Heute möchte ich euch eine mir sehr lieb gewonnene Person vorstellen, die zumindest in Süddeutschland weit über die Grenzen Münchens hinaus bekannt sein dürfte. Er gehört zu den Punk Fans der ersten Stunde und durfte bereits Bands in ihren ersten Tagen sehen, die später weltweit bekannt wurden und den Punk geprägt haben. Die Rede ist von Stefan, welcher bei dem Münchner Verein M.U.F.T. (Münchner Union zur Förderung von Talenten) aktiv ist und jede Menge Shows in München mit dem Verein veranstaltet. Hier nun das überaus interessante Interview mit Stefan.

AFL: Du gehörst ja mit zu den aktivsten Veranstaltern in der High Society Stadt München. Erzähl doch mal, wie du zum Punk und vor allem zum Veranstalten von Konzerten gekommen bist.

Zum Punk? Ich war von Anfang an Fan, ich behaupte bis heute, daß ich der erste war, der das erste The Damned-Album in München erworben hat. In erster Linie war ich vom klassischen UK-Punk fasziniert und daran hat sich bis heute nichts geändert. Man ist ja nicht immer stolz drauf, schon ein so „alter Knochen“ zu sein, aber in einer Sache auf jeden Fall: Ich hatte das Glück, Bands wie eben The Damned, The Clash, Blondie usw. bereits in ihrer Anfangszeit live zu sehen. Und das hat mich geprägt, ich war nie der große Clubgänger, wo man die Sachen als Konserve hört – aber mein Leben lang ein Fan von Live-Konzerten! Diese Energie und Atmosphäre kann durch nichts alternatives eingefangen oder gar ersetzt werden.Ich hatte nie was mit Organisation und Durchführung von Konzerten am Hut, bis sich im Jahr 2013 die Barb Wire Dolls für ihre erste Europa-Tour ankündigten. Ich war schon länger mit der Band über Facebook in Kontakt und so erfuhr ich, wo sie spielen und nicht spielen würden. Und München stand nicht auf dem Plan… das konnte ich einfach nicht glauben und machte mich selbst auf die Suche nach Veranstaltern hier oder Venues, die bereit wären, diese Band auf die Bühne zu bringen. Nichts passierte, alle winkten ab, teils bekam ich nicht mal Antworten, bis ich eher zufällig auf die Glockenbachwerkstatt stieß. Hier fand ich ein offenes Ohr und teilte es dem damaligen Booker der Band mit. Es klappte, das Konzert war ein ziemlicher Erfolg – binnen 20 Minuten an der Abendkasse ausverkauft! Da hatte ich dann Blut geleckt und es dauerte auch nicht lang, bis Bands oder Booker von sich aus bei mir anfragten. Und da standen plötzlich Namen im Raum, die 35 Jahre zuvor zu den Helden meiner Jugend gehörten, z.B. The Lurkers und 999, um nur einige zu nennen. Irgendwie wuchs ich dann in die Aufgabe rein und es hat mir tierisch Spaß gemacht. Allerdings hatte ich mir von Anfang an die goldene Regel aufgestellt, nur Bands zu veranstalten, die mir persönlich auch gefallen. Und hier möchte ich meinen Dank an die Glockenbachwerkstatt richten, die mir das zu Beginn ermöglicht hat und in der seitdem viele tolle Konzerte stattfanden und auch künftig über den seit kurzem bestehenden Verein M.U.F.T. realisiert werden, da ich das alleine aus diversen Gründen nicht mehr stemmen konnte.

AFL: München stelle ich mir ja wirklich extrem spießig vor. Gibt es in München eine wirkliche Punk- bzw. Live Szene? Ich kann mir das ja irgendwie nicht vorstellen, obwohl ja gerade in München unglaublich viele alternative Konzerte stattfinden.

