Rancid Wiesbaden 2023

Als zum Ende des letzten Jahres die frohe Kunde verbreitet wurde, dass Rancid nicht nur ein neues Album namens Tomorrow Never Comes (Review) veröffentlichen werden, sondern auch für ein paar Auftritte in Europa haltmachen werden, war für mich klar, dass ich bei mindestens einer Club-Show auch dabei sein werde. Also erwartete ich die Daten wie ein Kind den Lieblingslolli und als die Daten veröffentlicht wurden, fiel die Wahl des favorisierten Ortes auch nicht schwer…Wiesbaden sollte es werden.
Denn die andere Show sollte in der Columbiahalle Berlin stattfinden und ich wollte die Show in möglichst gemütlichen Ambiente genießen. Gut, der Schlachthof ist nun auch nicht gerade klein, 1.000 Leute weniger können da aber schon einen Unterschied machen. Also wurde sich schnell um Tickets bemüht, welche auch binnen kürzester Zeit ausverkauft waren.
Aber auch kein Wunder, schließlich waren Rancid das letzte Mal 2017 in Deutschland und das damals leider nur zusammen mit Green Day. Die letzte Solo-Show in unseren Breitengraden liegt meines Wissens nach sogar ganze 11 Jahre zurück (bitte verbessert mich, wenn ich das falsch in Erinnerung habe).

Ich selber habe Rancid das letzte Mal 1998 im Münchener Backstage live erleben dürfen. Seinerzeit waren sie auf der Life Won’t Wait Tour und haben den Abend für mich, zusammen mit Terrorgruppe und die viel zu früh aufgelösten C.I.A unvergesslich werden lassen.

Ob der Abend des 13. Juni 2023 ebenso unvergesslich werden würde, war zum Zeitpunkt unserer Abfahrt in Hannover noch nicht absehbar, denn es gab einfach noch sehr viele Fallstricke: kommen wir rechtzeitig aus der Arbeit raus, halten sich die Staus auf der vermaledeiten A7 in Grenzen, finden wir einen Parkplatz, … es gab einfach noch sehr viele Fragezeichen.
Gerade letzterer Punkt machte mir Sorgen. Denn bereits vorab habe ich erfahren, dass sich die Parkplatzsituation am Schlachthof wohl nicht so einfach darstellt. Es gibt zwar einen großen privat geführten Parkplatz, dieser ist aber wohl immer schnell voll und zudem werden dort immer fleißig Strafzettel verteilt (angeblich auch trotz Ticket). Da blieb nur zu hoffen, dass der Biergott einem holt ist. Aber da wir diesem am vorangegangenen Wochenende ordentlich gehuldigt haben, konnte eigentlich nichts schiefgehen. Und so kam es auch…die Arbeit ließ uns rechtzeitig gehen und auch die Fahrt lief wie am Schnürchen, so dass wir pünktlich um 19:15 Uhr den Schlachthof vor uns sahen (Konzertbeginn war 19:30).
Nach einer kurzen Suche fanden wir dann zu allem Überfluss auch noch einen Umsonst-Parkplatz nahe des Schlachthofes. Auch während ich diese Sätze schreibe, kann ich es immer noch kaum fassen, was für ein Schwein wir hatten und pünktlich zur ersten Band des Abends vor der Bühne standen.

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Grade 2 – Wiesbaden (1)

Das waren die Engländer von Grade 2, die ich live bereits ein paar Mal gesehen habe und immer wieder von ihnen begeistert war. Allerdings schien es hier etwas anders zu werden. Zum einen war der Sound zu Beginn echt Mist und zum anderen versprühten die drei Jungs von der Isle of Wight nicht die gewohnte Bühnenpräsenz. Irgendwie wollte der Funke nicht so überspringen. Da half dann nur die gute alte Bro-Hymn (Pennywise-Cover). Einmal angespielt war der Blitzkanal zum Pit geöffnet und die Funken sprühten. Am Rand, wo ich mich aufhielt, kam von alledem allerdings nicht ganz viel an und so bin ich nach ihrem Set von 30 Minuten Dauer etwas ernüchtert durch die Halle gen Ausgang geschlürft, denn ich wusste, dass die Jungs das besser können.

Bei dem Schlurfen wurde auch kurz noch einmal Flüssigkeit aufgenommen und ich muss sagen, dass ich positiv überrascht war. 3€ für 0,3 Liter ist heutzutage echt ein fairer Kurs. Das haben wir bei Weitem schon schlimmer erlebt. Beim Merch sah es allerdings bisschen anders aus, denn wie befürchtet haben sie da ordentlich zugeschlagen. 35€ für ein Shirt, das sind echt nicht mehr meine Preise. Dazu werde ich mich bei Zeiten aber auch nochmal in einem anderen Artikel weitläufig auslassen.

Als wir dann nach einer kurzen Runde und dem Begrüßen von alten und neuen Bekannte (gefühlt war das halbe Team von AWAY FROM LIFE vor Ort) wieder an unserem angestammten Platz ankamen, war es auch schon für die zweite Band des Abends alles hergerichtet.

