„Welcome To The West Coast!“, hieß es am 16. August, als die 2017-wiedervereinten Lionheart zum ersten LHHC Fest einluden. Naja, nicht so ganz, denn die Festivitäten sollten nicht etwa in Oakland oder San Francisco stattfinden, sondern in Münster, ganz fernab der Heimat. Ein Umstand, der dem Mitteleuropäer definitiv zu Gute kommt. Wenn dann neben den Kaliforniern auch noch solch erlesene Partygäste wie Turnstile, Desolated oder Higher Power auf der Gästeliste aufscheinen, hat man eigentlich schon genug Gründe, sich den Feierlichkeiten anzuschließen. Neben den bereits erwähnten Bands komplettierten Brutality Will Prevail und die deutschen Acts Fallbrawl, Slope und Additional Time das Line Up. Ein wirklich reizvolles, buntgemischtes Billing. Glücklicherweise war am 15. August ein Feiertag in Österreich, so sparte man sich noch einen Urlaubstag und letztendlich war die einzige noch offene Frage, die Frage der Anreise. Nach kurzer Recherche fand man günstige Angebote einer rosa Billigfluglinie und damit war dann auch diese Frage schnell geklärt.
So machte man sich am Vortag zu zweit via Dortmund auf den Weg ins mehr oder weniger beschauliche Münster. Rechtzeitig dort ankommen erkundete man die Altstadt, hakte schnell die touristischen Highlights ab und testete noch kurz die ein oder andere Lokalität vor Ort. Doch nicht zu lange, schließlich wollte man ja am nächsten Tag fit sein. Nachdem dieses Vorhaben auch gelungen war, traf man am Folgetag pünktlich um 15 Uhr zum Einlass beim Skaters Palace ein. Bei dem Skaters Palace handelt es sich um eine (Überraschung) Skaterhalle, die sich zu gegebenen Anlässen in eine Veranstaltungshalle umfunktionieren lässt und so für ca. 1.600 Besuchern Platz bieten kann. 1.600 Personen waren es zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. Es dürften wohl so um die 20 Leute gewesen sein, die zu dieser unchristlichen Zeit an einem Werktag bereits warteten, die Halle entern zu können. Das Eingangsprozedere war schnell erledigt und nachdem man kurz den Außenbereich begutachtete (vor der Halle war ein Essenstand aufgebaut und mehrere Holzbänke und Holztische wurden aufgestellt) ging es auch schon hinein in die gute Stube. Im Zuge des ersten Rundgangs wurde auch die Absperrung vor der Bühne notiert. Schade, aber war eigentlich auch zu erwarten. Obwohl es gleich losgehen sollte, waren noch nicht viele Besucher anwesend. An dieser Stelle muss noch erwähnt werden, dass der Beginn der Veranstaltung kurzer Hand von 16:00 auf 15:30 Uhr vorverlegt wurde.
Sehr zum Leidwesen der ersten Band an diesem Tag, Additional Time. Dieser Umstand hat den Saarländern sicherlich nicht in die Karten gespielt, denn als die Jungs loslegten waren erst eine Handvoll von Leuten vor der Bühne. Davon ließ sich die Band jedoch nicht beirren und legte einen soliden Auftritt hin. Auch wenn es im Laufe des Sets ein paar Besucher mehr wurden, die Jungs hätten sich ein größeres Publikum auf jeden Fall verdient gehabt. Vor allem der Sänger war sehr engagiert, doch so recht wollte der Funke noch nicht überspringen und über anerkennendes Kopfnicken ging der Bewegungsradius der Zuseher zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht hinaus.
Dies sollte sich dann bei der nächsten Band, Slope, allerdings schon ändern. Die haben anscheinend einige Fans mitgebracht, denn hier war dann schon um einiges mehr los. Sowohl in der Halle an sich als auch direkt vor der Bühne. Es dauerte nicht lange, bis der groovige Hardcore der Jungs aus Duisburg zu den ersten Tanzeinlagen des Tages animierte. Der Sound ist ja nun wirklich prädestiniert dafür, das Tanzbein schwingen zu lassen und kam auch gut beim Publikum an. Hat auf jeden Fall Spaß gemacht.
