Im Februar waren die Kölner Stacy Crowne auf Tour in den USA. Ein Erlebnis von dem die meisten Bands nur träumen können.
Sänger Dustin hat sich die Zeit genommen uns ein ausgiebiges Tourtagebuch zu schreiben und uns so auf die Reise mitzunehmen!

17.02. Anflug

Es geht früh in Köln mit dem ICE los und ab zum Flughafen FFM. Security Check, zum Terminal, Etappensieg geschafft! Man lernt bei solchen Trips, dass nicht immer alles läuft wie geplant (siehe Spanien). Es fliegen außer uns mit dem gleichen Flieger noch Black Sheriff aus Köln, die wir schon von gemeinsamen Konzerten kennen. Glen, deren Frontmann, hat sich im Vorfeld auch freundlicherweise dazu bereit erklärt, unseren Bassisten Fabi für die US Shows zu ersetzen. Für uns die Rettung, sonst hätten wir nämlich in Deutschland bleiben müssen (danke Glen!). Es gibt zur Begrüßung am Terminal einige Bier und Ausflüge in die Raucherlounge, der Flug hat ohnehin etwas Verspätung. Die Stimmung steigt. Nach Take-off, nächste Runde. Der Flug wird feucht-fröhlich. Noch 8 Stunden Flug? Ist für manche wie ein Tag arbeiten – nur mit Freibier. In LA angekommen, wird erstmal der Mietwagen abgeholt, bevor es durch den Feierabendverkehr zum Motel nach Eagle Rock geht. Nach ein paar mehr Bier und Tacos fallen wir müde und erschöpft um 9:30 bei den scheinbar einzigen Sendern – Bibel TV – ins Bett.

18.02. Venice – Wie nice!

Wegen Jetlag sind wir alle schon um 5 Uhr morgens wach. Carpe Diem. Es wird in Venice früh und teuer gefrühstückt, anschließend zum Strand und Kanäle besichtigen. Abgesehen von ein paar Frühsportlern und zwielichtigen Kreaturen ist wenig los. Da wir gänzlich ohne Equipment angereist sind, muss Jan noch etwas Drum Zubehör kaufen. Als Venice langsam aufwacht, fahren wir nach Hollywood zum Professional Drum Shop. Der Laden ist legendär, besteht seit über 60 Jahren und bedient alles, was weltweit Rang und Namen hat. Stan, einer der Besitzer, erzählt uns reihenweise Geschichten über jegliche Legenden, wir kommen aus dem Staunen kaum heraus, insbesondere Jan. Danach etwas mehr RnR Tourismus: Motley Crue House, Liquid Lunch zu Lemmy ins Rainbow, Walk of Fame und die nächste Kostprobe vom LA Feierabendverkehr auf dem Weg nach Hause. Kurz verschnaufen, dann geht es schon wieder weiter zu Carey’s Birthday Dinner nach Fullerton.
Beim Dinner sitzen alle deutschen Bands, AJ von den Tragic Radicals, die wir von ihrer Tour 2024 aus Köln kennen, sowie auch Freunde und Familie von Carey zusammen und feiern seinen Geburtstag nach. Das Korean BBQ bekehrt einen Vegetarier. Der Michelada (eine Art mexikanischer Bloody Mary mit Muschelsaft) in der benachbarten Sportsbar hat den gegenteiligen Effekt. AJ zahlt den gesamten Deckel in der Bar. Mit durchweg guten Vibes beginnen wir die Woche.

