Hostile (Marvin Krampe)
Hostile (Marvin Krampe)

Wenn es eine Hardcore- bzw. Metalband aus Issum schafft, dass ein Bericht über sie und ihre Beziehungen zum heimischen Fußballkreisligisten im WDR-Fernsehen ausgestrahlt wird, dann wird man hellhörig.

Grund genug die Band in persona von Drummer Henrik „Bobo“ Landers etwas über diese Geschichte und andere Dinge auszuquetschen, um Hostile bzw. Hostile Cvlt etwas näher kennen zu lernen.

AFL: Klär uns bitte einmal über die Geschichte von Hostile Cvlt auf.

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Gegründet haben wir uns Anfang 2016, also vor knapp sechs Jahren. Wir steckten gerade in einem alten Bandprojekt fest und es ging nicht mehr vorwärts. Mit kleineren Besetzungswechseln ging auch eine stilistische Neuorientierung einher und Hostile Cvlt waren am Start. Die erste EP Tomhet/Stillhet erschien dann noch im selben Jahr und wir hatten direkt das große Glück damit, auch Shows im europäischen Ausland und in UK spielen zu können, was uns extrem motiviert hat. Danach haben wir uns viel Zeit genommen, weiter an unserem Stil zu arbeiten, sodass das darauffolgende Album Negate Life erst Anfang 2020 erschienen ist. Nachdem wir uns 2018 von unserem guten Freund und Gitarristen Alex getrennt haben und lange Zeit zu viert waren, haben wir seit kurzem mit Fabian wieder ein fünftes Mitglied mit an Bord.

Für uns ist es gar nicht so leicht, neue Leute zu finden, da wir im absoluten niederrheinischen Hinterland leben und natürlich auch unseren Proberaum haben. Das soll aber keineswegs beklagenswert klingen, da wir uns hier sehr wohl fühlen und versuchen, unsere Region bestmöglich zu repräsentieren. Tatsächlich gibt´s hier seit einigen Jahren regelmäßig viele wilde Shows mit Bands, für die man früher viele Kilometer in die nächste Großstadt fahren musste. Diese ganze “Hinterland“-Sache hat einen hohen DIY-Charakter und entspricht hundertprozentig unseren Idealen.

Hostile – Negate Life (2020)
Hostile – Negate Life (2020)

AFL: Wenn ich euren Stil beschreiben müsste, wäre es schwer: too metal for hardcore, too harcore for metal. Was würdet ihr dazu sagen und wer sind eure Haupteinflüsse?

Um der ganzen Diskussion um das Genre aus dem Weg zu gehen, haben wir unseren Stil einfach selbst als „Dark Groove“ betitelt. Dass der Sound in dieses selbstgestrickte Korsett passt, ist uns wichtig und steht auch im Mittelpunkt unseres Songwritings. Wir arbeiten viel mit harten Kontrasten, z.B. kann bei uns nach einem thrashigen Metal-Riffs direkt schon mal ein Downtempo-Part auftauchen. Genau dann, wenn man ihn kaum erwarten würde. Letztendlich ist das Ganze ein Hybrid aus unzähligen Einflüssen, da unser Musikgeschmack innerhalb der Band unterschiedlicher nicht sein könnte. Man kann sicherlich Einflüsse von Bands wie Entombed oder Malevolence raushören. Aber auch Ruhrpott Hardcore-Legenden wie Gone To Waste waren wichtiger Teil unserer musikalischen Sozialisation und haben daher auch ihren Teil in unseren musikalischen Wurzeln. Das Ganze spiegelt sich auch live wieder: Vor der Bühne stehen mittlerweile nicht mehr nur Hardcore Kids, sondern immer häufiger auch Leute, die in erster Linie Black Metal oder gar Ambient hören.

AFL: Lasst uns nochmal kurz über euren Namen sprechen. Warum findet man euch manchmal unter Hostile, andere Quellen sprechen dann von Hostile Cvlt. Was hat es damit auf sich?

Das „Cvlt“ in unserem Namen ist Fluch und Segen zugleich: Einst als Namenszusatz gedacht, um uns einfacher im Internet zu finden, erreicht man uns ohne die vier Buchstaben heute fast gar nicht mehr, hahaha. Weil sich in den vergangenen fünf Jahren doch noch viele weitere Bands mit diesem Namen gegründet haben. Die Zusatzbuchstaben sind eine Hommage an den „Trve Norwegian Blackmetal“ und eine Allegorik verschiedenster skandinavischer Einflüsse bei uns. Es knüpft an unsere erste EP Tomhet/Stillhet, was auf norwegisch Leere/Stille bedeutet, an. Hier haben wir einfach viel mit norwegischen Vokabeln herumexperimentiert. Das U und das V waren dort im alten Alphabet keine getrennten Buchstaben, so dass wir letztendlich den Zusatz Cult eingebaut haben. Dieser „Cult“ ist letztendlich nichts anderes als ein Kreis von Leuten, die unsere Sache unterstützen und sich in jeglicher Form mit uns identifizieren können.