Einiges an Groove hatte auch die nächste Band zu bieten, mit der es erstmalig international wurde: Higher Power aus England betraten die Bühne. Stilistisch betrachtet sicherlich die „exotischsten“ am heutigen Abend. Im Gegensatz zu Slope schien das Dargebotene aber jedoch auf weniger Anklang zu stoßen, denn es war hier nun deutlich weniger los, als noch zuvor bei den Duisburgern. Sei es drum, mich konnten die Jungs überzeugen, auch wenn ich verstehen kann, wenn nicht jeder gleich Feuer und Flamme ist mit dieser Art von Hardcore. Die wenigen motivierten vor der Bühne ließen sich aber nicht lumpen und legten auch hier eine flotte Sohle aufs Parkett. Allerdings gab es hier auch geschuldet der Musik die ein oder andere Ruhephase zwischendurch, ehe nach Ankündigung des Säers Jimmy wieder an Tempo zugelegt wurde.
„This is for the Freaks in the Moshpit“
Die Freaks dankten es ihm mit der ein oder anderen artistischen Glanzleistung. Nach einer relativ kurzen Spielzeit von ca. 25 Minuten war das Set dann auch schon wieder vorbei. Mir hat es gefallen und es hätten ruhig noch ein paar Minuten mehr sein dürfen.
Das war es dann vorerst auch mit den verhältnismäßig ruhigeren Tönen, denn mit den nächsten 3 Kapellen – Brutality Will Prevail, Fallbrawl und Desolated – wurde die Schlagzahl (sprichwörtlich) im Anschluss drastisch erhöht. Den Anfang der „Beatdown Welle“ machten in diesem Fall die Waliser von Brutality Will Prevail, mit neuem Album im Gepäck. Und wie man es vielleicht erahnen kann, war der Name hier auch Programm. An dieser Stelle möchte ich noch anmerken, dass ich mit Brutality Will Prevail bzw. Beatdown generell eher weniger anfangen kann. Die Pause zwischen Higher Power und Brutality Will Prevail nutzte man für einen neuerlichen Rundgang, bei dem man das Obergeschoss der Halle entdeckte. Dort gab es ein paar Sitzmöglichkeiten und erfreulicherweise sogar noch freie Sitze direkt vor dem Fenster (in weiterer Folge „Logenplatz“ genannt), wo man einen exzellenten Überblick über das Geschehen in der Halle hatte. Dies lud natürlich unweigerlich zum Verweilen ein und so machte man es sich hier zu Beginn des Sets von Brutality Will Prevail gemütlich. Die hatten anscheinend keine Zeit zu verlieren und legten gleich ordentlich los. Auch im Pit ging es von Beginn an gut zur Sache, das war schon ein feiner Anblick.
Obwohl mich der Sound live mehr überzeugte als auf „Platte“, entschied man sich dennoch nach drei Songs den Außenbereich zwecks Nahrungsaufnahme aufzusuchen. Wie schon eingangs erwähnt, gab es draußen einen Essenstand, bei dem unter anderem Pommes, Bratwurst oder Toast angeboten wurden. Vor ebendiesem warteten schon einige hungrige Mäuler, sodass die Essensausgabe leider etwas mehr Zeit in Anspruch nahm, als zuerst gedacht. Daraus resultierend konnten wir dem restlichen Set von Brutality Will Prevail auch nicht mehr beiwohnen. Nach dem Set strömten die Massen ins Freie und der Platz füllte sich recht schnell. Auch beim einzigen Ein- bzw. Ausgang staute es sich und so dauerte es ein paar Minuten, bis man wieder im Innenbereich war. Aufgrund dieser „Überfüllung“ und dem Gedränge war der Außenbereich in den Pausen zwischen den jeweiligen Bands eher zu meiden, da darf man sich für das nächste Jahr gerne etwas überlegen.
