Harte Töne in harten Zeiten. In einer Zeit in der noch alles anders war, schickten wir ein paar Fragen ins ferne Neuseeland. Adressat war Luke Manson, seines Zeichen Frontmann der Hardcore-Beatdown-Kapelle Xile. Auslöser war allen voran deren neuestes Werk I Am Your God, welches am 03. April 2020 via BDHW erschienen ist. Fragen über eine etwaige anstehende Europa Tour wirken angesichts der aktuellen Lage mittlerweile ebenso absurd wie zynisch, aber damals war halt noch alles anders…
Wir sind Xile und melden uns mit unserem Kiwi Hardstyle härter zurück als je zuvor!
AFL: Hallo Jungs! Danke, dass ihr euch Zeit genommen habt! Bitte stellt euch doch kurz einmal vor, obwohl euch manche von unseren Lesern sicherlich bereits von der 2016 erschienen EP Grafton kennen.
Luke: Wir sagen danke! Das Release der Grafton EP ist schon wieder ein paar Jährchen her und nun melden wir uns mit unserem Debütalbum I Am Your God zurück. Wir sind Xile, immer noch aus Grafton, Neuseeland, und melden uns mit unserem Kiwi Hardstyle härter zurück als je zuvor! Wir haben das letzte Jahr damit verbracht, in Australien, Asien und unserem Heimatland zu touren. Nun können wir es kaum erwarten durch Japan, USA und Europa zu touren.
AFL: Wie auch schon Grafton erschien auch die neue LP I Am Your God via BDHW. Könnt ihr uns eine kurze Zusammenfassung darüber geben, wie der Kontakt zustande kam und wie die Zusammenarbeit läuft?
Wir waren immer schon Fans von den Bands im BDHW Roster. Der ganze Vibe, die Kreativität, das Mindset… das macht alles einfach einen richtig guten Eindruck! Wir sind mit Toni in Kontakt gekommen und haben seitdem eine starke Beziehung aufgebaut. Wir könnten nicht glücklicher sein, mit der BDHW-Familie Musik zu veröffentlichen, wir fühlen uns da wirklich sehr wohl.
AFL: Bei meiner Recherche ist mir immer wieder der Begriff „Kiwi Hardstyle“ untergekommen, diesen Begriff habt ihr ja auch eingangs schon erwähnt. Wie würdet ihr diesen Stil beschreiben und was macht ihn so einzigartig?
Das beschreibt bei uns einen etwas finstereren Stil. Also kein Hardcore im klassischen Sinne, fast schon mehr Metal. Die Lyrics haben dabei einen düstereren Hintergrund und auch die Vocals sind rauer. Als wir in die Szene hineinwuchsen, war sie geprägt von traditionellen Hardcore Bands, mit einer positiven Old School Message. Das war nie unser Ding, wir wollten mehr Wut! Von Zeit zu Zeit kamen immer wieder Bands hervor, die einfach nichts Positives zu sagen hatten, die es einfach nicht schert, was du denkst. Einfach pure Wut und Aggressivität. Bis jetzt konnte nur ein Kiwi (Einwohner von Neuseeland – anm.) wissen, dass wir in das „Genre“ Kiwi Hardstyle passen – mit dem Album weiß es jetzt die ganze Welt!
AFL: Mit der Grafton EP haben wir ja auch schon einen ersten Eindruck von Kiwi Hardstyle bekommen. Wo siehst du die größten Unterschiede zur neuen Platte I Am Your God? Wie hat sich euer Sound weiterentwickelt?
I Am Your God ist auf jeden Fall reifer geworden, denke ich. Grafton war für alle noch so etwas wie ein Probelauf. Es war das erste Mal, dass hier unten jemand so etwas wie Euro Beatdown in den Sound einfließen hat lassen. Dieses Mal wollten wir, dass es schon stimmiger wird, mit mehr Groove und Feeling. Das ganze Album selbst zu schreiben (Gitarre & Lyrics), war vielleicht nicht der schwierigste Part, aber definitiv der Grund, warum es so lange gedauert hat. Jeder Song musste einfach sitzen. Im Endeffekt ist I Am Your God in allen Belangen schneller und härter geworden als die EP!
„Wenn es nach manchen „Hardcore-Puristen“ geht, müsste die ganze Band vegan sein, um solche Texte schreiben zu dürfen.“
AFL: „I Am Your God“ sind dann auch die ersten Worte, die man auf der Platte hört. Was steckt hinter dieser Aussage? Haben wir es hier mit einer Religionskritik zu tun?
