Support The Scene #2 – Kötti (Wizard Cat, Regensburg)

"[...] wenn man am Ende des Abends im Idealfall merkt, dass Bands und Publikum einen guten Abend hatten [...], dann ist das einfach ein schönes Gefühl."

4

[Support The Scene: In dieser Kolumne stehen die Leute hinter der Bühne im Vordergrund, die ihre kostbare Freizeit opfern, um DIY Shows zu organisieren. Ihre Geschichte wollen wir hier erzählen…]

Punkrock in Regensburg? Da kommt man an Kötti und seiner Band Irish Handcuffs nicht vorbei! Nachdem ich selbst in meiner Regensburger Zeit das Vergnügen hatte mit ihm Konzerte zu veranstalten, war mir sofort klar, dass er ein Teil dieser Rubrik werden muss.

HeyHo! Stelle dich doch bitte kurz einmal selbst vor!
Hi, ich bin der Kötti aus Regensburg. Ich bin 38 Jahre alt und spiele seit Mitte/Ende der 90er in Punkbands, wobei das erst im Laufe der 2000er immer mehr wurde. Die beiden aktivsten Bands sind wohl meine aktuelle Band IRISH HANDCUFFS (seit 2011), sowie RED TAPE PARADE, bei denen ich von 2008 bis zu unserer Auflösung 2013 Gitarrist war. Während dieser Zeit war ich auch immer irgendwie verwickelt in das Veranstalten von Konzerten in Regensburg, meist aus dem Dunstkreis Punk/Hardcore/Indie.

- NEWSLETTER -

#1 Wo und unter welchem Namen veranstaltest Du Konzerte?
Dennis, unser Drummer bei IRISH HANDCUFFS, und ich veranstalten in verschiedenen Läden in Regensburg unter dem Namen Wizard Cat unregelmäßig kleine Konzerte. Das geht von Sachen mit eher unbekannten Bands in kleinen Bars bis zu etwas größeren Sachen wie THE FLATLINERS oder TEENAGE BOTTLEROCKET, für die wir uns dann meistens in der Alten Mälzerei einmieten. Bei den kleineren Konzerten läuft das häufig auf Spendenbasis oder eben über einen Unkostenbeitrag und auch bei den größeren Sachen werden gerade mal so die Kosten gedeckt.

#2 Seit wann machst Du das Ganze und wie kamst Du dazu?
Meine ersten Konzerte habe ich, wie wohl die meisten Veranstalter im DIY-Bereich, einfach gemacht, um meine eigenen Bands unterzubringen. Da uns keine Sau kannte, haben wir uns eben etwas größere Bands eingeladen, um wenigstens ein paar Leute anzulocken. Das allererste war 1999 ein Konzert mit der Ska-Punk Band PIPEDREAM und meiner damaligen Band NOTHING FOR FREE. Danach folgten weitere Abende in dieser Richtung. Mehr wurde es dann erst so ab 2004, als ich JUPITER JONES im örtlichen Juz gemacht habe, auch wieder mit einer meiner Bands als Vorband. Zu der Zeit habe ich dann über meine Band THE FINE PRINT zum einen mehr überregionale Bands kennengelernt und zum anderen auch die anderen Veranstaltergruppen wie Extreme Life Wasting, Scants of Grace oder Taugenichtse Tanzveranstaltungen, die lange auch für das Booking vom Jahninselfest zuständig waren und außerdem immer darum bemüht waren neue Läden in und um Regensburg zu finden, wo man Konzerte veranstalten kann. Durch sie habe ich Bands wie HOT WATER MUSIC, LEATHERFACE, BOYSETSFIRE oder AGAINST ME! zum ersten Mal live gesehen, um nur einige zu nennen. Ich habe dann zunächst beim losen Kollektiv Extreme Life Wasting Flyer gestaltet, bin dann auch beim Booking immer aktiver geworden, oder habe in meiner WG Bands beherbergt. Nur beim Kochen habe ich mich fast immer rausgehalten…nur einmal habe ich selber Pizza für DIRECT HIT! gebacken. Die gab’s dann leider kalt, weil es bei der Proberaumshow keinen Ofen gab…

„Ich habe unzählige Freunde durch das Veranstalten und die Musik allgemein kennengelernt, die ich heute noch mehr oder weniger regelmäßig überall auf der Welt treffe.“

#3 Warum opferst Du deine Freizeit dafür?
Gute Frage, zumal ich mittlerweile nur noch sehr selten Konzerte veranstalte. Dennis ist da noch etwas aktiver. Das lag bzw. liegt zum einen daran, dass IRISH HANDCUFFS immer mehr Konzerte gespielt haben und zum anderen wurde die Freizeit auch aufgrund von Jobs immer weniger. Außerdem habe ich mich öfter dabei ertappt, dass mich die Arbeit außen rum immer mehr genervt hat. So ein Abend frisst halt doch einen Großteil von zwei Tagen.

