Das erste Mal vergisst man nie und so vergesse ich auch nicht den Moment, als ich das erste Mal Fahnenflucht zu hören bekam. Ein Kumpel hatte sich gerade die Schlachtrufe V besorgt und als er mir den Track Ohne Ausweg zeigte, war ich direkt hin und weg.
Seit dieser Zeit ist aber auch schon eine Menge Bier die Kehle runtergeflossen und so ist auch die Band von damals mit der heutigen nicht mehr zu vergleichen.
Denn stillstand kennen Jungs nicht und so hat sich ihr Stil vom Debütalbum Beissreflex, über die weiteren Alben, doch hörbar verschoben. Dabei sind sie dem Grundelement Deutschpunk aber immer treu geblieben und das zeigen sie nun auch auf ihrem sechsten Studioalbum Weiter Weiter.
Dieses zeigt nämlich eindrucksvoll, wie facettenreich und dynamisch der Deutschpunk tatsächlich sein kann bzw. geworden ist. Schnöden 4/4-Takt und Standart-Akkordfolgen sucht man hier nämlich vergeblich und so so gleicht kein Song dem anderen, was das Album instrumental so überaus abwechslungsreich macht. Darum stört es mich als ewiggestrigen Deutschpunk-Fanatiker auch nicht, dass Fahnenflucht bei diesem Album noch etwas mehr in Richtung Hardcore abdriften. Im Gegenteil, das µ mehr Druck tut dem Album sogar gut, denn ansonsten wäre es am Ende zu glatt rübergekommen.
Aber wie lehrt uns doch nochmal die Pädagogik…man teilt nach dem Guten das Schlechte mit und endet dann wieder mit dem Guten und so sind wir nun bei den Schattenseiten des Albums angekommen. Dieses greift nämlich die typischen Themen auf und das macht das Album, zumindest textlich, etwas vorhersehbar. Ich bin mir ja auch bewusst, dass antifaschistische und sozialkritische Texte gerade in diesen Zeiten wichtiger sind denn ja, aber etwas mehr Abwechselung wäre da wirklich ganz nett gewesen.
Zudem finde ich es schade, dass Sänger Thomas auch gesanglich fast immer im selben Schema bleibt, denn seine Stimme bietet definitiv mehr Abwechselung, wie er an manchen Stellen des Albums auch zeigt und gerade bei den ersten Alben auch immer bewiesen hat.
Das Negative kommt allerdings gar nicht so stark zum tragen, wie man nun denken mag. Denn durch die musikalisch gut arrangierten Songs, kommt am Ende wirklich keinerlei Langeweile auf und das muss man erst einmal schaffen bei einer Spieldauer von über 45 Minuten und 14 Liedern.
Zusammengefasst muss ich sagen, dass Fahnenflucht mit Weiter Weiter qualitativ noch eine HC-Schippe draufgelegt haben und so ihren Weg weitergehen, den sie mit dem Vorgänger Angst und Empathie (Review) eingeschlagen haben…ob es dem klassischen Deutschpunk nun gefällt oder nicht.
Anspieltipps: Kein Teil, Satt, Alte Lieder, BRND
Band: Fahnenflucht
Titel: Weiter Weiter
Format: CD, LP, Digital
VÖ: 28. Mai 2021
Label: Aggressive Punk Produktionen
Spielzeit: 45:42
Tracklisting:
- Welt
- Bewegung
- Kein Teil
- Vater Unser
- Energie
- Satt
- Misanthrop
- Alte Lieder
- Asche
- Welcome To Hell
- Serotonin
- Träume in Beton
- BRND
- Trümmer