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19.02. Los Angeles

Nach einem kurzen Frühstück im Motel fahren wir die Backline abholen. Mike, ein Bekannter von Glen, besitzt haufenweise Equipment und ist so freundlich (und vertrauenswürdig), uns die komplette Backline für alle 4 Konzerte zu stellen und sie sogar dorthin zu fahren! Ein wahrer Segen und Glücksgriff. Anschließend geht es zum Load-in ins Offbeat.
Kaum eingeladen kommt auch schon Carey um die Ecke. Wir freuen uns immens! Weniger über Carey selbst als über seine Ladung: Nach langer Wartezeit bekommen wir nämlich zum ersten Mal die in Kalifornien gepresste Vinyl unseres neuen Albums Seconds to None in die Finger. Die Freude ist riesig, die Pressungen sehen allesamt fantastisch aus! Im Offbeat gibt es vorher Comedy, der Laden ist gut gefüllt. Einige der Künstler verarbeiten die bevorstehenden Konzerte in ihrem Programm (is this a Seinfeld Pedal? I’d love one!). Es ist schließlich nicht aller Tage, dass gleich drei deutsche Bands an einem Abend spielen. Leider verschwinden die meisten Gäste danach. Die Überraschung des ersten Abends ist zweifelsohne TEGL. Vorher noch etwas reserviert, sind sie auf der Bühne sind alle sehr extrovertiert und scheuen sich nicht vor den paar Zuschauern während des ersten Songs auf die Knie zu gehen. Sonst ist die erste Show für alle etwas holprig. So ist das nun mal mit Ersatzmusikern und fremdem Equipment in fremder Umgebung. Es könnte aber auch daran liegen, dass einige am Vorabend $700 im Rainbow verprasst haben.

20.02. Lass Angeles

(Endlich) raus aus LA. Dieser ständige Verkehr macht einem auf Dauer zu schaffen. Es gibt zwischen den ersten beiden Konzerten einen Off-Day: Glen wollte unbedingt noch etwas Spaß in Vegas haben – wir wollten lieber in die Wüste. Mit atemberaubender Kulisse fahren wir los zum Joshua Tree Park. Wenne ist der glücklichste Fahrer. Noch viel schönere Aussichten bei einem Spaziergang durch Joshua Tree. Unser Jeep hat sich mittlerweile mehrfach ausgezahlt, denn der letzte Abschnitt zur Unterkunft ist keine befestigte Straße. Auf dem Weg dorthin bekommen wir die Nachricht, dass Nick Olivieri in Anaheim sein wird und noch eine Band sucht, die Green Machine mit ihm am Bass spielen möchte. Wieso nicht? Wir versuchen es! Das Timing ist vor allem ironisch: Es stellt sich später heraus, dass Nick Olivieri aus der Gegend kommt, durch die wir just fahren.
Nach Ankunft: Virtuelle Rundgänge mit unseren Girlfriends (alle sind ausnahmsweise wach bei MEZ=2:30). Nach einem atemberaubend schönen Sonnenuntergang mit Gitarre geht’s zum Abendessen zu Pappy & Harriet’s Pioneertown, einer alten Western Film Location (wie es sich herausstellen sollte, hat Nick dort natürlich auch schon gespielt). Absolutes Tageshighlight ist das anschließende Bad im Whirlpool mitten in der Wüste, unter klarem Sternenhimmel. Mit Modelo versteht sich.

21.02. Less Vegas is more

Am nächsten Tag gibt es während der üblichen Abschiedsfotos und -videos einen kleinen Unfall. Mit Kakteen ist nicht zu sp(ass)en! Beim Fotografieren einiger reizvoll angesammelter Exemplare setzt sich Dustin auf einen derselben. Die Wunde wird schnell versorgt, ehe es von der Wüstenidylle in 29 Palms über Landstraßen nach Las Vegas geht. Diese gefühlt unendlichen Weiten machen jede Autofahrt zu einer eigenen Sehenswürdigkeit. Bei einer Pinkelpause rollen tosende Züge an uns vorbei, genau wie man es aus den Filmen kennt.
Las Vegas ist das komplette Kontrastprogramm – überall Licht und Laut, Werbung ohne Ende und alles in Superlative. Nach Ankunft und kurzer Erfrischung muss Dustin noch etwas Gitarrenzubehör kaufen, danach folgt Sightseeing. Wir hören beim Schlendern auf dem LV Boulevard Freebird live aus einer Bar klingen und machen einen kurzen, aber teuren Abstecher: 18€/Bier. Danach folgt noch mehr Sightseeing und wir fahren abends zum Essen zu Evel Pie auf die Fremont Str. Bis zu unserer Show dauert es eh noch eine Weile, denn es wurde überbucht, mit zwei zusätzlichen Bands. Wir spielen also erst nach Mitternacht und haben noch kurz Zeit für ein Nickerchen am Abend. Der Double Down Saloon ist eine für Punkrock Verhältnisse charmante Spelunke. „Ass Juice“, die hauseigene Schnapsmischung, wird in einer Miniatur Kloschüssel serviert und es gibt an sämtlichen Sitzplätzen digitale Spielautomaten. Als wir ankommen, spielt schon die zweite Band. Bis wir spielen, hat sich der Laden mehrmals einigermaßen gefüllt und wieder komplett geleert. Als wir um 2 Uhr endlich die Bühne betreten, ist außer uns, den anderen Bands und ein paar einsamen Seelen niemand mehr da. Es läuft halbwegs gut. Dustin hat leider das gleiche Mikrofon wie Diego von Black Sheriff erwischt, sie bekommen beim Kontakt ständig leicht einen gewischt. Wir verkaufen am Ende an die wenigen Gäste etwas Merch und fallen wieder erschöpft ins Bett.

