Medienrummel wegen einem Song über Christian Drosten, Besetzungswechsel, eine große Solo-Tour, eine mit Rise Against: was bei ZSK in den letzten zwei Jahren passiert ist, passiert bei anderen Bands über die ganze Karriere. Und irgendwie hat die Band es auch noch geschafft, ihre beiden erfolgreichsten Alben überhaupt rauszubringen – im selben Zeitraum wohlgemerkt. Diesen Freitag feierten ZSK den Release ihres 7. Albums in 25 Jahren Bandgeschichte. Zu diesen Anlässen durften wir uns mit Sänger Joshi und Bassist Eike einen Abend vor Release des neuen Albums HassLiebe bei der Show in Köln treffen. Höchste Zeit also um über alles zu quatschen.

Es ging u.a. darum, wie erstaunlich einfach die fetten und ausgefeilten Produktionen entstehen, warum die Band auch in diesen Zeiten lieber Geld verbrennt als auf Nummer sicher zu gehen und dass sich ZSK tatsächlich manchmal anhören muss, dass sie nur aufgrund besserer Verkaufszahlen so politisch ist. Eike und Joshi haben außerdem eine interessante Erklärung dafür, warum ihr Publikum deutlich jünger ist als bei anderen Bands aus ihrer Generation und wundern sich zeitgleich darüber, dass ihnen gelegentlich unterstellt wird, dass sie sich ihre Texte nichts mit der Realität zu tun haben.

cover ZSK - Hass Liebe
cover ZSK – Hass Liebe

AWAY FROM LIFE: Der Rummel um Christian Drosten, eine Solo-Tour und eine Support-Tour für Rise Against, ein neuer Gitarrist, und jetzt auch noch das zweite Album innerhalb von zwei Jahren. Bei euch war ganz schön was los die letzte Zeit. Wie fühlt ihr euch aktuell, jetzt wo es auf 25 Jahre-Jubiläums-Tour geht?
Joshi: Wir sind einfach keine Band, die einfach ruhig rumsitzen kann. Letztes Jahr haben wir 52 Shows gespielt, was wirklich viel ist. Wir mussten aber halt auch einiges nachholen. Und wir fühlen uns…
Eike: …wir fühlen uns gut. Der Release vom letzten Album fiel natürlich in eine etwas schwierige Zeit, in der wir nicht so Gas geben konnten, wie wir es gerne getan hätten.
Joshi: Es war ja quasi das schlimmste, was einem passieren kann: Das Album kommt raus, geht auf Platz drei und du kannst nicht auf Tour gehen – das, was man als Musiker immer will: die neue Musik live ausprobieren.

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ZSK (Photo by Carsten Janke)
ZSK (Photo by Carsten Janke)

AFL: Aber dann wart ihr Ende letzten Jahres ja vermutlich in der Situation, dass ihr HassLiebe schon aufgenommen hattet und trotzdem erstmal auf Ende der Welt-Tour gehen musstet. Wie schwierig ist es dann, die noch neueren Songs zurückzuhalten?
Joshi: Schon ein bisschen, aber es ist wie es ist. Ich will da auch gar nicht jammern. Die ganzen Fragen von wegen „wie habt ihr Corona geschafft?“… Uns gehts doch super. Wir mussten diese Tour nicht absagen. Wir können unsere ganze Crew bezahlen. Wir haben ein neues Album am Start. Um uns herum müssen reihenweise Bands ihre Touren canceln. Klar, auch wir verkaufen weniger Tickets als früher aber es ist alles auf einem Niveau, auf dem man wunderbar arbeiten kann. Da würde ich nie rumjammern. Im Gegenteil, wir sind sehr happy mit allem.