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Ach, München ist natürlich nicht mit Berlin oder Hamburg zu vergleichen und hat sicher auch seine spießigen Seiten, aber es ist halt die Stadt, in der ich (gerne) wohne und lebe. Die Punk Szene ist im Vergleich zu den anderen eben genannten Städten deutlich kleiner, aber es gibt auch hier und im Umland viele tolle Bands, die man sich mal live anschauen sollte. Hier möchte ich Katz und Frank und Soylent Gelb in erster Linie erwähnen, die lange vor mir diesen lokalen Bands die Möglichkeit geboten haben, in München zu spielen – denn das ist hier nicht selbstverständlich. Und da ich als Headliner bevorzugt auswärtige oder ausländische Bands nehme, öfter auch mal zwei als Co-Headliner und dazu zumeist einen lokalen Support, kommen wir uns da auch nicht in die Quere. München hat halt das „Problem“, wenn irgendeine Band mit großem Namen kommt oder eine Indie-Band, die mal irgendwo in den Charts war, rennen die Leute in Scharen zu den Konzerten… Punk wird halt im Verhältnis dazu immer etwas „stiefmütterlich“ behandelt. Es wäre schön, wenn sich das durch den Einsatz von uns mal wieder ändern würde, und ich rede da nicht von Bands wie Green Day oder Blink 182, die hier in der Olympiahalle spielen und den „gemeinen Punk“ zumeist bis ins Mark langweilen… aber da rennen die Kids halt hin. Und wo ist da die Atmosphäre? Die Band zum Teil 100 m weg, daß man ein Fernglas braucht, es fehlt bald nur noch ein Programmheft… da bleibt doch das ganze Live-Feeling auf der Strecke… Punk heißt für mich Locations mit 100 bis max. 500 Leuten, wo man mittendrin ist statt nur dabei…

AFL: Du hast ja keine eigene Location, die du nutzen kannst und musst dich da ja immer in diverse Clubs einmieten. Ist denn so etwas kostentechnisch überhaupt noch tragbar oder sind deine Konzerte mehr so eine Art Null Nummern aus Lust an der Freude?

Wie ich da reingeschlittert bin, hab ich ja oben bereits beschrieben. Und damit kann man beileibe kein Geld verdienen in dieser Größenordnung, man kann es auch nur mit viel Herzblut angehen. Es ist somit mehr eine Berufung als ein Beruf. Die Clubs sind teuer und die Kosten kann man kaum wieder reinholen. Gottseidank haben sich ein paar Clubs gefunden, mit denen man wirklich gut und fair zusammenarbeiten kann, hier möchte in erster Linie die Glockenbachwerkstatt, das Import Export, das Unter Deck, das Kafe Kult und schon das Rumours nennen, das hier in Kürze eröffnet.  Leider hat sich einiges im letzten Jahr verändert, auch gesundheitlich, daß ich das alleine nicht mehr stemmen konnte. Daher wurde mit einigen Weggefährten der Verein M.U.F.T. gegründet, um die Subkultur im allgemeinen, aber auch lokale Bands in München weiter zu unterstützen und zu fördern, sowie auswärtigen Bands die Möglichkeit zu geben, hier aufzutreten. Des weiteren werden wir in Kürze diverse Workshops anbieten.

AFL: Ich verfolge dein Schaffen ja schon sehr lange und habe festgestellt, dass bei dir oft nicht nur ein Headliner sondern mehrere bekannte Bands an einem Abend aufspielen. Hast du hier schon mal feststellen können, ob quasi nur noch mit mehreren Headlinern die Menschen auf Konzerte kommen oder kommen die Leute auch auf Konzerte zu Bands, die jetzt nicht unbedingt so bekannt sind?

Natürlich ist es hier in München für einen freien Veranstalter schwierig, kostendeckend Konzerte zu veranstalten. Ein Grund mehr, dass der Verein gegründet wurde, wo sich einige Leute nun ehrenamtlich einbringen, um so Kosten zu sparen.

Und das mit den Co-Headlinern ist halt a) der Versuch, evtl. Fans aus mehreren Lagern zu ziehen, b) dem Publikum wirklich großartige Shows zu bieten und c) kommen so viele Anfragen rein, daß es manchmal nur geht, mehrere Bands zusammenzufassen. Ansonsten müßte man vielen Künstlern eine Absage erteilen.

