Torben (Inkasso Moskau)
Torben (Inkasso Moskau)

Wenn man eine Band nur einmal gesehen hat, das ganze fast 15 Jahre her ist und diese einem immer noch gut in Erinnerung ist, dann hat die Band wirklich beeindrucken können. So mir geschehen mit Inkasso Moskau. Allein die Ansage, dass sie ja mal einen Bassisten hatten, dieser aber aus der Band geworfen wurde weil er sich bei der Polizei beworben hat (und bis heute immer noch kein Ersatz gesucht wurde) steht für sich. Textzeilen wie Aufregen zum Wohle aller wünsche ich mir selbst geschrieben zu haben!
Bomben Entertainment, klasse Humor und guter Krach!

Torben hat seine zehn Lieblingsplatten für uns rausgesucht. Eine bunte Mischung wie ich finde!

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1Nasum – Inhale/Exhale

Ich war wieder late to the party und habe von Nasum jahrelang nur gelesen, aber nie wirklich etwas gehört oder mich mit der Band beschäftigt. Es gab ja auch nicht die einfache Möglichkeit schnell im Internet ausdauernd alles Probe zu hören. Jedenfalls damals für mich nicht mit meiner Bambusleitung und für obskures, wahlloses, nächtelanges Downloaden über Tauschbörsen war ich ein zu großer 2m-Schisser. Auf irgendeiner News-Seite habe ich dann Anfang 2005 über Mieszko Talarczyks Tod erfahren und spätestens da musste ich mich doch zwingend mit Nasum befassen. Ich kann mir da gar keinen richtigen Reim auf den ganzen Umstand machen, war damals schon großer Fan von Death Metal und Grindcore, lebte aber völlig an Nasum vorbei. Aber dann, mit Inhale/Exhale von 0 auf 100 unter die Dunstkiepe geboxt worden, alles neu (für mich) und so schön unerwartet. Das gab es vorher nicht, das gab es nachher nicht. Einzigartig räudig, aber nicht zu stumpf und eintönig, schrammelig und volle Kapelle durchschlagend, bisschen punkig, grindig, kleine Death Metal-Einschläge und schön rasend angepisst mit abwechslungsreichem, mehrstimmigem Gesang. Von „This is…“ bis „Can de lach“, 38 Mal die große Liebe. Viel zu spät entdeckt, noch tüchtiger ins Herz geschlossen.

2Converge – Jane Doe

Anfang/Mitte der 00er Jahre gab es für mich nur wenige Berührungspunkte mit Hardcore, Metalcore oder aus dem Hardcore hervorgegangener Musik. Das Meiste war über Dritte viel von den Bands mit Namen aus dem Namensgenerator – da hatte ich dann schon gar kein Interesse überhaupt irgendwo reinzuhören. Durch irgendwelche Bestenlisten von 2004 bin ich dann über Glass Casket, The Dillinger Escape Plan und eben Converge (damals mit You fail me) gestolpert. Alles ziemlich dicke Chaosbrocken, das war spannend und neu, da musste ich am Ball bleiben. Natürlich führte dann auch kein Weg an Jane Doe vorbei. Prägend von vorne bis hinten, tonnenschwer, chaotisch, dicht und emotional. Everything all the time! Nach 10 oder 15 Sekunden in Concubine wird abgeklopft, in Hell to pay vom Gas gegangen bis Homewrecker alles niedermäht. Phoenix in flight geht irgendwo in weiter Sphären und so weiter und so fort… bis sich im Titelsong alle Trademarks entfalten – die Oper des kleinen Moshonkels. Über das ganze Album dann (größtenteils) das engelsgleiche Gekeife, das die komplett chaotische Soundwand durchsticht. Da geht mir direkt das Herz auf. Vielleicht auf den ersten Höreindruck ein bisschen viel an Wirre, von Chaos, von Ausbruch und Krach, aber ich erwarte auch nicht, dass Jane Doe beim wilden Wunschwochenende aufNDR1 läuft. Wäre aber schon ganz geil!

3Entombed – Wolverine Blues

Ach ja, Schule. Damals in der zehnten oder elften Klasse steckte mir mein Kumpel Niklas (Grüße nach Down Under!) Wolverine Blues zu und meinte, das könnte genau mein Ding sein, Death Metal, schludrig, punkig, rotzig, rock’n’rollig. Ja Jackpot, lieber Weltenbummler! Es gibt keine sommerlichere Combo als Entombed – Wolverine Blues, (Abend)Sonne und Bier mit Freunden. Das alles klingt einfach nach Spaß, nach guter Zeit. Fetzige Mischung aus HM2, Ufftas, Schweinerock und Dosenbier. Ich kann auch verstehen, dass nach Left Hand Path und Clandestine viele Entombed-Fans oder Metal-Die-Hard-Roughnecks das hier gebotene nicht mehr ganz so spannend finden, aber ich liebe diese Scheibe für genau alles! Und um den Bogen zu „Schule“ zu schliessen: auf Wolverine Blues gibt’s kein „Zeckmeck“.

