W ahrscheinlich kann man von den wenigsten „neuen“ Künstler*innen behaupten, dass man sie während der Pandemie zuerst live sehen konnte, bevor etwas zum Anhören – analog oder digital – zur Verfügung stand.
Bei Jenny Collet, die unter dem Namen Colletti Musik macht, war aber genau dies der Fall. Eine neue Musikerin ist sie keineswegs, dennoch sind seit ihrer letzten musikalischen Schaffensphasen knapp 15 Jahre vergangen, bis sie während der denkbar ungünstigen Bedingungen der letzten beiden Jahre tatsächlich für einige kleine Shows zur Gitarre griff und eigene Songs spielte.
Schlechte Zeiten sollen ja bekanntlich gute Zeiten für die Kunst einleiten. Vielleicht war hier genau dies der Fall.
Rund zwanzig Songs hat Colletti während dieser Zeit erdacht und sechs davon wurden im März 2022 unter dem Namen Searching For Former Solace als EP als CD und digital über Barhill Records veröffentlicht.
Musikalisch würde man Colletti wahrscheinlich am ehesten als Singer/Songwriter labeln. Der Gesang mit viel Kopfstimme schwebt über eingängigen Gitarrenmelodien, die durch die Songs tragen. Die einzelnen Tracks variieren in ihrer Komplexität, was der EP eine gewisse Abwechslung verleiht. So reihen sich sehr cleane Songs mit einstimmigem Gesang an Lieder mit mehrstimmigen Cranberries-Momenten.
Jenny schafft es, selbst ernste Themen mit einer anschmiegsamen Leichtigkeit zu anzugehen und geradezu versöhnlich zu gestalten. Dies führt zu schön-schmerzhaften Coming-Of-Age Momenten, auch für Menschen weit jenseits der Pubertät.
Aufgenommen, gemixt und gemastert wurde die EP von Marco Kallenborn alias Citizen Tim, der für zwei der Songs sogar selbst zur Gitarre Griff.
Searching For Former Solace erschien genau zu einer Zeit, in der eine musikgewordene warme Umarmung wohl alle gut gebrauchen können.