Nach einer längeren Pause ist nun der neue „Szenemacher“ am Start. Dieses Mal möchte ich euch einen Zeitgenossen vorstellen, der vielen von euch schon bekannt sein dürfte und nicht nur durch seine Shows in Aachen sondern auch durch seine Band The Bloodstrings sehr beliebt ist. Es geht dieses Mal um Nick aus Aachen, welcher sich schon länger für die Szene engagiert und schwer aktiv ist. Aber lest einfach, was Nick so zu sagen hat.

AFL:  Hey Nick, du kommst ja aus Aachen und veranstaltest dort immer wieder selber Konzerte, wenn du nicht gerade mit deiner Band THE BLOODSTRINGS auf Tour bist. Erzähl doch mal, was dich dazu bewegt hat, selber Konzerte zu organisieren und in welchem Rahmen diese stattfinden.

Gekommen ist das glaube ich zufällig. Ich habe für eine befreundete Band was organisiert und bin das mal so angegangen, wie ich das auch als Mucker gewohnt war. Und dann kamen plötzlich immer häufiger Anfragen, ob ich das nicht anleiern könnte. Es fing an mir Befriedigung zu verschaffen, Teil der Aachener Szene zu werden und ich wollte ja auch in Kontakt mit den ganzen Künstlern und Agenturen kommen. Ich organisiere die Gigs meistens in meinem Stammladen, dem Wild Rover. Dort kenne ich die Betreiber seit Ewigkeiten und es ist der Ort wo ich und meine Freunde sehr gerne abhängen. Ein sozialer Dreh- und Angelpunkt sozusagen. Manchmal verlege ich aber größere Acts in den Musikbunker, wenn ich weiß, dass sich das lohnt. Die Konzerte sind bisher eher klein, bis zu 150 Leute maximal. Ich könnte mir aber vorstellen, mich auch mal an die größeren Fische heranzuwagen.

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AFL:  Aachen liegt ja direkt bei Holland, Belgien und Luxemburg. Wie sieht es da mit den Leuten aus. Ist hier ein grenzübergreifendes Publikum bei deinen Konzerten vorhanden oder kocht quasi jedes Land sein eigenes Süppchen? Wie betreibst du vor Ort deine Werbung? Machst du da nur in Aachen Werbung oder versuchst du auch zum Beispiel Leute aus Maastricht zu dir zu holen?

Das kommt sehr auf den Act an. Unter der Woche, wenn da ein Singer/Songwriter aus England spielt zum Beispiel, ist das Publikum quasi nur aus Aachen, nicht mal aus der Umgebung. Für großen Bands wie die Real McKenzies oder Jaya The Cat oder was weiß ich, da kommen auch viele Menschen aus den Niederlanden und Belgien. Der Raum Eupen usw. ist ja sogar deutschsprachig. Was Werbung angeht, so fange ich gerade erst an, mir dort auch das Publikum zu schnappen. Ich mache das Ganze wohl ein wenig offizieller und werde dann auch Flyer drucken mit allen Terminen und die sollen dann auch ihren Weg nach Maastricht finden. Ich habe durch eine ehemalige Beziehung gute Kontakte nach Heerlen und andere Promoter hier in der Stadt nach Lüttich in Belgien. Da versuche ich jetzt mehr und mehr hinzukommen, auch was die Pressearbeit angeht. Wir Aachener verlieren das leider viel zu häufig aus den Augen, dass da nebenan Länder sind, die durchaus Szene und Engagement haben. Der Niederländer ist viel eher bereit, sich auch mal ins Auto zu setzen und eine Stunde oder zwei zu einem Konzert zu fahren, die sind das irgendwie gewohnt, während wir hier in Aachen schon ächzen, wenn wir mal nach Köln müssen. Aber zurück zur Frage: die Hauptwerbung bleibt natürlich lokal, schon allein wegen der Presse.

AFL:   Auf was für welche Musikgenres hast du dich denn spezialisiert und experimentierst du auch gerne mal mit anderen Musikgenres herum? Gibt es Genres, die bei dir vollkommen gefloppt sind und welche, die besonders gut in Aachen ankommen? Kannst du das in irgend einer Form begründen?