4Eins Zwo – Gefährliches Halbwissen

Ich gebe gerne zu, ich habe eigentlich zu wenig Plan von Hip Hop und Rap. Ich kenne dieses und jenes, mag davon dann nur dies und das und ausgewählten Kram. Leute aus der Szene würden mich wahrscheinlich als „wack“ bezeichnen mit meiner Vorliebe für Boombap und Conscious Rap. Meistens steht da nicht unbedingt das Instrumental im Vordergrund, ich bin schon zufrieden, wenn es nicht nervt. Wichtig sind für mich erstmal die Lyrics und ein bisschen der Flow. Davon hat Dendemann einfach unendlich viel zu bieten. Grotesk verschachtelte Reimketten, Wortspielereien und die Mendener Reibeisenschnodderschnauze erzählt einfach pfiffige Stories (Ok, Boomer) von sich, dem Leben und über Hip Hop. Das alles hat sich ja schon bei der „Sport“-EP angedeutet und auf „GH“ perfektioniert. Ich liebe diesen easy going-Stil und wenn doch auf dicke Hose gemacht wird, dann selbstironisch und humorvoll, keine billigen „Haus-Maus“-Reime und kein Big Pimpin‘-Quatsch, aber immer mit dem Wortjongleurschalk im Nacken. Sogar die Features treffen den Nagel auf den Kopf und die Instrumentals sind echt super!

5Misery Index – Retaliate

Eine Furie an Album! Ca. 30 Minuten abwechslungsreicher Deathgrind mit Anleihen aus Thrash und Hardcore. Ich liebe die wahnsinnige Grundgeschwindigkeit, den nur sehr dezenten Einsatz von ausufernder Melodie und der stets folgenden Besinnung auf Geballer und Gebrülle. In sich ist das alles oftmals schön ineinander verschachtelt, aber ohne es komplett kaputt zu verkomplizieren. So stelle ich mir authentische Aggressionen und Brutalität in Musik und Death Metal vor, kein Grunzpigsquealundleutezersägen. Es gibt einige kleine Feinheiten, Spielereien, Fills und Kniffe, dann wird das Tempo kurz runtergefahren, Breaks eingestreut und weiter dann wieder mit raffienierter Baller- und Raserei. Schön auch zu hören und sehen, dass es sich textlich nicht zum unendlichen Mal um Fickscheiße oder der menschlichen Anatomie (und deren Auseinandernahme) dreht.

6Cursed – II

So ein richtig schönes schlechte Laune-Album. Irgendwo zwischen 80er Punk-Einflüsse, Portland-Crust-Sound und Sludge-Anleihen ist die „II“ einfach mein Liebling in Sachen dunklem Hardcore Punk. Alles ist entweder dunkel, negativ, gewaltätig oder richtig heftig angepisst. Manchmal auch alles zusammen. Bei den Lyrics sind richtige Kracher dabei, mit viel Fingerspitzengefühl, ganz viel Negativität klug verpackt. Alles groovt so richtig dick und dreckig, schlechte Laune hat selten so viel Spaß gemacht und selten so geschoben. Dazu Chris Collohans wirklich fieser Gesang… den und all seine Bands finde ich ja eh super! Wenn du mal Bock auf Musik (machen) hast, holla at me, Chris!

7Bon Iver – For Emma, Forver Ago

Es ist so völlig anders und passt irgendwie gar nicht in diese Liste. Ich weiß nicht, wie nennt man diese Musik? Indie Folk oder sowas? Die ganze romantische Geschichte hinter dem Album ist natürlich schon halbwegs filmreif, war mir aber beim Erstkontakt auch gar nicht bekannt. Es dürfte so Ende 2010 gewesen sein, dass ich über ein Metal-Forum, in dem ich ab und zu gestöbert habe, über Skinny Love gestolpert bin und war irgendwie von dem Song fasziniert. Ich kann gar nicht so recht beschreiben warum… Warum catcht mich diese sehr reduzierte, ruhige Melancholie, die manchmal leiernde Stimme? Warum begeistert mich ein Kopfstimmenchor, eine singende Säge, Hörner und Blasinstrumente, die vertonte Jagdhüttenlagerfeuerisolation mit Akustikgitarre im tiefen Wald? Warum ist Bon Iver die beste Musik nachts im Auto, warum passt der Spütterregen auf der Windschutzscheibe, die Schwermut und der Trübsinn, das kurze Erhellen des Innenraums durch das Feuerzeug bei der nächsten Zigarette? Vielleicht ist es immer auch ein bisschen der Wunsch selber so etwas zu versuchen (aber natürlich zu scheiteren). Ich weiß zu viel einfach nicht.