22.02. Jubel, Trubel, Heiserkeit.

Am nächsten Tag geht es früh wieder Richtung LA. Die Konzerte beginnen zwar erst um 20 Uhr, aber die Fahrt dauert auch ca. 4 Stunden und man will schließlich auch die Bands sehen und unterstützen. Auf dem Highway raus aus Vegas sehen wir mitten im Nirgendwo ein Kasino samt Achterbahn. Ein kleiner Abstecher zum legendären Peggy Sue’s Diner entpuppt sich als mehr als nur eine Mittagspause, die reinste Attraktion! Überall Statuen (Elvis, Blues Brothers, Betty Boop, etc), es gibt Burger, Fried Pickles und eine kulinarische Monstrosität nach der anderen. Jan ist nach seinem „Getränk“ schon fast satt (Root Beer Float). Dann geht es wieder auf den Highway. Dieser Fahrten durch die Wüste wird man einfach nicht müde – wieder eine Wahnsinns-Kulisse! Ankunft und Check-in in dem gleichen Motel wie vor 5 Jahren (mittlerweile noch etwas mehr heruntergekommen). Wieder Modelo, Powernap, frisch machen und dann ab um die Ecke ins Dollhut. Für uns ist es sehr ungewohnt, Fußpils ist hier überhaupt nicht willkommen. Es gibt drinnen überraschend viele bekannte Gesichter, die wir von Festivals, der Turbojugend und anderen Touren in Europa und nicht zuletzt von dem letzten Auftritt im Dollhut kennen. Außerdem sind alle Bands durch die Verbundenheit zu Carey / Savage Magic Records eh sowas wie Familie. Nick Olivieri hat es auch geschafft – die Spannung steigt.
Es spielen zunächst PVR13, ein Punkrock Powertrio, dann Tragic Radicals, danach dürfen unsere Landsmänner aus dem Osten, TEGL, die Zuschauer begeistern, u.a. mit einem Feature von Jake Starr, bevor Black Sheriff auf die Bühne darf. Glen ist die Spannung anzumerken, denn auch sie sollen einen Song mit Nick Olivieri am Gesang spielen. Die Show läuft gut, das Feature, Two Headed Dog von Roky Erickson, ist ein Highlight (trotz gerissener Saite im Solo)! Es herrscht zwischenzeitlich viel Gewusel zwischen den ganzen Bands und Equipment auf der Bühne. Langsam rückt die eigene Show näher. Jan und Dominik merken, dass sie vor Hunger fast umkippen. Zu essen gibt’s weit und breit hier nichts, doch plötzlich, gegen Mitternacht, steht ein Foodtruck vor der Tür! Bei dem Set von Quazimofo gibt es einen absolut surrealen Moment – sie covern unseren Song I’m In – am anderen Ende der Welt!!! Kurz bevor wir spielen, gibt es noch etwas Aufregung wegen Nick Olivieri: Wann spielen wir den Song? Wer spielt welche Gitarre? Wann haben wir Zeit zum Stimmen? Dann folgt schnell die Ernüchterung – er ist schon gegangen. Tja, so ist das, wenn man wieder erst um 2 Uhr nachts spielt. Immerhin hat er sich über Carey im Nachgang eine Platte von uns gegönnt.
Dann unsere Show im Livestream – Jans Leute feiern ihn im Chat, Familie und Freunde in Europa gucken sich das Spektakel am Frühstückstisch an (MEZ=10:00 Uhr). Alle sind glücklich, nur müssen wir leider etwas früher als geplant abbrechen. Bierverbot um Punkt 2 Uhr! Etwas ärgerlich, aber hier ist man streng und eigentlich hatten wir ohnehin nicht noch viel mehr Songs drauf. Zum Glück sind wir zur Aftershow Party inklusive Snacks und Erfrischungen zu AJ und ihrer Frau eingeladen („Ach, die kenne ich doch aus dem EDP!“).