AFL: Erzähl doch mal, was deine besten und beschissensten Shows waren, die du bisher veranstaltet hast und welche Bands würdest du unbedingt noch in der Zukunft veranstalten wollen und welche auf keinen Fall?

Tja, hier greift wieder die goldene Regel von oben, und dadurch habe ich schon viele Superkonzerte hier erlebt. Wenn ich persönlich nach den besten Live Bands von uns bislang gefragt werde, muß ich da WONK UNIT, CYANIDE PILLS, THE PACK A.D., GUITAR GANGSTERS, LOS PEPES und BURNING LADY nennen… es gibt aber noch zig andere Top-Livebands, die hier schon aufgetreten sind, die kaum jemand kennt, aber so ziemlich jede „große Band“ an die Wand spielen, was Enthusiasmus, Energie und Performance angeht.

Es gibt sicher ein paar Bands, die wir nicht nochmal veranstalten würden, weil da einfach Sachen abseits des Auftrittes vorgefallen sind, die wir nicht nochmal brauchen. Namen tun hier nichts zur Sache.

Es kommen aber noch ein paar außergewöhnlich gute Bands, die innerhalb der nächsten Monate erstmals über M.U.F.T. präsentiert werden, wo wir sehr gespannt sind, ob das Publikum das genauso erkennt und zahlreich erscheint. Die Bands hätten es allemal verdient, hier möchte ich in erster Linie HANDS OFF GRETEL, CHEETAH CHROME und JOHNNY BLITZ mit ihrem DEAD BOYS-Set, SVETLANAS, THE SILVER SHINE, THE DECLINE! und THE BOMBPOPS nennen. Für nächstes Jahr haben sich auch schon SPUNK VOLCANO & THE ERUPTIONS angekündigt, ein tolles Sideprojekt der nicht weniger guten DIRT BOX DISCO.

AFL: Möchtest du unseren LeserInnen noch etwas mit auf den Weg geben?

Ja, sogar sehr: Unterstützt die kleinen Clubs und Veranstalter und vor allem die Künstler, die ihren Lebensunterhalt in erster Linie mit ihrer Musik und da bevorzugt durch ihre Live-Auftritte verdienen. Geht zu den Konzerten und genießt diese faszinierende Atmosphäre!

Hier könnt ihr euch über anstehende Konzerte und den Verein M.U.F.T. informieren: https://www.muftev.de/

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AWAY FROM LIFE
2015 als Solo-Projekt gestartet, ist AWAY FROM LIFE heute ein Team aus knapp 20 Freunden, die unterschiedlicher kaum sein könnten, jedoch durch mindestens diese eine Sache vereint sind: Der Leidenschaft für Hardcore-Punk. Diese Subkultur ist für uns kein Trend, sondern eine tiefverwurzelte Lebenseinstellung, etwas, das uns seit Jahren immer und überall begleitet. Hardcore-Punk bedeutet für uns, sich selbst zu entfalten. Dabei ist D.I.Y. für uns nicht nur eine Phrase: Wir probieren Sachen aus, lernen neues dazu und entwickeln uns weiter. Von der Szene für die Szene. Gerade deshalb hat es für uns oberste Prämisse, Personen aus dieser Subkultur zu supporten, die denken wie wir. Sei es Veranstalter, Labels oder Bands, unabhängig ihres Bekanntheitsgrad. Egal ob Hardcore-Kid, Punk, Skinhead oder sonst wer. Wir sind Individuen, einer großen Unity, die völlig zeitlos und ortsunabhängig existiert. AWAY FROM LIFE ist für uns ein Instrument diese Werte zu manifestieren und unser Verständnis für Hardcore-Punk auszuleben. Angefangen als reines Magazin, haben wir über die Jahre unser eigenes Festival, das Stäbruch, etabliert oder jüngst mit Streets auch eine Szeneplattform ins Leben gerufen, die für uns alle genutzt werden kann – genutzt für eine Sache, die uns verdammt wichtig ist: Hardcore-Punk!

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