Nun, ich komme ja, wie du auch, aus dem Punkrock. Aber ich veranstalte alles, worauf ich Bock habe oder wovon ich denke, dass das gut ankommt und Geld in die Kasse spielt. Früher habe ich viel Rock N Roll und Psychobilly gemacht, aber das kommt in Aachen nicht so super an, zumindest nicht bei dem Publikum, welches regelmäßig zu meinen Veranstaltungen kommt. Punkrock funktioniert immer gut, wenn er denn besonders ist. Am liebsten buche ich aber tatsächlich Folk, Folk-Punk und sowas. Das Publikum des Wild Rovers ist da super dankbar für tanzbare Musik, das zieht hier einfach am besten. Es ist halt auch ne Studentenstadt, da hören die wenigsten Oldschool Hardcore oder Rockabilly. Folk ist der neue Ska irgendwie, da gehen die Leute drauf ab. Singer/Songwriter gehen auch super gut vor allem wenn sie aus England sind. Die buche ich auch super gern, weil das natürlich mit dem minimalsten Aufwand verbunden ist als Veranstalter, dem setzt man ein Mikro oder eine DI Box da hin, man hat oft nur ein, zwei Leute unterzubringen und zu verpflegen. Da sind meine Folkleute natürlich schon anstrengender. Aber wie gesagt, ich mache eigentlich womit ich auch arbeiten will. Ich würde auch HipHop veranstalten, mache ich demnächst vielleicht auch. Das einzige was schade ist, ist dass ich kleinen befreundeten Bands oft nicht mehr weiter helfen kann. Früher war ich so die Bezugsperson für Bands, die gerade anfangen und mal in Aachen spielen wollen, weil sie vielleicht aus Köln kommen oder so. Das kann ich mir aber nicht mehr so wirklich leisten und leiste daher nur noch Hilfestellung, wenn zum Beispiel unter der Woche noch so eine Show für “zwischendurch” gesucht ist.

AFL:  Hast du lokal auch Unterstützer, die dir bei deiner Arbeit helfen oder bist du da so eine Art Einzelgänger und machst alles selber? Kann man sagen, du hast dich da gewissermaßen dem DIY Gedanken verschrieben oder hast du da größere Ziele, wo du im Bereich der Veranstaltungen hin willst?

Das kommt auch auf die Show an, wie viele Leute beteiligt sind. Grundsätzlich bin ich erst mal Mädchen für alles: Ich booke, mache die Werbung und finanziere diese vor, ich kläre alles mit Vorbands ab wer was mitbringt, bin auch Stagehand, mache den Sound (im Wild Rover, die anderen Läden haben immer einen Techniker) mache das Essen, stelle die Unterkunft, sitze an der Kasse und mache den Break (hoffentlich). Jetzt gibt es aber Konzerte, da geht das nicht einfach mal so. Wenn da eine Ska- oder Folkband spielt oder eine richtig, richtig große Band, dann engagiere ich einen Tontechniker sofern keine vorhanden ist. Dann frage ich jemanden für die Kasse zur Ablöse und manchmal, wenn ich selber arbeiten muss, frage ich auch schon mal Bekannte, ob die Band bei ihnen schlafen kann. Ist sogar schon vorgekommen, dass ich gar nicht vor Ort war und alles aus der Ferne gesteuert habe. Hier in Aachen habe ich aber immer Leute, die mir helfen, Kontakte, die günstig Plakate drucken, die mir beim Essen zur Hand gehen und alles. Wir helfen uns hier gegenseitig alle gern, wenn ein anderer Booker Equipment braucht, weil vielleicht ein Monitor kaputt geht, dann bring ich dem meinen aus dem Proberaum oder sowas. Hier sind die meisten Leute miteinander befreundet, daher kann man sich auch schon mal helfen und das alles D.I.Y mäßig schaukeln und trotzdem alles sauber über die Bühne bringen. Ich würde aber natürlich schon längerfristig professioneller werden. Ich mach das jetzt ein paar Jahre und bin routiniert im Planen, Organisieren und Durchführen. Aber ich möchte wie gesagt auch wieder an die größeren Acts heran kommen, weil die eben mehr Geld bringen, weil dann kann ich mir das auch leisten mal einer kleinen Band auszuhelfen. Am meisten wünsche ich mir ja, dass Bands hier auf ihren ersten kleinen Tourneen anfangen und dann später immer größere Läden hier spielen, weil sie immer bekannter und beliebter werden. Dann sagt irgendwann vielleicht einer: “Der Nick hat die damals hier schon spielen lassen”. Das fände ich klasse.

