Wie macht der Kerl das nur? In mehreren Bands aktiv findet Dylan Disaster irgendwie noch Zeit, eigene Songs zu schreiben, die nicht einfach nur dahingerotzt klingen. Mit seinem zweiten Solo-Album Remission, das am 31. August 2019 auf Travel Well Records, Ring of Fire Records und Stars at Night Records erscheint, legt der Vollblutmusiker aus Austin / Texas sogar im Vergleich zu seinem ersten Solowerk noch eine Schippe drauf in Sachen Songwriting.
Ein Punk, der auf seine älteren Tage die Akustik-Gitarre in die Hand nimmt, ist längst nichts neues mehr. Aber Dylan schafft es mit einer Mischung aus Ich mach was mir gefällt-Attitüde, beindruckend wandelbarer Stimme und fast schon poppigen Melodien, gespielt mit rotziger Gitarre nicht zu sehr in die üblichen Akustik Punk Gewohnheiten zu verfallen.
Die 12 Songs auf Remission klingen originell und authentisch. Die sehr persönlichen Texte handeln von Ups und Downs, von Herzschmerz und Heilung, vom Aufgeben und vom wieder Aufstehen. Und auch wenn das nichts neues mehr ist, so besitzen die Lyrics einen besonderen Twist und Charme:
„Can I go back to the way that things once were / Before shit hit the fan and it all went south.“
Die Songs werden von Mundharmonika, Piano und sogar Streichern begleitet und machen aus Dylan Disasters Streetpunk quasi Folkpunk Songs. Und das ist nichts schlechtes.
Die Tatsache, dass Dylan Punk mit Folk vermischt, zeigt seine Authentizität und das ganze musikalische Spektrum auf, sowohl seines als auch des Genre selbst. Punk ist schließlich, wenn man mit Konventionen bricht. Und so folgen auf energiegeladene Punksongs gefühlvolle Akustik-Balladen. Dylan Disaster macht einfach sein Ding und weil er die Lieder offensichtlich gerade heraus geschrieben hat und ebenso spielt, kommt selbst in den Tracks mit poppiger Hookline noch seine Punkerseele durch.
Bei Half Way Home gibt ein Piano die Melodie vor, die durch Klatsch-Chöre und Background Gesang das richtige Maß an Power entgegengesetzt bekommt. Hervor sticht der Song Symphony, ein Akustik Stück mit Piano und Streichern, das zeigt, wie lieblich (ein) Punk sein kann, wenn er nur will. In Restless Heart gibt eine Ukulele den Ton an.
Out to Sea zeigt auch Dylans stimmliche Bandbreite auf. Softer, aus tiefster Kehle gurgelnder Gesang wird abgelöst durch eine raue Stimme, die sich irgendwo zwischen Singen und Schreien bewegt. Und auch hier verleihen Piano und Streicher dem Song zusätzlich Tiefe ohne kitschig zu wirken.
Der Sound ist druckvoll, sauber und dennoch dreckig genug, dass Remission trotz aller Eingängigkeit noch punkig genug klingt.
Wer Gefallen an Dylans Style findet, sollte sich auch das sechste Album Mourning Glory seiner Hauptband Nowherebound anhören, das am 25.10. ebenfalls bei Ring of Fire Records erscheint.
Vorher hat man aber noch genug Gelegenheit Remission in Schleife zu hören.