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AFL: Charts hin oder her: Glaubt ihr, das neue Album HassLiebe wird noch erfolgreicher als das letzte, was ja schon euer erfolgreichstes überhaupt war? Ihr checkt ja vermutlich regelmäßig wieviele Vorbestellungen ihr habt…
Joshi: Von den Bestellungen her ist es jetzt schon auf dem Niveau von Ende der Welt. Charts sind an sich nicht so wichtig und letztes Mal hatten wir eine ultra gute Releasewoche, weshalb Platz drei auch möglich war. Dieses Mal ist ganz krasse Konkurrenz…
Eike: Mehrere Best Ofs soweit ich weiß. Best Of Beatles, Rolling Stones Live…
Joshi: Genau, Best Of AC/DC vielleicht noch, das neue In Flames-Album, Fettes Brot – da sind wir chancenlos. Aber wie gesagt: Es ist witzig, als kleine Punkband aus Kreuzberg in den Charts rumzuhängen, aber es ist nichts wo wir dasitzen und tierisch abgehen. Was für mich zählt, ist dass alle die Songs heute Abend mitsingen – da freu ich mich. Charts sind schön, aber da denken wir nicht Tag und Nacht drüber nach…
Eike: Erfolg misst sich ja auch nochmal anders. Heute Abend spielen wir die größte Köln-Show seit unserer Gründung und über 1.000 Tickets sind weg. Das ist der Wahnsinn.

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„Als wir jung waren, hat es uns wahnsinnig gestresst, wenn uns vorgeworfen wurde, wir seien Punkverräter – mit zu kleinen Iros, fehlenden Springerstiefeln und angeblich voll kommerziell. Das haben wir uns echt zu Herzen genommen.“

AFL: Kommen wir zum Album: Im Promotext wird eure Musikalität und Professionalität mit der von Rise Against, Anti-Flag und Bad Religion verglichen – alles Wegbegleiter, Vorbilder und Freunde von euch. Wenn ich mir eure letzten Releases anhöre, stimme ich dem voll zu – alleine schon was die ultra fette Produktion angeht…
Joshi: Boah geil, das sag ich gleich unserem Produzenten.

AFL: Ich gehe stark davon aus, dass ihr genau wisst, was ihr da im Studio veranstaltet und wie man aus vier Akkorden und Gesang ein perfekt ausproduziertes Lied mit Chören, Gitarrenharmonien usw. macht. Wie arbeitet ihr im Studio und wie gut ist euer musikalisches Wissen?
Joshi: Wir haben die letzten sechs Alben alle im Horus Sound Studio in Hannover gemacht, was übrigens einem von den Guano Apes gehört, oder gehört hat. Nur das allererste Album haben wir in Hagen aufgenommen. Im Horus Studio sind wir ein super eingespieltes Team mit dem Techniker. Wir kommen einfach an und können loslegen, ohne erstmal tagelang den Sound einzustellen. Oben drüber ist eine Musikerwohnung, man kann also Tag und Nacht aufnehmen und wir kennen alles ganz genau. Seit dem ersten Album haben wir unseren Produzenten und der Techniker im Studio weiß ganz genau, wie wir aufnehmen – das tut der ganzen Sache einfach gut und wir werden dadurch immer besser. Man kann sich so auch besser auf die Songs konzentrieren, weil es keine Unsicherheiten drumherum gibt.

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AFL: Das beste Lied ist meiner Meinung nach Himmel und ich habe einen interessanten Kommentar dazu bei YouTube gesehen. Dort stand, dass man das Lied überragend findet und trotzdem traurig ist, dass es es gibt. Jetzt lebt auch dieses Lied von seiner Produktion, seinen Chören, seinen vielen Gitarrenspuren… Wie fühlt man sich, wenn man im Studio an so einem Song detailliert arbeitet, um ihn noch besser zu machen? Ihr findet es ja selber furchtbar, dass es so ein Lied geben muss. Macht man das trotzdem mit großer Freude, da so dran rumzuarbeiten?
Joshi: Ja! Das wäre ja total verrückt, wenn ich es dem Lied ankreide, dass der Auslöser dafür so ein furchtbarer Krieg ist. Damit haben wir uns arrangiert. Das Lied war ja tatsächlich das erste vom Album, das wir schon ganz früh veröffentlicht haben. Die anderen Lieder waren da noch gar nicht aufgenommen. Major Label-Experten hätten wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und uns abgeraten, so früh eine Single zu veröffentlichen. Aber wenn man als Punkband im Proberaum sitzt und ein paar Länder weiter die Raketen in die Hochhäuser einschlagen, dann muss man da irgendwie drauf reagieren.