8Kettcar – Du und wieviel von deinen Freunden

1. Januar 2004 oder 2005, nach einer wilden Silvesternacht wollten Philipp (Gitarre Inkasso Moskau), Benne und ich abends schlimmes, fettiges Schundfutter reinschaufeln und GTA: San Andreas spielen. Wir sind quer durch das Osnabrücker Umland gefahren, alle Grillmaster, Heiße Hexes, Wack Arnold’s usw. geschlossen und im CD-Player vom alten KQ49-Golf lief „Kettcar – Du und wieviel von deinen Freunden“. „Kann ich mir die mal ausleihen?“ „Klar, nimm mit. Die gehört Raffi (Bennes Bruder). Die ersten Durchgänge haben mich direkt gepackt, auch wenn ich vieles gar nicht verstanden habe. Und vielleicht auch heute noch gar nicht verstehe. Ich kannte Kettcar gar nicht, ich kannte …but alive! und auch Rantanplan nicht, wusste nichts von Wiebusch oder dem Grand Hotel van Cleef, konnte mir da alles nur ein bisschen ausmalen. Mittelalte, unaufgeregte Typen melancholieren am Tisch über das Leben, rauchen Zigarette (nicht um des cool sein wollens, nicht um Marlboro-Eld-Cowboy zu sein, sondern weil es einfach ebenso richtig ist) und wischen sich den Bierschaum von den Oberlippen. Ab und an wird auch gelacht, man freut sich über die kleinen Sachen. Angenehm unaufgeregter PopRock, soweit alles gut, aber Gesang und Texte holen mich komplett ab. Ich verstehe vieles erst viel später, manches verstehe ich bis heute nicht so recht. Zwischendurch kommen mir Gedankenblitze „Ah, jetzt! So ist das gemeint… ach nee, doch nicht! Schön!“. Aber trotzdem bin ich jetzt auch nach 16 Jahren noch am Haken. Melancholisches Grienen, die Antwort „Joar, geht schon (wieder)“ auf die Frage „Wie geht’s?“, ein bisschen Sehnsucht, Sentimentalität und Fernweh. Es passte damals in den Winter, es passt mir heute in den Winter.

9Genocide Superstars – III: Superstar Destroyer

Natürlich war ich hier noch später zur Party, als ich es eh schon bei Nasum war. Durch ein Cover von „Like Roadkill“ auf die Band aufmerksam gemacht worden und die ganze Bandbesetzung (halt u.a. Nasum, Necrony…). Die „III“ ist einfach eine saumäßig energiegeladene Punk-Scheibe, nur Hits! Alles Hits! Ausschließlich Hits! Ballerpunkbastard aus Zeke, Turbonegro, Entombed, Crust und mehrstimmigen Gekeife und Gebrülle. Sowas wäre eigentlich Motorrad-Rock, wenn es nicht so unangenehm behaftet wäre. Wenn Motorrad-Rock halt wirklich schnell, schmuddelig und positiven Outlaw-Spirit hätte. Schnell und schmuddelig, energisch bis zum Umfallen! Texte versteht man nicht, stehen auch nicht so wirklich im Booklet, aber man hat ja eh keine Zeit zu lesen, man muss schließlich irgendwie die nächstbeste Schrankwand zerkloppen und hell raisen und Bier trinken. Vielleicht muss da jemandem noch ’ne Torte ins Gesicht gedonnert werden, noch ’ne Marlboro aus dem Softpack nachlegen und alle Regler auf 12/10, alle LEDs sollen bitte tiefrot blinken, manche qualmen. Eiltank bringen Geburtstagskuchen mit. Alle applaudieren!

10Life Of Agony – River Runs Red

Ein Konzept-Album? Die letzte Woche des Lebens eines Mannes, der nicht mehr weiter will oder kann, in Musik. Schweres Konzept, schwere Thematik, Drama und pechschwarze Emotionen. Ich kann nur meine sehr lang andauernde Liebe zum Erstling kundtun. Ist halt ein Klassiker, ein Groovemonster mit dicken Gitarrenwänden, Harmonie, Melodie, viel Kopfnicker-Rythmen und einzigartigem, sehr charismatischem Gesang. Man hört ein bisschen New York City raus, Hardcore, Metal verschiedenster Art, Glenn/Misfits und immer, wirklich immer wabert diese dichte, teils super bedrückende Atmosphäre durch die dicke Gitarrenwand. Eigentlich klingt das alles von der Beschreibung eher nach dem ultimativen Ende, aber auf RRR gibt’s halt einfach auch so viele krasse Ohrwürmer, als das das Ende sein soll.

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