Frisch gestärkt ging es nun wieder vor die Bühne, wo bereits der letzte deutsche Act des Abends in den Startlöchern stand. Mit Fallbrawl stand Beatdown Action aus dem Ruhrpott auf dem Programm, an Härte wohl kaum zu überbieten! Da wir die Show aus sicherer Distanz in den hinteren Reihen verfolgten, kann ich über das Treiben an vorderster Front leider nicht viel sagen, Sänger Andree zeigte sich jedoch zufrieden und die Band legte einen guten Auftritt hin. Auch wenn das musikalisch auf Dauer nichts für mich ist, so ein Set kann man sich auf jeden Fall mal geben.
Anders als bei den kürzlich wiedervereinten Desolated aus UK, die sich gerade auf Reunion Tour befinden und nun als nächster dran waren. Mit denen wurde ich schon im Vorfeld nicht so recht warm und daran änderte auch deren Live Auftritt nichts. Gemessen an der Anzahl der T-Shirts der Anwesenden war ich da vielleicht in der Unterzahl, Desolated scheinen sich doch recht hoher Beliebtheit zu erfreuen. Aus diesem Grund zogen wir uns respektvoll auf die Logenplätze zurück und beobachteten das Geschehen aus weiter Ferne. So hatte man einen guten Blick auf die Action vor der Bühne, und von der gab es reichlich! Das war schon sehr geil anzusehen, dennoch war man froh hier oben zu sein und nicht im Gemenge weiter unten, alle Achtung.
Nachdem nun bereits 6 von 8 Bands an der Reihe waren, steuerte man langsam aber sicher dem Ende entgegen. Doch bevor mit Lionheart der krönende Abschluss folgen sollte, bahnte sich davor noch ein weiteres Highlight an: Turnstile! Böse Zungen behaupteten im Vorfeld sogar, bei den Amerikanern würde es sich um den eigentlichen Headliner des Abends handeln. Ähnliche Diskussionen gab es bereits beim diesjährigen Ieperfest in Belgien, wo die Jungs aus Baltimore vor Madball ran durften. Und da hatten Turnstile die NYHC-Veteranen definitiv in den Schatten gestellt (was natürlich nicht heißen soll, dass Madball keine gute Show abgeliefert hatten, Gott bewahre!). Da der Auftritt in Ieper noch nicht lange zurück liegt, wollte ich es hier etwas ruhiger angehen lassen und die Show aus etwas gemäßigter Distanz zu den vorderen Reihen verfolgen. Das ging auch ein paar Minuten gut, doch spätestens als die ersten Akkorde von Drop einsetzten, wurde auch dieses Vorhaben schnell wieder über den Haufen geworfen. Es ist schon erstaunlich mit welcher Intensität die Jungs von der ersten Sekunde an lospreschen und welch Energie dadurch freigesetzt wird. Eben diese Energie überträgt sich auch sofort auf das Publikum und fortan stand eigentlich keiner mehr still. In ununterbrochenem Tempo bretterten die Amis ihr Set herunter, Verschnaufpausen Fehlanzeige. Die Crowd dankte es ihnen mit einer ebenso unermüdlichen Performance im Pit. Da war schon was los. Danach hieß es erst mal raus an die frische Luft, durchatmen und den dehydrierten Körper mit Flüssigkeiten auftanken. Das war auch bitter nötig, Turnstile hatte mit diesem Auftritt auf jeden Fall schon mal ordentlich vorgelegt.