AFL: Der Mix im Video ist ja tatsächlich auch ein ganz anderer als auf dem Album, oder?
Joshi: Ganz genau, das Album wurde erst viel später gemastert. Wir haben aber auch gar nicht so viel an dem Song rumgedoktort. Das war eher ein Schnellschuss aus dem Bauch heraus. Manchmal sind das aber auch die besten Song. Ich hatte das Riff schon eine Weile rumliegen, den Rest haben wir dann aber ganz schnell drumherum gestrickt.

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„Jede andere Band würde sagen: „Wir sind doch nicht dumm? Wir verlieren doch nur Geld.“ Wir sagen: „Fuck it! Wir machen ein geiles Abenteuer mit geilen Menschen um uns herum und lernen tolle Leute kennen.““

AFL: By the way, meine anderen Favoriten sind Darwin und Neuanfang.
Eike: Vielleicht spielen wir sie ja heute.

AFL: Vielleicht… Zufällig gibt es dazu ja auch Musikvideos haha. Apropos Musikvideos: Ich finde eure Promophasen vor Release immer sehr spannend. Ihr habt immer minimum drei Singles inkl. fetter und gut produzierter Musikvideos…
Joshi: Dieses Mal sogar sechs Singles und fünf Videos.

AFL: Und alle davon sind sehr groß in Szene gesetzt – sowohl was Sound als auch was Bild angeht. Das muss ja eine Menge Geld kosten, und irgendwo müsst ja auch ihr vermutlich wirtschaftlich klug handeln, um am Ende euch selbst, die Crew, die Produzenten etc. zu bezahlen. Während andere Bands ein bis zwei Singles veröffentlichen, fließt bei euch mehr Aufwand rein. Wie wiegt ihr das ab, wieviel ihr investieren könnt und wollt?
Eike: Bock!
Joshi: Das stimmt schon. Wir machen tatsächlich recht viel, wo wir einfach nur Geld verbrennen, weil es uns gar nicht so wichtig ist, Geld zu sparen.
Eike: Es steht einfach nicht im Vordergrund, damit Geld zu verdienen. Wir haben ja schon Konzerte in Tel Aviv gespielt, wir waren in Russland, auf Mallorca… Wir machen da einfach verrückte Sachen, weil es Spaß macht. Genauso drehen wir Videos, weil es uns Spaß macht. Wir wissen auch, dass es die Fans sehr schätzen, wenn wir so viel rausbringen. Uns ist die Message wichtiger als das Geld verdienen.
Joshi: Wir mögen’s wenn’s knallt. Und dann geben wir auch gerne Geld dafür aus. Wir stehen auf Abenteuer. Ein Musikvideo zu konzipieren und umzusetzen ist auch eine Art Abenteuer. Da wollen wir nicht dran sparen. Wenn wir in Russland, Israel oder, vor Corona geplant, Japan auf Tour gehen, kriegen wir keine Gage und geben nur Geld aus. Wir zahlen alles selbst. Jede andere Band würde sagen: „Wir sind doch nicht dumm? Wir verlieren doch nur Geld.“ Wir sagen: „Fuck it! Wir machen ein geiles Abenteuer mit geilen Menschen um uns herum und lernen tolle Leute kennen.“ Dann spielen wir halt ein scheiß Festival mehr im Sommer und fertig ist das Ding. Es ist so ein Glück und ein Riesen-Privileg, dass wir das machen dürfen. Keiner kann uns reinreden und wir machen die ganze Zeit genau das, was wir wollen. Das alles hat uns Punkrock geschenkt. Da fang ich doch nicht an zu sparen haha.

„Es war auch einer dieser Momente, wo ich einfach nur froh war, mit meinen besten Freunden unterwegs zu sein und nicht alleine Zuhause in der Küche zu sitzen.“

© Sven Nöhren

AFL: Eure Crew wird es euch trotzdem danken, dass ihr sie bezahlen könnt – gerade jetzt.
Joshi: Ja klar.

