Insanity (Photocredit Joel Najer)

Am 13. Dezember veröffentlichen Insanity ihre neue Platte Moneyfest über Bastardized Recordings. Wir haben uns vorab mit Gitarrist Michi über den Aufnahmeprozess, die Message des Albums und die aktuelle Situation der Hardcore-Szene in der Schweiz unterhalten.

Die Songs verbindet eine gemeinsame Message gegen die vom Geld gesteuerte Welt, und da (…) passt natürlich auch Karl Marx als Protagonist.

AFL: Hey Michi! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst. Am 13. Dezember erscheint eure neue Platte Moneyfest über Bastardized Recordings. Was darf man als Fan erwarten?

Sehr gerne! Unsere Fans dürfen sich auf eine explosive Mischung aus Hardcore, Metal und Punk freuen. Wir haben uns musikalisch sowie lyrisch auf viele Experimente und Einflüsse eingelassen, sodass kreative, abwechslungsreiche Songs entstanden sind, deren Texte das kapitalistische System an allen Ecken anprangern. Dabei haben wir aber großen Wert auf Unterhaltung gelegt, das heißt ihr werdet mal ironische, mal lustige, und mal versteckte Botschaften hören, es gibt Storytelling sowie auch Zukunftsfiktion. Alles in allem bleiben wir natürlich Insanity, aber wir haben Neues gewagt und das hat spannende Songs ergeben, die nicht nur mit Klischees brechen, sondern auch zum Nachdenken anregen und – das ist auch klar – auch einfach zum Abgehen geeignet sind.

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AFL: Wie verlief der Aufnahmeprozess und was hat sich zum Vorgänger Toss A Coin geändert?

Wir haben uns beim Aufnehmen mehr Zeit genommen. Gerade aufgrund der erwähnten Experimente, welche vor allem die Vocals und Gangshouts betreffen, mussten wir uns auch im Studio erstmal anhören, wie das klingt, um dann teilweise stundenlang an einem Detail zu feilen, zu diskutieren, neu aufzunehmen, bis es irgendwann stimmig war. Wir haben uns schon im Kompositionsprozess viel mehr an Details abgearbeitet, denn die Einbindung dieser typischen Metal-Riffs in Hardcore Songs, und dann die teils punkigen Refrains, das braucht dann schon viel Feingefühl, damit das in sich stimmt, in der Schweiz würden wir sagen, „damit’s verhebt“. Und daher kamen wir schon mal besser vorbereitet ins Studio und haben dort noch mehr gearbeitet als früher. Das hat sich schon auf die Qualität des Albums ausgewirkt und wir hoffen sehr, dass man das auch so wahrnehmen wird.

AFL: Das Cover kommt ja schon sehr provokativ rüber. Mir gefällt es auf jeden Fall, aber was hat es damit auf sich? Welche Message steckt dahinter?

Karl Marx steht quasi als Inbegriff der Kapitalismuskritik im Mittelpunkt. Dass er nun da sitzt und mit Geld um sich schmeißt und dabei noch mit einer historischen Waffe des zivilen Widerstands in der Schweiz posiert, das kann ganz unterschiedlich interpretiert werden, da möchten wir auch gar nichts vorweg nehmen. Dass es provoziert ist klar. Die Songs verbindet eine gemeinsame Message gegen die vom Geld gesteuerte Welt, und da wir uns stilistisch sowieso von verschiedensten Künstlern, Schriftstellern, Philosophen, sogar von alten römischen Kaisern haben inspirieren lassen, passt natürlich auch Karl Marx als Protagonist. Dass das Bild aber vor allem in der Kombination mit dem Wort „Moneyfest“ funktioniert, dürfte auch klar sein, das ist natürlich eine Anspielung auf das kommunistische Manifest.

AFL: In eurer Musik steckt allgemein sehr viel Gesellschaftskritik. Ihr prangert an und bezieht konkret Stellung. Was sind momentan, eurer Meinung nach, die größten Missstände, die es zu beseitigen gilt?

Das Problem ist doch, dass der größte Missstand fast nicht zu beseitigen ist. Man kann gegen rechtsradikale Gesinnungen vorgehen, man kann Flüchtlingen helfen, man kann gegen Krieg demonstrieren und für bessere Löhne für Fabrikarbeiter kämpfen. Aber solange die kapitalistische Grundordnung als Basis für alle Denk- und Handlungsweisen der Menschen dient, wird keines dieser Probleme dauerhaft zu lösen sein. Wenn gewisse Kreise von Arbeitern die großen Korporationen in Schutz nehmen und dafür gegen Überfremdung und Flüchtlinge demonstrieren, weil sie befürchten, dass ihnen etwas weggenommen werden könnte, dann ist das der ultimative Beweis, dass der Kapitalismus alle Teile der Gesellschaft erfasst hat und nicht mehr zulässt, dass man die Ausbeutung der großen Firmen als Ausbeutung wahrnimmt, da man sich das nämlich selbst verinnerlicht hat und irgendwie auch richtig findet.