Im Vorfeld müssen je nach Location Catering, Technik oder Pennplätze vorbereitet werden und am nächsten Tag richtet man Frühstück her und räumt den Saustall auf. Während dem Konzert hat man oft nicht mal die Zeit die Bands zu genießen und obendrein Kopfschmerzen, ob genug Leute da sind, um die Unkosten zu decken. Irgendwann fragt man sich dann „Warum, bin ich der Typ, der das hier alles macht? Warum bin ich nicht der Typ, der auf das Konzert in München oder Nürnberg geht, einfach Eintritt bezahlt, sich gemütlich die Bands anschaut und ein paar Bier reinstellt?“ Bleibt die Frage, warum man es dennoch macht. Ich habe unzählige Freunde durch das Veranstalten und die Musik allgemein kennengelernt, die ich heute noch mehr oder weniger regelmäßig überall auf der Welt treffe. Das ist wohl der Hauptgrund. Und wenn man am Ende des Abends im Idealfall merkt, dass Bands und Publikum einen guten Abend hatten und man das dann nach der Show auch selbst noch bei ein paar Bier genießen kann, dann ist das einfach ein schönes Gefühl. Zudem hätte ich viele kleinere Bands, die ich sehr gerne mag, wohl nie live gesehen, wenn wir sie nicht selbst gemacht hätten.

Ein weiterer Punkt ist außerdem, dass wir die Gastfreundschaft von Promotern überall als Band sehr zu schätzen wissen. Denn ohne die leidenschaftlichen Promoter der DIY-Szene hätten Bands wie wir sehr viel weniger Orte an denen wir spielen können. Da haben wir schon auch immer wieder das Bedürfnis was zurückzugeben, sofern es die Dreifaltigkeit aus Wunschtermin der Band, eigenem Kalender und verfügbarer passender Location zulässt.

#4 Was sind die Dinge, die Dich dabei am meisten stören/ aufregen?
Ach, das Übliche: Leute, die sich bei einem Line-Up von drei internationalen Bands über einen Eintritt von 10 Euro beschweren. Sind gern mal dieselben, die kein Problem mit dem selben Eintritt in der Disco haben und sich dort dann Longdrinks für 8 Euro rein pfeifen. Oder Menschen, die nur meckern, dass man immer dieselbe Schiene fährt, die aber selbst nie irgendwas starten. Wie schon erwähnt, frisst so eine Sache auch ordentlich Zeit und leider manchmal auch Geld. Natürlich holt man da Bands, die einem selbst gefallen, oder mit denen man befreundet ist. Allen die unzufrieden mit dem (sub)kulturellen Angebot sind, steht es frei selbst was aufzuziehen.

#5 Was sind die bürokratischen Hürden, die Du dabei auf Dich nehmen musst?
Hmm, bürokratische Hürden haben meist eher die Leute, die versuchen neue Locations auf die Beine zu stellen, oder Kneipen, die sich wegen Lärmbeschwerden mit dem Ordnungsamt rumärgern müssen. Je nach Ort müssen wir uns halt drum kümmern, dass z.B. mit der GEMA alles ordentlich geregelt ist oder bei größeren Bands, dass alles nach Vertrag läuft. Wir haben eher das Problem, dass es zu wenige bezahlbare Locations für kleine Konzerte gibt. Wir haben bereits in den meisten Liveclubs oder dafür geeigneten Bars hier Konzerte auf die Beine gestellt, aber auch in Kellern oder Proberäumen. Oft geht das jedoch nicht sehr lange gut, weshalb man immer auf der Suche nach Alternativen ist. Das schlaucht auf Dauer auch ganz schön und ist sicher auch mit ein Grund für unsere eher zurückgefahrenen Aktivitäten dieser Tage.