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AFL: Ein bisschen Off Topic: Auf dem letzten Album war der Song Stuttgart. Zwar gebt ihr viele Interviews, über euer Privatleben redet ihr aber eigentlich nie. Wie kam es, dass du dich, Joshi, ausgerechnet 2021 dazu entschieden hast, ein Lied über deine verstorbene Mutter zu veröffentlichen? Sie ist ja schon 2016 verstorben soweit ich weiß. Und hat es trotz allem Überwindung gekostet, diese private Sache mit der Welt zu teilen?
Joshi: Das stimmt. Damals hätte ich gedacht, dass ich das außer meinen besten Freunden, die dabei waren, nie jemandem erzählen will. Mit dem Abstand über die Jahre dachte ich aber irgendwann, dass vielleicht auch schön sein kann, das zu teilen. Ich hätte trotzdem niemals gedacht, dass diese Geschichte so viele Leute so interessiert. Es gibt keinen anderen Song, zu dem mir so viele Leute Mails oder Briefe schreiben und auf den ich so oft angesprochen werde. Wenn wir den live spielen, heulen super viele Leute im Publikum. Ich hab eher gedacht, dass sowas niemanden interessiert. Es freut mich, dass es die Leute so bewegt. Das war ein wilder Abend damals in Stuttgart. Benni hat mich gefahren und du bist da geblieben Eike, richtig?
Eike: Genau.
Joshi: Wir sind aus dem Backstage-Fenster ins Mietauto geklettert, das unser Tourmanager organisiert hatte, und dann hat mich unser Gitarrist nach Göttingen gefahren. Ich wusste ja schon, dass es meiner Mutter schlecht ging. Vorher am Tag waren wir noch im Hotel und auf dem Weg zum Soundcheck sind Eike und ich alleine im Tourbus zur Halle gefahren. Zum Glück saß Eike am Steuer, denn genau dann kam der Anruf mit der Nachricht. Es war auch einer dieser Momente, wo ich einfach nur froh war, mit meinen besten Freunden unterwegs zu sein und nicht alleine Zuhause in der Küche zu sitzen. Was tatsächlich manchmal passiert, ist dass Leute mich fragen, ob das wirklich alles so stimmt in dem Text. Z.B. ob uns unsere Eltern wirklich Entschuldigungen für die Schule geschrieben haben, damit wir auf Tour gehen können. Ja klar, wäre doch verrückt, wenn ich mir das ausdenken würde. Alles, was ich da singe, ist exakt so passiert.

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AFL: Nochmal Themenwechsel: Ihr habt den Ruf, eine der politischsten Punkbands des Landes zu sein…
Joshi: Och, da gibt es viel politischere.

AFL:…viele der Themen über die ihr seit 25 Jahren singt, sind, vor allem in der jungen Generation, aktueller und relevanter denn je: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Homophobie… Ich habe aber das Gefühl, dass es nicht mehr die zwingende Verbindung zwischen diesen Themen und Punk als Sprachrohr dafür gibt. Auf einer Fridays for future-Demo hören vermutlich nur die wenigsten Punk. Glaubt ihr, dass Punk als Subkultur noch etwas hat, das andere (Sub-)Kulturen nicht haben? Irgendetwas das man nur im Punk lernen kann?
Eike: Ich denke, dass das D.I.Y.-Prinzip im Punk super stark ist und auch in andere Subkulturen abfärbt. Dass alle alles machen und mit Musik anfangen können, ist eine große Stärke der Punkbewegung. Es muss nicht gut sein, es muss nicht professionell sein, niemand muss es mögen – ich mache etwas, einfach will ich Bock drauf hab. Viele Leute starten etwas, bleiben dran, werden besser und entwickeln sich weiter – innerhalb der Musik oder außerhalb. Im Punk ist nicht immer alles so grazil, die Energie, die rüber kommt, ist aber umso stärker.
Joshi: Jeder kann mitmachen, jeder kann was beitragen. Das hat mich immer fasziniert.

