Support The Scene #1 – Daniel (Broken Stage, Ulm)

"[…] natürlich ist die Punk Rock Szene darauf angewiesen, dass jemand die Initiative ergreift und sich engagiert!"

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[Support the Scene: In dieser Kolumne stehen die Leute hinter der Bühne im Vordergrund, die ihre kostbare Freizeit opfern, um DIY Shows zu organisieren. Ihre Geschichte wollen wir hier erzählen…]

Was macht man als erstes in einer neuen Stadt? Natürlich nach Punk- und Hardcorekonzerten suchen! Hierbei kommt man in Ulm an Broken Stage nicht vorbei und deshalb stellte ich auf alkoholischer Weise schnell Kontakt zu Dani von Broken Stage her! Dementsprechend gehört ihm die Ehre die neue Rubrik zu eröffnen…

HeyHo! Stelle Dich doch bitte kurz einmal selbst vor!
Hey, ich bin der Dani (33) aus Ulm. Ich spiele seit 19 Jahren in einer Punk Rock Band namens Blendof und hatte nebenher auch schon einige andere Bands. Aktuell spiele ich außerdem noch bei Love Forty Down (Review). Ich bin absoluter Punk Rock Enthusiast und mache deswegen auch seit 6 Jahren DIY-Shows.

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#1 Wo und unter welchem Namen veranstaltest Du Konzerte?
Ich (wir) veranstalte unter dem Namen Broken Stage Konzerte in Ulm. Eigentlich machen wir fast ausschließlich Punk Rock Shows, aber gelegentlich findet sich auch mal eine Hardcore oder Crust Band im Line Up. Seit 2016 machen wir auch ein kleines Festival namens The Broken Fest.

Wenn wir es nicht machen, macht niemand anderes in der Stadt Konzerte mit den Bands, die ich sehen will.

#2 Seit wann machst Du das Ganze und wie kamst Du dazu?
Die ersten Shows habe ich schon ungefähr ab 2003 veranstaltet. Das waren aber hauptsächlich Austauschkonzerte für meine eigenen Bands. Seit 2012 veranstalte ich zusätzlich Shows, um gute Bands nach Ulm zu bringen und Ulmer Bands die Möglichkeit zu geben, sich in einer lokalen Szene auszutauschen und entwickeln zu können.

Zum Booking bin ich durch zwei Freunde gekommen. Die beiden veranstalteten zu der Zeit immer mal wieder Shows in Ulm. Als sie Unterstützung benötigten, bin ich eingestiegen. Die zwei waren damals die einzigen in der Stadt, die Bands gebucht haben, die ich mir gerne angeschaut habe. Nun konnte ich Teil davon sein und auch Bands buchen, die ich gut finde, anstatt darauf hoffen zu müssen, dass sich bei einem anderen Konzert in der Stadt zufällig eine gute Punk Band im Line Up wiederfindet. Es hat mir direkt gefallen, dass wir so viele gute Bands aus allen möglichen Ländern veranstalten können.

Mittlerweile haben sich die zwei Freunde von damals anderen Projekten gewidmet und ich mache das Booking alleine. Allerdings hat die Broken Stage Familie ganz viele neue enthusiastische Mitglieder bekommen, die mit mir die Shows umsetzen.

The Broken Fest 2018

#3 Warum opferst Du deine Freizeit dafür?
Aus mehreren Gründen. Einer davon ist sehr pragmatisch und eigennützig: Wenn wir es nicht machen, macht niemand anderes in der Stadt Konzerte mit den Bands, die ich sehen will.
Und natürlich ist die Punk Rock Szene darauf angewiesen, dass jemand die Initiative ergreift und sich engagiert. Das Schöne am Punk ist ja, dass er den Beteiligten die Möglichkeit bietet, selbst was erschaffen zu können. Das macht total viel Spaß. Wenn die Besucher auf einer Show Spaß haben und das Team eine positive Rückmeldung für das Engagement bekommt, lohnt es sich auf jeden Fall!
Außerdem lernt man total viele nette Menschen kennen, die genauso ticken, wie man selbst und man findet neue Freunde in ganz Europa und der Welt. Gibt es was Besseres?
Wenn man dann selbst mal Hilfe für ein Konzert oder gar eine Tour braucht, hat man schon ein riesiges Netzwerk auf das man zurückgreifen kann. Das ist großartig, ich liebe DIY!

#4 Was sind die Dinge, die Dich dabei am meisten stören/ aufregen?
Eigentlich gibt es da nicht viel. Wir haben in den letzten Jahren mit sinkenden Besucherzahlen zu kämpfen. Die Punk-Rock-Kids der 90er sind mittlerweile alle weit über 30 und haben Familie. Da fehlt teilweise die Zeit, ständig (vor allem aber unter der Woche) auf Shows zu gehen. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Es kommt auch keine neue Generation nach, die das Ganze am Leben erhalten könnte. Das finde ich etwas schade.
Ich bin immer auf der Suche nach jüngeren Menschen, die sich engagieren wollen. Falls das hier jemand liest, der/die Interesse hat mitzumachen, meldet euch bei uns! Wir teilen gerne unser Wissen und unsere Erfahrungen mit euch.