Natürlich mit Religion, einerseits. Andererseits ist es aber auch doppeldeutig, denn es bezieht sich auch auf die „neuen Götter“, die Götter des Social Media. Die Influencer, die Schauspieler, die Großmäuler im Internet, die Gruppen die meinen, deine Szene/Musik/Kunst oder was auch immer diktieren zu können. All jene, die meinen, den „richtigen“ Weg zu kennen, nur weil sie mehr Follower oder ein größeres Publikum haben. Im Chorus heißt es „I Am Your God, Kill!“, das impliziert, dass du machen musst, was auch immer die Oberen dir befehlen. Sei es im Namen der Religion zu töten oder aber auch allgemein in unserer Gesellschaft, wenn es darum geht sich der 9-to-5-Routine und den generellen Normen anzupassen. Obwohl wir als Gesellschaft so frei wie nie zuvor sind, ergibt sich dadurch auch viel Raum für anonyme Kritik aus dem Internet.
AFL: Welche Themen werden auf der Platte noch behandelt?
Es finden sich hauptsächlich Themen wie Religion, Liebe und Krieg in den Songs wieder. Ob ich es zugeben will oder nicht, es steckt eine Menge aufgestaute Wut in den Liedern. Eigentlich weiß ich vorab nie, über was ich einen Song schreiben will, das ergibt sich dann meistens von selbst. Erwähnenswert ist der Track Empty Chamber, in dem es um Tierquälerei und dem entsprechend heuchlerischen Vergleich zwischen der Gewalt an Tieren und Menschen geht. Obwohl die Band an sich nicht vegan oder vegetarisch ist, ist es ein wichtiger Teil in meinem Leben. Wenn es nach manchen „Hardcore-Puristen“ geht, müsste die ganze Band vegan sein, um solche Texte schreiben zu dürfen. Aber das Mic ist nun mal mein Instrument und es ist mein Ausdruck der Kunst, genauso wie es die Riffs für den Gitarristen sind. Den Lyrics sollten einfach keine künstlerischen Grenzen gesetzt sein!
AFL: Produziert wurde die Platte in den SledgeHammer Studios in Brisbane. Könnt ihr uns hier etwas über die Produktion mit Sean Delander von Thy Art Is Murder erzählen? Was habt ihr für eine Beziehung zu den Jungs von Thy Art Is Murder?
Die Sledgehammer Erfahrung und die Zusammenarbeit mit Sean war großartig! Er spielt schon lange in der Oberliga mit, hat mit den besten Produzenten in den besten Studios zusammengearbeitet. Als er mit Sledgehammer angefangen hat, wussten Lee und ich, dass das eine großartige Möglichkeit ist, von seiner Erfahrung zu profitieren. Wir hatten bereits eine gute Beziehung zu den Jungs von Thy Art Is Murder, wir hatten ein paar gemeinsame Touren und Shows. Das hat es noch angenehmer gemacht! Alles in allem war es ein sehr offenes Umfeld, es hat echt Spaß gemacht seine Ideen auszutauschen. Das Studio bietet großes Potential und kann eine Lücke in dieser Region schließen!
„In Kuala Lumpur wurden wir sogar als local band bezeichnet“
AFL: Mein Lieblingstrack auf der Platte ist ja „Diamond Eyes„, zu dem ihr ja auch ein Video gemacht habt. Hast du eine persönliche Lieblingsnummer auf dem Album?
Luke: Das wechselt ständig! Diamond Eyes ist definitiv vorne dabei und das, obwohl es ihn nie hätte geben sollen! Wir hatten 13 Songs angemeldet und 4 wieder verworfen. Ich wollte aber 10 Nummern. Also habe ich mich mit einer Lyric Line, die ich in einem Taxi in Malaysien geschrieben habe, auf den Weg zum Studio gemacht. Auf dem Parkplatz bin ich dann noch die Riffs per Luftgitarre durchgegangen und dann hatte ich schon den Großteil des Songs. So ist Diamond Eyes entstanden. Meine anderen Favoriten sind Damaged und World Demise, weil die einige verrückte Elemente haben, wo ich schon die Befürchtung hatte, wir hätten es übertrieben. Aber es ist voll aufgegangen!
Lee (Bassist): Meine Lieblingssongs auf dem Album richten sich danach, wie sie live rüberkommen und welche Resonanz wir von der Crowd bekommen. Daher würde ich sagen, So Much For Love ist mein Favorit. Es hat einen netten Groove am Anfang und die Tempowechsel zwischendurch verleihen dem Song mehr Emotionen und Feelings. Der Beatdown Part am Ende bringt die Leute auch immer zum Moshen. Ich hoffe, der Song macht beim Hören genau so viel Spaß, wie ihn live zu spielen!
AFL: Wie ich hörte, habt ihr vor kurzem in Australien und Asien getourt. Wie war die Tour und welche Highlights habt ihr erlebt?