„Wenn Leute uns sagen, wir seien eine Kiddie-Band, finde ich das einfach nur wunderbar. Wer das nicht mag, kann ja zu seiner Alte-weiße-Männer-Musik gehen.“

© Sven Nöhren

AFL: Kam es schonmal vor, dass Leute von euch erwartet haben, euch zu jeder Kleinigkeit Tag ein Tag aus zu äußern? Weil ihr nunmal so eine politische Band seid? Und falls ja, wie oft denkt ihr euch „ich will einfach nur meine Ruhe haben…“?
Joshi: Jeden tag haha. Es gibt alles: Es gibt Leute, die uns beschimpfen und sagen, wir seien viel zu politisch und die einfach nur Party machen wollen. Gleichzeitig gibt es Leute, die sagen, wir seien nicht politisch genug, weil wir uns da und dazu nicht geäußert haben. Wir können es unmöglich allen recht machen und das Gute ist: ich muss es auch nicht. Wofür muss ich mich rechtfertigen? Klar, wenn ich irgendwo grob Scheiße baue, rechtfertige ich mich. Aber sonst? Wenn jemandem unser neues Lied nicht gefällt, lösche ich es ja auch nicht von Spotify? Was so simpel klingt, mussten wir aber auch erst lernen. Als wir jung waren, hat es uns wahnsinnig gestresst, wenn uns vorgeworfen wurde, wir seien Punkverräter – mit zu kleinen Iros, fehlenden Springerstiefeln und angeblich voll kommerziell. Das haben wir uns echt zu Herzen genommen. Heute denke ich mir: „Wie bescheuert, engstirnig und konservativ? Ich bin doch gerade in der Punkszene, um zu tun und zu lassen, was ich will und nicht um mich beschimpfen zu lassen, wie meine Haarfarbe aussieht.“ Es gibt aber auch Leute, die sagen, dass wir dieses Polit-Ding nur machen, weil es sich so gut verkauft. Ich kann euch eins verraten: wenn man sich keine Freunde macht, dann mit dem was wir tun. Würden wir die Schnauze halten und uns nicht angreifbar machen, wäre alles so viel einfacher. Ich will nicht jammern, aber es gibt immer wieder Festivals, die sagen, dass sie „Linksextremisten“ wie uns nicht buchen wollen.

„Manchmal melden sich auch irgendwelche Drecks-Deutschrock-Scheiß-Magazine, wo ich einfach nur sage „fickt euch, euch geb ich nicht mal für 1.000 Euro in bar ein Interview!““

AFL: In der Halle ist ja schon eine Menge los. Wenn ich mir euer Publikum angucke, fällt mir auf, dass der Altersdurchschnitt erstaunlich niedrig ist. Ohne euch zu nahe zu treten: bei anderen Bands, die 25 Jahre dabei sind, ist das nicht der Fall. Woran, glaubt ihr, liegt das?
Joshi: Absolut! Und wir lieben das! Ich denke, weil wir so gut aussehen haha.
Eike: Es ist wahrscheinlich der Look haha. Ich denke, es ist vor allem so, weil wir auf eine nette und verständliche Art politische Themen aufgreifen – ohne zu predigen. Wenn man im jugendlichen Alter viele Fragen zu diesen Themen hat, ist es spannend, Antworten zu bekommen, die über die Broschüre aus dem Ethik-Unterricht hinaus gehen. Wir bieten da natürlich eine etwas radikalere und grundsätzlichere Position, die Anklang findet. Ich glaube aber, wir sind deswegen attraktiv. Und weil wir natürlich gute Musik machen haha.
Joshi: Ich denke, unsere Konzert begeistern die Leute auch. Wir hören das viel, dass ältere Geschwister das nach unten weitergeben. Ich bin mega glücklich, dass wir so junges Publikum haben und ich sag dir: wenn wir irgendwann nur noch alte Leute anziehen, dann hören wir auf – das wird mir zu langweilig. Wir machen keine alte Leute-Musik. Ich liebe es, wenn bei uns die 15-Jährigen durchdrehen. Es gibt Bands, denen es schwer fällt, vor jungem Publikum zu spielen, weil die sich dann so weit davon weg fühlen. Bei mir ist das zum Glück nicht der Fall. Ich finde es so cool, dass die Fans jung und engagiert sind. Manchmal etwas überengagiert aber insgesamt ist das einfach nur toll haha. Wenn Leute uns sagen, wir seien eine Kiddie-Band, finde ich das einfach nur wunderbar. Wer das nicht mag, kann ja zu seiner Alte-weiße-Männer-Musik gehen.