The Bronx – Wiesbaden (1)

The Bronx ist eine Band, die mich auf Platte komischerweise nie abgeholt hat, aber live immer überzeugte. Volle Spannung standen wir, zusammen mit der mittlerweile gut gefüllten Halle, vor der dunklen Bühne und lauschten dem Intro, welches aus einem fiesen 90er Dance-Beat bestand. Dann kamen die Jungs endlich auf die Bühne, der Beat endete und die gesamte Band fegte los wie ein Derwisch auf LSD. Unglaublich was für eine Soundwand sie von Beginn an aufbauen konnte. Es schepperte und hämmerte und Matt Caughthran malträtierte seine Stimmbänder, als wenn er am Folgetag ein Schweigegelübte ablegen möchte.
Nach ca. der Hälfte des Sets stellte sich bei mir allerdings eine gewisse Gewöhnung ein und der Auftritt begann mich mehr und mehr zu langweilen. Da änderte auch der zwei Songs andauernde Ausflug von Sänger Matt in den Circle-Pit nichts. Nach ca. einer halben Stunde hatte ich dann genug und hoffte, dass das Set möglichst bald beendet wird. Allerdings zog sich die letzte viertel Stunde dann noch wie Kaugummi. Das lag u.a. auch an dem schier endlos wirkenden Gitarrensolo und der Selbstbeweihräucherung, die die Band in einer ganze 8 Minuten andauernden Vorstellungsrunde vom Stapel ließ. Endlich wurde ich dann erlöst und die letzten Klänge verstummten.

Nun sollte es aber losgehen, das Banner von The Bronx wich dem Rancid Logo und mehr und mehr Leute drängten sich in den vorderen Bereich. Nun merkte ich zum ersten Mal, dass die Halle tatsächlich ausverkauft ist. Es wurde kuschelig, das Licht wurde heruntergefahren und Rancid betraten die Bühne. Der Opener Tomorrow Never Comes schlug beim Publikum schon ein, aber was anschließend mit Roots Radicals folgte habe ich so noch nicht gesehen. Gefühlt die gesamte Halle ging ab, Bierbecher flogen in alle Richtungen und spätestens jetzt wurde mir klar, dass Rancid über die letzten 25 Jahre nichts ihrer Live-Energie eingebüßt haben. Gerade Schlagmann Brendan beeindruckte mich dabei sehr. Er prügelte zwischenzeitlich so auf das Schlagzeug ein, wie Chuck Biscuits zu seinen besten Zeiten.
Apropos prügeln…passend für eine Rancid-Hooligan-Show gab es auch was auf die Kauleiste. Direkt vor uns hatte sich nämlich ein „leicht“ angetrunkener Leder-Punk, der auch der Blue-Oyster-Bar aus Police-Academy hätte entspringen können, nicht ganz so im Griff und nachdem er einen drahtigen Skinhead etwas zu sehr auf den Sack gegangen war, holte dieser aus. Das schien den Lederpunk allerdings nicht großartig zu stören. Im Gegenteil, er schien förmlich die Gefahr zu suchen und umarmte den Skin auch noch. Nach einer Kopfnuss, die ihr Ziel leicht verfehlte, schien es der angetrunkene Herr allerdings verstanden zu haben und machte sich auf den Weg nach vorne. Allerdings schien er dort auch einigen auf den Schnürsenkel getreten zu sein, denn nur ein paar Songs später wurde er von vier Leuten „beherzt“ nach draußen befördert. Schön wenn man sich so einig ist.
Einig sind sich wohl auch alle, dass die Setlist mehr als göttlich war (siehe unten). Es fehlte wirklich nicht ein Song. Es war als wenn uns Rancid ein Best-Of-Album live dargeboten hat und da kein Titel fehlte, wurde auch kein heuchlerisches Zugabe-Spiel gespielt. Allen war klar, dass da nochts mehr kommen konnte und man bedankte sich frenetisch bei der Band für ihren Zwischenstopp in Wiesbaden.
Für uns ging es dann anschließend auf den beschwerlichen Heimweg, welcher nach Sekundenschlaf und einer erfolglosen Suche nach einem Schnellimbiss um fünf Uhr morgens endlich endete. Aber es hat sich mehr als gelohnt und ich bin derzeit noch am überlegen, ob ich am 24. Juni nicht auch zum Vainstream fahren sollte, um dort noch einmal in den Genuss von Rancid zu kommen.

Setlist:

  1. Tomorrow Never Comes
  2. Roots Radicals
  3. Radio
  4. Maxwell Murder
  5. The 11th Hour
  6. Journey to the End of the East Bay
  7. Dead Bodies
  8. Black & Blue
  9. East Bay Night
  10. Side Kick
  11. Salvation
  12. Bloodclot
  13. Gunshot
  14. Ghost of a Chance
  15. Hoover Street
  16. I Wanna Riot
  17. Old Friend
  18. The Wars End
  19. Rejected
  20. St. Mary
  21. Olympia WA.
  22. Fall Back Down
  23. Tenderloin
  24. Time Bomb
  25. Ruby Soho
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