AFL: Wie schon in der Einleitung erwähnt, habt ihr für mächtig mediales Echo gesorgt, als ihr eine Zusammenarbeit mit einem Kreisligisten aus eurer Heimat eingegangen seid. Was hat es mit Hostile Cvlt und Kreisligafußball auf sich?

Wir sind seit dieser Saison Hauptsponsor unseres Heimatvereins SV Issum und haben den Club mit Trikots ausgestattet. Seitdem spielt die Mannschaft jedes Wochenende mit unserem Logo auf der Brust. Die Idee dazu hatten wir schon länger, allerdings kamen 2021 so viele Faktoren zusammen, dass wir das in diesem Sommer endlich angegangen sind. Wir können seit neuestem behaupten, waschechte Issumer zu sein, da wir zu Beginn des Jahres einen neuen Proberaum bezogen haben, der nur einen Steinwurf vom Sportplatz entfernt ist. Es war uns eine wichtige Angelegenheit, uns weiter mit der Region und dem Hinterland zu verwurzeln und ein Engagement bei diesem Club hat sich angeboten. Es macht einfach Spaß, den Sonntagnachmittag am Sportplatz zu verbringen und die Mannschaft zu unterstützen, die es in dieser Saison mehr als verdient hat. Durch die Geschichte und vor allem die Berichterstattung im WDR sind sehr viele Leute auf uns aufmerksam geworden, die sonst niemals mit harter Musik in Kontakt gekommen wären. Auch das Feedback bestätigt uns in unserer Hoffnung, gute Werbung für unsere Szene und unser Genre zu machen. Es war schon verrückt zu sehen, wie viele Leute in dem Trikot auf unseren Shows unterwegs waren. Da sind Leute aus den verschiedensten Ecken des Landes, die das Trikot von diesem kleinen Verein in ihrer Freizeit tragen, das ist schon eine tolle Sache. Im kommenden Jahr wird der Verein einen neuen Rasenplatz eröffnen und wir werden uns auch zu diesem Anlass wieder etwas ausdenken, so viel kann schon mal gesagt sein.

Den WDR Beitrag kann man sich hier ansehen: https://www.facebook.com/Hostilecvlt/videos/900737953912322

AFL: Die Trikotsache hat ganz schön für Aufsehen gesorgt, so dass die neue EP Vicious Cycle von der Aufmerksamkeit etwas hintenangestanden hat, oder?

Ein wenig schon, stimmt. Die neue EP Vicious Cycle ist innerhalb von anderthalb Jahren entstanden, was für uns ein extrem schnelles Arbeitstempo ist, für Negate Life haben wir immerhin vier Jahre gebraucht. Natürlich was das nun auch der Coronasituation geschuldet. Wir hatten viel Zeit, da alles, was rund um das Release von Negate Life geplant war, ausfallen musste. Statt auf die Bühne ging es also zurück in den Proberaum. Während des ersten Lockdowns haben wir sehr viel geschrieben und jede Möglichkeit genutzt, gemeinsam, insofern das möglich war, an neuen Sachen zu arbeiten. Dabei entstanden dann sieben bis acht Songs, von denen es vier auf die EP geschafft haben. Die Platte ist anders geworden als man es von uns bislang gewohnt war. Viele Parts sind kompromissloserund wir haben großen Wert auf Übergänge und Melodien gelegt. Aber die Platte hat trotzdem noch alle Elemente, die man auf einer typischen Hostile Cvlt-Platte erwarten würde. Auch wenn sich die Black Metal Fans auf Vicious Cycle etwas gedulden müssen, gibt´s am Ende der EP einen langen Part, der noch mal spüren lässt, wo wir herkommen. Letztendlich ist die neue EP das Ergebnis aus bald zwei Jahren Wachstum seit der letzten Platte, in dem wir wirklich viel in die Band investiert haben.

Hostile - Vicious Cycle (2021)
Hostile – Vicious Cycle (2021)

Habt ihr mit der EP ein spezielles Thema verfolgt und wie seid ihr die Umsetzung angegangen?