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AFL: Inwiefern verfolgt ihr Punkmagazine, Online-Blogs, Fanzines, YouTube-Channels, etc.? Bei euch muss man ja nie groß rumdiskutieren und ihr seid immer dabei, wenn es um Interviews oder Kollaborationen geht…
Eike: Das ist uns einfach total wichtig, dass wir da gar nicht erst irgendwelche Rockstar-Allüren oder so entwickeln. Es ist halt eine D.I.Y.-Szene und es gibt viele kleine Zines und ein paar größere Magazine. Wir wollen da gerne mit allen in Kontakt sein und allen zur Verfügung stehen. Es ist cool, dass es diese Szene gibt und all diese unterschiedlichen Medien in verschiedenen Größen auf uns zu gehen. Wir finden das sehr spannend und gut und lesen auch viel davon.
Joshi: Ich kann den einen Tag acht Seiten Visions machen und den nächsten mit einem kleinen Fanzine sprechen. Mir ist es nur wichtig, dass die Sache mit Herzblut gemacht wird. Manchmal melden sich auch irgendwelche Drecks-Deutschrock-Scheiß-Magazine, wo ich einfach nur sage „fickt euch, euch geb ich nicht mal für 1.000 Euro in bar ein Interview!“ Wir wählen das schon sehr genau aus, es ist aber kein Kriterium, ob ein Magazin viele oder wenige Leser hat, sondern ob wir das Gefühl haben, dass da gute Sachen gemacht werden. Klar kann ich nicht immer auf den ersten Blick erkennen, ob Magazin XY vor zehn Jahren schonmal ein Interview mit irgendeiner Band gemacht hat, die mir nicht gefällt, insgesamt kriegt man aber schon sehr schnell einen guten Eindruck, ob das Trottel sind oder nicht.

AFL: Die letzte Frage ist sehr simpel: Was gibt’s neues bei eurem Projekt Kein Bock auf Nazis? Abgesehen vom Business as usual, das ihr seit 20 Jahren durchzieht…
Joshi: Sehr viel. Es kommt dieses Jahr ein neues, kostenloses Jugendmagazin mit 20.000er Auflage. Wir machen die ganzen Festivals im Sommer, sind natürlich auf der ZSK-Tour und bei der Donots-Tour werden wir auch dabei sein. Wir planen wieder ein Flugzeug zu chartern, um den AFD-Parteitag mit einem Riesen-Banner zu stören. Dazu kommen viele Workshops, es stehen einige Landtagswahlen an, und und und… Es ist einfach schön zu sehen, wie wahnsinnig diese Kampagne gewachsen ist. Wir haben während Corona gemerkt, dass wir kaum noch Spenden hatten, weil wir ja keine Infostände mehr machen konnten. Wir konnten sogar kaum noch das Büro und unsere Busse, mit denen wir zu den Festivals fahren, bezahlen. Dann haben wir aber eine Kampagne gestartet, bei der die Leute zu Dauerspendern werden konnten – also quasi ganz viele Menschen, die jeden Monat einen kleinen Betrag spenden. Das hat wahnsinnig gut geklappt und wir können viel besser planen. Wir haben jetzt fast 500 Dauerspender, die alle zwischen fünf und 100 Euro pro Monat spenden und das hilft uns natürlich enorm. Die Kampagne steht also auf sehr guten Füßen dank diesen Leuten und man kann sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren.

AFL: Danke für das Interview!

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