#5 Was sind die bürokratischen Hürden, die Du dabei auf Dich nehmen musst?
Eigentlich fast keine! Die Ulmer Clubs und Bars, in denen wir veranstalten, übernehmen meist die Gema für uns und sind auch sonst sehr kooperativ. Es ist bemerkenswert, wie viel Gutmütigkeit uns entgegengebracht wird, vor allem aber auch weil wir selber viel Engagement zeigen.
Normalerweise arbeiten wir auf einer Non-Profit Basis. Nach dem ersten Broken Fest hatten wir dann plötzlich zum ersten Mal Geld übrig. Zudem wollten wir bei der zweiten Ausgabe dann vollkommen selbstständig sein und auch das Essen selbst verkaufen. Das hat uns ein wenig vor bürokratische Hürden gestellt. Essen auf einem Festival zu verkaufen ist nicht ganz so unkompliziert. Plötzlich mussten wir uns mit dem Gedanken auseinandersetzen, ein Gewerbe anzumelden, um das Essen verkaufen zu dürfen. Wir haben das dann dadurch gelöst, dass wir einen gemeinnützigen Verein zur Förderung von Live-Musik gegründet haben. So wandern nun unsere Einnahmen in die Vereinskasse und wir können Rücklagen für schlechtere Jahre bilden.

#6 Wie hat sich das Publikum auf Deinen Konzerten in den letzten Jahren verändert?
Fast gar nicht. Wie schon erwähnt besteht das Publikum immer noch mehr oder weniger aus den gleichen Leuten. Ebenso wie wir, werden die Besucherinnen und Besucher langsam älter und gründen Familien. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass wir als Veranstalter die Anzahl der Konzerte langsam etwas zurückschrauben.

#7 Auf welche veranstalteten Konzerte bist Du heute noch stolz?
Ich bin unglaublich stolz darauf, was wir mit The Broken Fest erschaffen haben. Ein kleines, familiäres Szenefestival mit großartigen Bands und einer genialen Stimmung. Gerade die Stimmung bei so einer Veranstaltung können wir nicht beeinflussen. Wir können lediglich die Rahmenbedingungen schaffen. Wenn es dann so wird, wie wir es uns vorgestellt haben, ist das einfach großartig. Jede Ausgabe war bisher ein Erfolg, sogar dieses Jahr mit Regen. Das ist vor allem den ganzen Helfern zu verdanken. Auf die Tatsache, dass ich so viele Freunde habe, die das mit mir durchziehen, bin ich am meisten stolz.

#8 Welche Erlebnisse in all dieser Zeit musst Du einfach erzählen?
Haha, da gibt es eine Geschichte, die mir sofort einfällt. Wir haben mal eine Show im Proberaum einer befreundeten Band veranstaltet. Die Show war im Winter und der Proberaum hatte keine festinstallierte Heizung. Die Band hat den Raum mit einem Heizaufsatz für die Gasflasche geheizt (keine besonders gute Idee, ich weiß). Irgendwas muss wohl beim Anbringen des Aufsatzes schief gegangen sein, denn während eine der Bands Soundcheck gemacht hat, kam plötzlich eine Stichflamme aus dem Heizaufsatz. Dadurch ist eine kleine Panik entstanden und die Leute sind aus dem Raum gerannt. Ich hab mir dann einen Feuerlöscher geschnappt und hab die Flamme gelöscht und anschließend das Gas abgedreht. Leider war das Pulver des Feuerlöschers dann überall und hat uns den Konzertraum versaut. Zwei der Bands waren von den Ereignissen geschockt und wollten nicht mehr spielen, aber die dritte Band (aus Slowenien) war davon völlig unbeeindruckt und meinte nur „can we still play?“. Also haben wir uns ins Zeug gelegt, das Pulver aufgesaugt und den Raum gelüftet. Die Band hat dann tatsächlich gespielt und es kamen sogar ziemlich viele Besucher. Ist dann echt noch ein total geiler Abend geworden.

Aber das eigentlich witzige ist, dass die Geschichte kurz danach von einer der Bands, die nicht gespielt hat, in einem Interview erwähnt worden ist und etwa zwei Jahre lang bekam ich auf die Nennung des Namens „Broken Stage“ immer die Reaktion: „ Ah, ihr seid doch die, mit dem Feuer auf’m Konzert.“ So kann man auch berühmt werden. 😉

#9 Wo soll die Reise noch hingehen?
Nirgends! Ich denke wir finden es alle schön, so wie es ist. Tatsache ist aber auch, dass das Ganze wohl bald sterben wird, wenn sich keine jüngeren Nachfolger finden.

#10 Was sind Deine nächsten Shows?
Die Shows für’s Frühjahr 2019 stehen noch nicht fest. Das nächste Broken Fest wird am 03.08.2019 stattfinden.

Vielen Dank für deine Zeit und deine Mühen zum Erhalt der Punk-Rock Shows in Ulm!

Wenn ihr also Punk-Rock in Ulm weiter erhalten wollt, unterstützt Broken Stage und das Broken Fest!

Weiter geht`s mit: Support The Scene #2: Kötti (Wizard Cat, Regensburg)

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Freddy
Mein Name ist Freddy (Jahrgang 1991) und ich schreibe seit August 2018 für AWAY FROM LIFE. Ich komme aus der Nähe von Schweinfurt und bin über Regensburg nun nach Ulm gekommen. Aktuell schreibe ich vor allem Konzert- und Festivalberichte, in letzter Zeit ab und an auch mal ein Albumreview. Mein Fokus liegt ganz klar auf Punk-Rock in all seinen Facetten. Meine Hobbies sind Party, Musik und Sport!

7 Kommentare

  1. „#Support the scene“ – find ich gut. Man weiss so wenig von der Szene – dabei passiert heute bestimmt viel mehr als vor 10 oder 20 Jahren – eigentlich, aber kaum öffentlich. Und die kleinen überzeugten Supporter ( ich oute mich auch als Slocher ) gehören auch dazu !

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