Vicious Cycle beginnt mit dem Gefängnis, in dem wir leben und endet mit dem Galgen, an dem wir hängen werden. So zumindest die Bildsprache unserer beiden Videos zu Hate Prison und Gallows Tree. Der Vicious Cycle (Teufelskreis) zieht sich sowohl auf musikalischer als auch auf inhaltlicher Ebene durch alle Songs. Was bisher noch niemand gemerkt hat: Wenn man die EP von vorne beginnt, hört man zuerst lauter werdenden Noise und die Feedback-Geräusche eine Gitarre. Tatsächlich ist das Fiepen nicht willkürlich, sondern der Morsecode für DEATH, die Platte beginnt also mit dem Ende. Auch im Artwork ist die Spirale ein immer wiederkehrendes Element. Dazu sei gesagt, dass wir den Vorteil haben alles nach unseren Vorstellungen umzusetzen, da wir jeden Arbeitsschritt selbst machen. Das Cover ist von uns, der Großteil der Fotografien ist selbst gemacht und auch die Videos sind in Eigenregie aufgenommen bzw. geschnitten worden. So ist es einfacher den roten Faden beizubehalten, da man weniger Zeitdruck und mehr freie Hand hat. Je mehr externe Leute man sich ins Boot holt, desto schwieriger wird es die eigenen Ideen zu vermitteln und man weicht zwangsweise von der Grundidee ab. Wir haben immer andere Bands bewundert, die trotz hohen Standards den DIY-Gedanken gelebt haben. Tatsächlich ist es gar nicht so schwer, wenn man einfach handelt, ohne lange nachzudenken.

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AFL: Mit Blindsided Records habt ihr die EP auf einem Label aus Holland rausgebracht. Wie kam es zu diesem Kontakt?

Peter Schoor, die treibende Kraft hinter Blindsided Records, ist schon sehr lange in unserem erweiterten Kreis. Mit seiner Band Deathtrap haben wir schon häufiger die Bühne geteilt und sind anschließend in Kontakt geblieben. Wir kommen selbst aus einer Provinz am Rande des Ruhrgebiets und versuchen hier regelmäßig durch eigene Shows einen eigenen Mikrokosmos für Metaller und Hardcore Kids zu schaffen. Unser Grundgedanke und das Konzept von Blindsided Records sind ähnlich und fast schon ein Gegenstück zu unseren Vorstellungen. Peter hat viel Erfahrung und kennt sich bestens im Musikbusiness aus, weshalb es uns die Entscheidung kein bisschen schwergefallen ist. Dazu kommt noch, dass wir es begrüßen, mit einem Label in den Niederlanden zu arbeiten. Hätten wir uns für ein Plattenlabel in unserer Nähe oder ggf. sogar in unserem engsten Freundeskreis entschieden, würde uns das sicherlich weniger voranbringen. Dazu kommt noch, dass die niederländische Grenze nicht weit weg ist und wir regelmäßig für Shows rüberfahren.

AFL: Ihr habt großes Glück gehabt, die EP Anfang November zu veröffentlichen und sie direkt mit mehreren Shows live vorgestellt zu haben. Anfang Dezember war ja damit wieder Schluss. Tat gut, mal wieder auf der Bühne zu stehen, oder?

Das war tatsächlich unfassbares Glück. Wir haben bereits im Oktober eine Show spielen können, was wirklich wichtig war, um sich wieder dran zu gewöhnen. Dass letztendlich alle drei Shows genau in den Zeitraum gefallen sind, in dem Konzerte ohne große Einschränkungen möglich waren, ist nicht vorhersehbar gewesen. Unsere Release-Show zur letzten Platte im Frühjahr 2020 fiel leider genau auf das erste Wochenende mit Kontaktbeschränkungen, weshalb wir Negate Life kein einziges Mal live spielen konnten und wir alles, was wir uns konzeptionell ausgedacht hatten, verwerfen mussten. Umso größer war die Vorfreude auf diese Konzerte. Der Support, der uns letztendlich entgegengebracht wurde, war gigantisch und wie viele Leute die Texte so kurz nach der Veröffentlichung auswendig kannten, war unreal. Am schönsten war es aber die vielen bekannten Gesichter zu sehen, die einfach für zwei lange Jahre verschwunden waren. Durch die Shows rund um das Release ist für uns ein großes Stück Normalität zurückgekehrt, welches in uns auch einen großen Motivationsschub ausgelöst hat.

Hostile
Hostile

AFL: Da stellt sich am Ende natürlich die Frage, was im neuen Jahr bei Hostile Cvlt ansteht?

Wir haben neulich die Arbeiten zur nächsten Platte aufgenommen, wollen uns dabei aber Zeit lassen. Wir verstehen unser Songwriting mittlerweile als stetigen Entwicklungsprozess, der ggf. auch etwas länger andauern darf. Insofern es die Situation zulässt, wollen wir aber vor allem die zweite Jahreshälfte nutzen, um wieder möglichst viel rumzukommen. Auch haben wir den Zyklus rund um Vicious Cycle noch nicht abgeschlossen. Es gibt noch viele Ideen und wir werden die Zeit ohne Shows für kleinere Projekte nutzen.

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– Playlist: Happy Release Day

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