Kurz gesammelt und wieder rein in die Halle, denn schließlich wollte man sich pünktlich vor dem Auftakt des „Gastgebers“ Lionheart noch einen guten Platz sichern. Die Vorbereitungen auf der Bühne waren dabei schon voll im Gange, unter anderem konnte man bereits 4 Luftballons sehen, die den Schriftzug „LHHC“ bildeten. Nett. Als einem während dem Intro dann auch noch plötzlich aufblasbare Donuts, Pizzastücke oder Flamingos entgegenflogen, fragte man sich kurzzeitig ob man nicht doch fälschlicherweise auf einer Pool Party gelandet ist. Zwar fehlte hierfür das kühle Nass, doch Party war auf jeden Fall angesagt. Sofort bildete sich ein standesgemäßer Moshpit, der gefühlsmäßig die halbe Halle in Anspruch nahm. Frontmann Rob hatte die sichtlich motivierte Meute vom Beginn an im Griff, sodass auch die Frage des „wirklichen“ Headliners rasch geklärt war. Punkt für Lionheart. In weiterer Folge nutzten die Kalifornier den Slot als Headliner gebührend aus, was sich u. a. in diversen Ansprachen oder Animationsversuchen während der Show bemerkbar machte. Zwischendurch wurde der brachiale Sound auch immer wieder einmal mit diversen Hip Hop Einlagen (z.B. Smoke Weed Everyday) aufgelockert. Straft mich lügen, aber die vorgetragenen Songs müssten alle fast ausschließlich aus der letzten Schaffensphase der Band (ab 2016) gewesen sein. Da hätte ich mir persönlich noch die ein oder andere Nummer aus früheren Werken gewünscht, aber das ist natürlich Geschmackssache. Da der Tag nun allmählich seinen Tribut zollte und mich die Ansprachen zwischendurch Zunehmens nervten (das war für meinen Geschmack schon etwas zu viel Gerede an mancher Stelle), nutzte ich die Gelegenheit zu einem erneuten Rundgang. Anscheinend war ich mit meiner Griesgrämigkeit alleine, denn die Stimmung war weiterhin top und die Leute in der Halle huldigten dem würdigen Headliner mit lautstarken „LHHC“ Rufen. In der Zwischenzeit hatte ich mich auf den Logenplatz zurückgezogen, von wo ich unter anderem das Cover von Fight For Your Right (To Party) vernehmen konnte. Dieses Recht hatten die Besucher und davon wurde auch ausgiebig Gebrauch gemacht. Als kurz vor Schluss die Nummer LHHC rausgehauen wurde, geriet das ganze völlig aus dem Ruder und es war Eskalation pur angesagt. Das Treiben vor der Bühne zauberte einem einen fetten Grinser ins Gesicht, so soll es sein. Das war sicherlich eines der Highlights und würdiger Abschluss eines gelungenen Tages.
Das war es nun, das erste (alljährliche?) LHHC Fest in Münster. Rückblickend ein Ausflug, der sich nicht nur aufgrund des durchgemischten Line Ups definitiv gelohnt hat. Raum für Kritik bietet wie gesagt die Tatsache, dass bei einem Fest dieser Größe ein einziger Ein-/Ausgang zu wenig ist und der Außenbereich (inkl. nur einem Imbissstand) verhältnismäßig klein war. Nichtsdestotrotz darf man gespannt sein, ob bzw. in welcher Form das 2. LHHC Fest 2020 stattfinden wird. Bei entsprechendem Line Up sind wir gerne wieder mit dabei!
danke dir! haha, können uns gerne zusammen sprechen wenn wieder etwas ansteht! 😉
Ja, gern. Glaub dir wird’s meine Mail-Adresse eh anzeigen. Bin öfters mal in AT, D, CZ,… unterwegs.
Kannst gern ma schreiben, bin für Konzertreisen grundsätzlich zu haben (Ieper möcht ich nächstes Jahr evtl mal)
Desolated und Turnstile in der Loge waren super. Vor allem da die securities bei desolated teils nicht wussten, wo sie einschreiten müssen und wo nicht haha
Grüsse aus linz
Unterschreibe ich. War n richtig gutes Line Up. Das war die Reise wert.
Aber das nächste mal sagst was, bevor ich da wieder alleine, von Wien, rauf eier 😉