Die Highlights waren definitiv die Leute und die neuen Erfahrungen. Wir bereisen diese Orte nun schon seit vielen Jahren, sodass wir in jeder Stadt Freunde haben. Wir fühlen uns jedes Mal wirklich wie ein Teil der Community und Szene vor Ort. Jedes Mal, wenn wir auf Besuch kommen. Asien ist immer wie eine Kombination aus Tour und Urlaub, damit kannst du einfach nichts falsch machen. In Kuala Lumpur wurden wir sogar als eine Local Band bezeichnet.
AFL: Sofern ich nicht falsch informiert bin, habt ihr bis jetzt noch nicht in Europa gespielt. Wann können wir die ersten Shows in Europa erwarten? Da sind einige Banger auf dem Album, die auch sicher bei den europäischen Kids live sehr gut ankommen werden…
Europa haben wir ganz scharf im Visier. Ich will jetzt nicht zu viel vorweg nehmen, aber es wird schon sehr bald eine entsprechende Ankündigung kommen. Wir wünschten, es wäre einfacher, einfach mal so für einen Weekender oder so vorbeizukommen. Leider ist es das aber nicht, wenn man auf dem anderen Ende der Welt lebt. Wir können es jedenfalls nicht mehr erwarten, euch den Kiwi Style zu zeigen!
AFL: Was sind so die bisherigen Highlights eurer Karriere? Besonders wenn es um gespielte Shows geht…
Der Moment, wenn du auf deiner ersten internationalen Show das Mic in die Hand nimmst und sich der Pit eröffnet! Obwohl Australien für uns so nah ist (zumindest auf der Landkarte), schaffen es 9 von 10 Kiwi Bands nicht dorthin. Das erste Mal ist es besonders teuer für eine Band, es kostet viel Kohle, nur um die 5 Bandmitglieder dort rüber zu bekommen. Andere Highlights sind u.a., dass wir schon mehrere Male in Kuala Lumpur gespielt haben und dort immer wieder eine fantastische Resonanz bekommen, aber auch das Thailand Metal Festival 2019 auf dem Dach eines Einkaufszentrums in Bangkok war sehr cool!
AFL: Wie ist die Hardcore Szene in Neuseeland, könnt ihr uns einen kleinen Überblick darüber geben?
Es ist eine kleine, leidenschaftliche Community. Wir machen das Beste aus dem, was wir haben. Vielen Bands teilen sich sowohl das Equipment, als auch Bandmitglieder! Teilweise waren die Mitglieder von Xile in zwei oder sogar drei verschiedenen lokalen Bands zur selben Zeit. Das meiste passiert dabei in zwei Städten: Auckland und in der Hauptstadt Wellington. Zu den Shows kommen so um die 80 bis 100 Leute und dabei kann man davon ausgehen, dass sich die alle untereinander kennen.
AFL: Könnt ihr unseren Lesern noch ein paar neuseeländische Hardcore Bands empfehlen? In unserem Interview von 2016 habt ihr folgende genannt: Out Cold A.D, Salvage, Blind Threats, One Outs, Nailgun, Antagonist A.D, Too Lage und Superior Vision… wie ist der aktuelle Stand der Dinge?
All die genannten Bands sind eigentlich nicht mehr aktiv. (Antagonist A.D, sind noch aktiv – anm.) Aktuelle/neue Bands wären Severed Beliefs, ColdxWar, Soul Void und Brainwave. All die Bands sind bei einem kleinen lokalen Label namens Elimination Records.
AFL: Für unsere reisefreudigen Leser, gibt es interessante Festivals in Neuseeland?
Bei uns gibt es hier keine so großen Heavy Festivals wie in Europa, das würde nicht funktionieren. Wir veranstalten ein jährliches Hardcore Punk Festival namens Hamtown Smackdown, das gibt es bereits seit 2002. Dann gibt es noch das Elimination Fest, das steckt aber noch ein bisschen in den Kinderschuhen, die erste Ausgabe hat im Jänner 2020 stattgefunden.
AFL: Ok, das war es dann soweit, vielen Dank für eure Zeit! Wollt ihr noch etwas los werden?
Vielen Dank für die Möglichkeit, euch Xile, Kiwi Hardstyle und Neuseeland näherbringen zu dürfen! Wir haben unseren kompletten kreativen Wahnsinn in unser Debüt I Am Your God gesteckt und können es kaum erwarten, bis ihr es endlich hören könnt. Wir sehen uns auf Tour!
Kleine Korrektur: Antagonist A.D. sind sehr wohl noch aktiv und kommen im Sommer mit Kublai Khan auf Tour nach Europa.
vielen Dank, wurde korrigiert!