalbum von Mr. Inman allerdings (zumindest digital) auch über Amazon und natürlich Bandcamp. Wer auf nicht ganz blöden deutschsprachigen Punk (so Rachut,Turbstaat, vielleicht etwas schrammelige) steht, sollte mal reinhören. Lohnt sich!
Danach die Stunde der Wahrheit: wirds geil oder scheiße? Beides war möglich. Um endlich aufzulösen: es war der totale Abriss. Ungefähr 30 Lieder hatte die Band mitgebracht. Quasi die komplette Diskografie gespielt (es fehlte auf jeden Fall Scheiß Zivildienst) und dazu gab es handverlesenen Pogo der schönen, weil unaggressiven Art. Eben um die 100 Leute, die einen Haufen Spaß hatten, Lieder zu hören, die sie zuletzt vor 20 Jahren live gehört haben (oder gerade erst entdeckt haben). Abgefeiert wurden natürlich vor allem Filmriss und Grüne Haare. Dazu ein blendend aufgelegter Claus, der immer mal wieder sarkastische Kommentare fallen ließ. Irgendjemand verlor sogar seine Sohle während des Getanzes,. so dass Claus meinte ein gewiefter Schuster könne das vielleicht noch retten. Es folgte jedenfalls Hit auf Hit! Am Ende lagen sich alle betrunken, durchschwitzt und nass von dem ganzen Bier in den Armen, während die Band „das selbe Riff von früh morgens bis grad eben“ spielte (und zwar von Toni Schumacher), als „ausgerechnet jetzt eine Saite reißt“. Doch Claus hatte eine zweite Gitarre dabei. War dennoch der Showstopper. Es gab noch drei Songs und dann eine coole Easy-Listening-Version von Im Fadenkreuz, dann war Schluss. Zurück blieb ein zufriedener Gripweed, der noch überlegt, ob das Konzert in seiner persönlichen Top 5 vor Pascows Gig bei dem Nauwieser Fest 2016 (hier) eingereiht gehört oder nicht. Die Entscheidung wird mich noch ein bisschen beschäftigen. Bestes Konzert des Jahres ist es auf jeden Fall.
[…] einen Tag vorher und die Bude ist voll. Allerdings zurecht, bisher bestes Konzert des Jahres, siehe hier. Und am nächsten Tag spielt eine der aufstrebendsten Indie-Rock-Bands der letzten Jahre, die […]