23.02. Endlich Achterbahn!

Wie gewohnt mit strahlendem Sonnenschein aufgewacht – daran kann man sich fast gewöhnen. An die kurzen Nächte im Tour Alltag allerdings weniger. Dustin hat den bislang schwerfälligsten Morgen und will im nächsten Hotel direkt weiterschlafen. Trotz murren und knurren wird er überstimmt. Wir gucken uns noch eben zwei Stunden vor der Show San Diego an. Einem Tipp aus Köln folgend, stehen wir plötzlich vor einer Achterbahn am Strand. Diesmal MÜSSEN wir fahren. Beste Entscheidung, wir haben den größten Spaß, sogar Dustin. Jan fängt dazu alles auf seiner GoPro ein (siehe Video). Anschließend im Meer abgekühlt, bevor es kurz ins Motel und anschließend zum Soundcheck in die Tower Bar geht.
Ein Türmchen Hippie-Punk, umgeben von nichts außer dem obligatorischen Parkplatz. Im Obergeschoss wohnt auch noch ein Tattoo-Studio. So gelobt man sich das! Der Laden hätte bei uns zu Hause ebenfalls Legendenstatus. Diesmal dürfen wir als erste ran. Es ist eine Matinee-Show, d.h. der gesamte Spaß ist abends schon wieder vorbei. Die drei deutschen Bands spielen heute den letzten Gig, zusammen mit Dez Cadena (ex-Black Flag) und seiner Band Dondo. Es läuft wieder gut, auch wenn wir sichtlich erschöpft sind. Dez und den anderen Bands scheint es gefallen zu haben. Wir genießen das teure Dosenbier in allen Zügen, vor allem Jan, der erst wieder beim Abendessen halbwegs ausnüchtern sollte. Direkt gegenüber von der Tower Bar ist ein fantastischer Mexikaner. Hier, nahe der Grenze zu Mexiko, wird fast ausschließlich Spanisch gesprochen, die Tacos sind vorzüglich und es gibt Mariachi Musik. Achtung: Unter den Salaten gibt es sowohl Karotten als auch orange Habaneros! Jan ist danach kurzzeitig wieder nüchtern. Beim Essen lernen wir auch Dario, ein Freund von Carey (und ehemaliger Bandmate von Mike in Piston Ready), aus Seattle kennen. Es stellt sich heraus, er führte damals das City Slang Magazine!
In der Bar lassen wir noch den Abend ausklingen, bis es zum ersten emotionalen Abschied kommt – die deutsch-amerikanische Freundschaft hält standfest und es liegt sehr viel Liebe in der Luft.

Abflug

Am nächsten Tag wird ausgeschlafen, bis wir auschecken müssen. Die Konzerte des Vortages fingen früh an, dementsprechend waren wir auch früh (wenn auch leicht lädiert) im Bett. Wir schauen uns noch etwas San Diego an, bevor wir nach Santa Barbara weiterfahren. Denn wie auch Black Sheriff fliegen wir erst am Donnerstag und gönnen uns vorher noch ein paar Tage zur Erholung (wieder mit Jacuzzi und Modelo).
Der letzte Punkt auf der Band-Agenda findet am letzten Abend statt. Für die letzte Übernachtung geht es wieder nach Venice und es gibt ein Abschiedsdinner mit Carey und anschließender Plattenübergabe. Irgendwie müssen wir ja unser frisch gepresstes Album nach Deutschland bekommen. Auf dem zwielichtigen Hinterhof Parkplatz des Restaurants packt jeder so viel er tragen kann in seinen Koffer. Es gibt noch ein halbwegs sentimentales Goodbye und die letzten Bierreserven werden im Hotel vernichtet. Am Flughafen vor dem Check-in geben wir Glen auch noch ein paar Platten, bevor es wieder verspätet auf den Heimflug geht. In diesen letzten Tagen macht sich allmählich eine Mischung aus Aufbruchstimmung und Post-Tour Blues breit. Denn auch wenn es während solch einer Tour nicht immer vordergründig um Musik geht, ist es genau das, was man danach vermisst, aber nie vergisst!

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– Playlist: Happy Release Day

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