Es gibt diese Bands, bei denen ein neuer Release einfach immer heiß erwartet wird. Egal ob sie jedes Jahr etwas rausbringen oder nur einmal pro Jahrzehnt. Ganz so schlimm wie im zweiten Fall ist es bei Rancid nicht, aber die Pausen zwischen den einzelnen Alben sind über die Zeit immer länger geworden. Ganze sechs Jahre nach dem eher durchschnittlichen Trouble Maker kommt nun das neue Album Tomorrow Never Comes. Und auch wenn neue Rancid-Alben eigentlich gar nicht mehr nötig sind, da sie in ihrer Karriere vermutlich mehr Hits geschrieben haben als 95% aller anderer Bands, ist es auch dieses Mal ein besonderer Tag, wenn das neue Werk endlich da ist.

Rancid (2023, Photo by Atiba Jefferson)
Rancid (2023, Photo by Atiba Jefferson)

Ich gebe zu, dass meine Erwartungen eher gering waren. Die Vorabsingles Tomorrow Never Comes, Don’t Make Me Do It und Devil In Disguise sind zwar alles solide Punksongs, wirklich herausstechen tun sie beim wöchentlichen Release-Radar jedoch nicht. Schon bei Trouble Maker und …Honor Is All We Know hatte ich, bis auf wenige Ausnahmen wie Telegraph Avenue und Intimite Close Up Of A Street Punk Trouble Maker, irgendwie das Gefühl, dass das Talent, eingängige, und vor allem unverwechselbare, Songs wie Radio Havana, David Courtney oder Journey To The End Of The East Bay zu schreiben, verloren gegangen ist. Alles klang irgendwie gleich und zu großen Teilen auch etwas belanglos.

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Als ich die Tracklist von Tomorrow Never Comes angeschaut habe, war ich zunächst hoffnungsvoll. Kein Song ist länger als 2:38 und die Titel klangen so, als ob man hier durch die Bank weg einfach überrumpelt wird. Zum Teil ist das auch tatsächlich so. Mud, Blood & Gold, Magnificent Rogue oder Hear Us Out gehen schon gut und kompromisslos ab, wirklich hängen bleiben sie aber nicht. Allgemein wird schnell deutlich, dass Rancid anscheinend Bock auf harte, schnelle Songs hatten und die geilen Melodien eher hinten anstellen. Die besten Momente sind die, in denen Tim Armstrong mit etwas sanfterer und melodischerer Stimme über die Gitarren segelt (z.B. bei New American, It’s a Road to Righteousness oder When The Smoke Clears), leider kommt das jedoch viel zu selten vor.

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Auch der Spannungsbogen im Album fehlt. Am Ende kann man alle 16 Songs auch auf Shuffle hören und würde gar nicht merken, wenn es wieder von vorne losgeht. Das ist vielleicht auch wiederum die einzige Stärke des Albums: wirklich schlecht ist kein Song. Als permanente Beschallung macht das Album schon durchaus Sinn. Wer sich einfach eine knappe halbe Stunde einfach nur berieseln lassen will, ohne ein Lied konkret zu genießen oder genauer hinzuhören, ist hier genau richtig. Das große Problem ist aber wiederum: wirklich geil ist auch kein Lied.

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Am Ende gibt es bestimmt schlechtere Alben als Tomorrow Never Comes. Allein wegen der starken Produktion lohnt sich zumindest ein Durchlauf allemal. Darüber hinaus bleibt allerdings wenig hängen. Viele behaupten immer, dass Bad Religion immer den gleichen Song geschrieben hätten und man jedes Lied auf einem Album beliebig austauschen kann. Während diese Aussage an sich schon immer totaler Quatsch war, sollte man sie lieber auf Tomorrow Never Comes anwenden. Hier klingt nämlich wirklich alles gleich (außer vielleicht New American). Wie gesagt, zu Beschallung nebenbei ein nettes Album. Punkrock zum Kochen oder Staubsaugen quasi. Bei der sonstigen Qualität und vor allem dem unbestrittenen Talent von Rancid ist es jedoch etwas dürftig. Da hol ich doch lieber wieder Indestructible raus oder stelle mir sogar eine Liste mit den Perlen von Trouble Maker, Let The Dominoes Fall oder …Honor Is All We Know zusammen. Von den alten Alben mal ganz zu schweigen…

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– Playlist: Happy Release Day
BEWERTUNG
Tomorrow Never Comes
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Marcell
Oi! Ich bin Marcell, Jahrgang 1998, aus NRW und seit Ende 2017 bei AWAY FROM LIFE. Reviews, Interviews, Konzertberichte – hier findet ihr ab und zu meine geistigen Ergüsse. Neben AWAY FROM LIFE studiere ich, spiele selbst in einer Punk-Rock-Band und schaue gerne Fernsehen. Abfahrt!
rancid-tomorrow-never-comes-reviewVielleicht das eintönigste Rancid-Album.

2 Kommentare

  1. Ich bin auch von den letzten Alben eher entäuscht gewesen, kann die Kritik hier nachvollziehen und finde mich in meiner Meinung auch bestätigt. Es klingt irgend wie alles so belanglos und gleich. Ich fand beim ersten Durchlauf nicht einen einzigen Song, welcher mir im Ohr hängen blieb. Ich kenne auch Alben, welche mich am Anfang eher entäuschten, aber im Nachhinein als wahre Perlen zeigten. Ob man dann das Review als respektlos bezeichnen kann…eher nicht. Wenn ich in meinen Beruf keine gute Arbeit mache, wäre ich über Kritik zwar nicht glücklich, aber es zeigt mir einen unabhängigen Blick auf das geschaffene. Auch wenn es mir nicht gefällt 😉
    Ich hatte auch das Glück die Jungs in Berlin sehen zu dürfen und war einfach begeistert. Diese Wucht und Spielfreude, welche einem da entgegen kam war einfach genail. Und das hat mir gezeigt, dass sie immer noch Bock haben. Und genau das würde ich auch mal wieder auf einem Album erleben.

  2. Hi Marcell,
    Ich bin auch nicht übermäßig begeistert vom neuen R Album. Aber es ist trotzdem ein solides, Gutes Punk Rock Album. Finde es schon eher respektlos wie du über dieses Album urteilst.
    Kann man machen, finde es aber nicht gut, vielleicht solltest du das Review schreiben anderen Leuten überlassen.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Flo

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