#6 Wie hat sich das Publikum auf Deinen Konzerten in den letzten Jahren verändert?
Tendenziell wird es vor allem älter und weniger, würde ich sagen. Wie gesagt, veranstalten wir aber eben auch weniger. Ich glaube, dass ich gar keinen top aktuellen Einblick mehr habe. Lange Zeit habe ich versucht, unabhängig vom eigenen Geschmack, möglichst viele Konzerte zu besuchen, aber mittlerweile ist das einfach nicht mehr drin. Und so geht es eben vielen Gleichaltrigen. Familie und Job verhindern gerade unter der Woche regelmäßige Konzertbesuche. Punkrock, wie wir ihn oft veranstalten, ist zudem immer mehr ein Ü30-Ding und viele junge Leute kommen gefühlt nicht nach. Auch wenn wir auf Tour unterwegs sind, dann sind Veranstalter und Publikum schon zum größten Teil grob in unserem Alter.

#7 Auf welche veranstalteten Konzerte bist Du heute noch stolz?                            Puh, es gab Konzerte, die eher schlecht liefen, aber bei denen man Freunde für’s Leben gewonnen hat und es gab große Konzerte mit Bands, deren Platten man schon ewig im Schrank hat, wo man dann aber den ganzen Abend nur am rödeln war und eigentlich nichts von der Show hatte. Es gab natürlich Bands, die später dann supergroß wurden, oder man hat mal echt eine dicke Nummer bekommen, aber das möchte ich mir hier nicht alleine auf die Fahne schreiben, da an so einem Abend immer viele Leute beteiligt sind. Immer schön ist es mit unseren Freunden DAN WEBB & THE SPIDERS. Die sind eine kleine Band aus Boston, die jahrelang bei ihren jährlichen Europatouren in Regensburg gespielt haben und irgendwie wurden die Abende immer zu großen Parties und die Band selbst zu sehr guten Freunden. Mittlerweile waren wir mit ihnen schon mehrmals auf Tour, sowohl hier, als auch in den USA und haben uns auch schon abseits der Musik besucht.

Dan Webb and the Spiders in Regensburg (2013)

#8 Welche Erlebnisse in all dieser Zeit musst Du einfach erzählen?
Ich hab jetzt echt überlegt, aber es ist nichts dabei, was ich im Internet veröffentlichen möchte, haha…zum Wohle aller Beteiligten!

#9 Wo soll die Reise noch hingehen?
Wir haben keinerlei Ambitionen wieder mehr zu veranstalten. Die Gründe habe ich ja oben genannt. Wenn sich was interessantes anbietet, versuchen wir, ob wir einen passenden Termin finden und es einen freien Laden gibt. Davon machen wir es dann abhängig. Schön wäre es natürlich, wenn sich Nachwuchs finden würde. Nach uns kam eigentlich nur das Moloch-Kollektiv, welches auch noch aktiv ist. Aber auch hier sind die Leute nun teils bereits um die 30 und die ersten ziehen z.B. nach dem Studium weg aus Regensburg. Sollten das hier also junge Leute lesen, meldet euch bei uns. Wir geben gerne Tipps, wie ihr möglichst effizient euer Leben mit Punkrock verschwenden könnt!

#10 Was sind Deine nächsten Shows?
Wir haben ein paar Anfragen und schauen grade, ob es terminlich klappen wird. Das nächste fest geplante Konzert ist das jährliche IRISH HANDCUFFS Regensburg-Konzert. Wir werden im Frühjahr wieder auf Tour sein und das letzte Konzert wird zusammen mit unseren Tour-Partnern und einem Support in Regensburg stattfinden. Mehr Infos hierzu gibt es bald. Checkt dazu einfach die Seiten von IRISH HANDCUFFS oder Wizard Cat!

Vielen Dank für deine Zeit und deine Mühen zum Erhalt der Punk-Rock Shows in Regensburg!

Weiter geht`s mit: Support The Scene #3: Laurin (Lucky Booking, Freiburg)

Zum Nachlesen: Support The Scene #1: Daniel (Broken Stage, Ulm)

- Werbung -
– Playlist: Happy Release Day

4 Kommentare

Beitrag kommentieren

Bitte gebe dein Kommentar ein
Bitte gebe dein Name ein