Dass hierbei durch die irrsinnige Idee vom ständigen Wachstum auch der Planet an seine Grenzen kommt, ist ein weiteres Problem, das Max Muster gerne ignoriert, denn es könnte ja sein, dass er durch die Maßnahmen zum Schutz der Natur auf etwas verzichten müsste, und Verzicht passt halt mal so gar nicht zur kapitalistischen Denkweise von Anhäufung und Konsum. Diese Mechanismen nehmen die meisten aber gar nicht wahr, und deshalb ist das auch der grösste Missstand, auf dem alle konkret fassbaren Missstände wachsen. Denn das System wird nicht angezweifelt, es hat sich dermaßen in den Köpfen der Menschen festgesetzt, dass es sich wie ein Naturgesetz anfühlt, oder für die Gläubigen: als hätte es Gott selbst so gewollt.

Insanity (Photocredit Joel Najer)

AFL: Die Release-Show steigt am 28. Dezember im Konzerthaus Schüür in Luzern. Im Line-Up sind ausschließlich Schweizer Bands zu finden. Wie ist es momentan um die Szene bei euch bestellt?

Richtig gut! Es gibt eine Menge tolle Bands, viele Konzerte in fast allen Städten und dabei beweisen nicht wenige auch einen guten Sinn für Innovation, neue Ideen und richtig fette Musik. Ich spüre auch eine Annäherung der verschiedenen Szenen der härteren Musik untereinander und das ist großartig, denn es beflügelt nicht nur musikalische Innovation, sondern trägt die ideologischen Forderungen der Musiker auch in weitere Kreise. Dass es nur selten mal eine Band „schafft“, hat vor allem mit den hohen Lebenskosten in der Schweiz zu tun, das würde schon sehr hohe und regelmäßige Einnahmen erfordern, um den großen Schritt zu machen. Aber es ist und bleibt halt Underground, und das ist auch schön so, denn der funktioniert in sich selbst richtig gut.

AFL: Als Band seid ihr ja schon ordentlich in der Welt rum gekommen. Neben Touren in Europa stehen auch Länder wie Indonesien, Malaysia oder Kuba in eurer History. An welche Highlights denkt ihr dabei zurück?

Vor allem an die total unterschiedlichen Kulturen, an die man sich jeweils unglaublich schnell gewöhnt hat, wenn man die Szene und die Musik als Verbindungspunkt hat. Das verbindet sofort, man findet sich sehr schnell, auch über Sprachbarrieren hinweg, und lernt die lokalen Kulturen und Menschen richtig gut kennen. Da sind so viele gute Stories entstanden, so viele einmalige Erlebnisse, das wird jeden von uns bis an unser Lebensende begleiten. Darüber hinaus bleiben natürlich einzelne Shows, die man nicht so schnell vergisst, wir hatten teilweise ein richtig großes und emotionales Publikum in Ländern, zu denen noch keiner von uns je Kontakt gehabt hatte.

AFL: Dürfen sich eure deutschen Fans demnächst auch mal wieder über ein paar Shows freuen? Bisher steht ja lediglich Bremen mit dem „Hardcore is Back“ auf dem Programm.

Da kommt auf jeden Fall noch mehr! Bisher ist tatsächlich nur Bremen bestätigt, aber das soll natürlich nicht so bleiben. Auf diesem Weg: Wer uns buchen möchte, meldet euch gerne bei uns!

AFL: Das Jahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Bei uns läuft aktuell wieder ein Rückblick, bei dem wir unsere Höhepunkte des Hardcore-Punk-Jahre 2019 vorstellen und unsere Leser mit abstimmen können, was ihre Highlights waren. Was waren eure Neuerscheinungen des Jahres? Gab es auch Enttäuschungen? Was war die beste Show bzw. das beste Festival, das ihr 2019 besucht habt?

Festival-Highlight war für uns das Mighty Sounds in Tschechien, wo wir dieses Jahr spielen durften. Richtig geile Leute, gute Stimmung, richtig top um sich wohl zu fühlen. Dann waren einige von uns zum ersten Mal am Punk Rock Holiday und das war wohl eins der besten Festivals bis hierhin! Dann ist in der Schweiz das Openair Gränichen halt immer top, im nicht allzu großen Rahmen, das beste aus der Welt des Metal, Hardcore und Punk, eine absolute Empfehlung!! Musikalisch gab es einige tolle Releases. Unsere Freunde von Chelsea Deadbeat Combo haben mit „Perspectives“ eine Hammer HC-Punk Scheibe rausgebracht, ebenso No Reward, und auch Mindcollision. Darüber hinaus ist ja gerade „Anthems“ von Raised Fist erschienen, das ist der absolute Wahnsinn aus meiner Sicht. Ich liebe die Band sowieso, aber dieser Release kratzt scharf an meinem absoluten Liebling „Veil of Ignorance“.

AFL: Danke für das Interview. Hast du noch etwas, das du gerne raushauen würdet?

Schaut zueinander, lasst euch nicht vom Geld verarschen und genießt die Musik!

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