AfL:  Wie schaut es denn in Aachen allgemein mit Konzertmöglichkeiten aus? Spürst du auch den Rückgang von Konzerten und deren Besuchern, wie es vielerorts so oft heißt oder hast du da in Aachen eine stabile Szene, die nach wie vor gerne auf Konzerte geht? Ihr habt ja doch einige Live Locations bei euch. Stehen die in Konkurrenz oder wird da eher Hand in Hand gearbeitet? Oft hat man das ja dann, dass an einem Tag 3-4 Konzerte in einer Stadt sind und dann wieder Tage, wo überhaupt nichts los ist. Arbeitest du da mit den anderen Veranstaltern zusammen oder wird hier ebenfalls mehr oder weniger auf eigene Faust geplant?

Also diesen Rückgang spüre ich definitiv auch. Es kommt eben immer drauf an: Manchmal bin ich total überrascht, weil an einem Mittwoch Abend die kleine Pub-Show ausverkauft ist und dann bleibt an einem Freitag der Laden leer. Deshalb wird auch an kostbaren Wochenend-Shows nicht mehr ohne local support gespielt. Die Aachener Szene ist oft sehr seltsam. Du hast eigentlich immer noch unheimlich viele Leute, die auf Punk usw. Stehen. Ich bin auf Hardcore-Shows gewesen von vielen kleinen Bands, da sehe ich dann teilweise Leute, die ich vorher noch nie irgendwo gesehen habe. Ich glaube, dass der Aachener an sich schon gerne auf Konzerte geht. Man muss ihm nur was bieten. Geld spielt da eine große Rolle; ich betreibe fast schon Ticket-Dumping bei Eintrittspreisen, damit die Leute auch Mitte und Ende des Monats noch Bock haben, zu kommen. Noch dazu ist Aachen eine richtige Schlecht-Wetter Stadt, das bedeutet, dass die Leute hier das Biergartenwetter auuch immer ausnutzen. Ein Sonnenstrahl am Himmel und ich bekomme Angst um mein Konzert. Was deine Frage zu den Locations angeht: Es haben leider Sachen wie das Hauptquartier zu gemacht, was allerdings Venues wie dem Wild Rover sehr in die Karten gespielt hat. Wir haben mehr kleine Locations: das Schlüsselloch ist ne Winzkneipe aber mit viel Geschichte, das Hotel Europa eher Club, wo man auch schon mal Konzerte machen kann, genau wie die Raststätte. Für kernige Hardcore und HipHop Acts gefällt mir das Kingz Corner, weil es total Oldschool ist und dann gibt es da noch ein JuZe am Rand der Stadt und eine Konzertlocation unterm Bahnhof Rothe Erde. Damit nenne ich jetzt bei Weitem nicht alle Locations, aber es gibt halt viele kleine in denen prinzipiell auch jeder buchen kann! Große Locations sind schwieriger: Für ne fette PA und richtiges Feeling braucht man den Musikbunker oder das AZ. Und hier ist das jetzt so, dass sich tatsächlich selten abgesprochen wird. Jeder ist froh, seine Termine zu kriegen, weil die großen Venues natürlich an Parties das meiste Geld verdienen. Ich achte zwar immer darauf, dass an dem Tag, an dem ich ein Konzert veranstalten will, nichts allzu genreverwandtes stattfindet, das funktioniert aber nicht immer. Das AZ vor allem ist geleitet von einem Plenum und die machen dann halt einfach. Das Ding ist aber, dass hier in Aachen jede Location sein Stammpublikum hat. Das Wild Rover hat eine unheimlich treue Stammkundschaft, die man auf fast jedem Konzert dort antrifft. Das AZ hat ebenso treue Unterstützer, aber auch genauso viele Hater. So kann man sagen, dass sich die Leute schon untereinander kennen, und wir Punkrock-Booker geben schon aufeinander Acht. Aber die Locations arbeiten da eigentlich eher weniger miteinander, weil jeder schauen muss, wo er bleibt. Das ist schade, geht aber oft nicht anders. Erst neulich das Beispiel gehabt: ich habe im Wild Rover eine Show für zwei befreundete Stoner-Rock Bands, die ich gemeinsam auf Tour schicke. Am selben Tag spielen aber auch die Bollock Brothers mit local Support im Musikbunker, der berühmte Reggea-Musiker Sebastian Sturm, der auch hier aus Aachen kommt, spielt in Heerlen. Da geht dann auf ein mal total viel, aber Gott sei Dank sind das alles verschiedene Stilrichtungen. Kann auch passieren, dass vier mal Punkrock in Aachen ist. Und in die Grenzgebiete fährt ja eh keiner.

Ich will noch einmal zurück kommen auf den Rückgang der Besucher: das hängt zumindest hier in Aachen auch sehr stark mit den Curfews zusammen. Das Rover und die meisten anderen Läden dürfen nur bis 22 Uhr Livemusik haben. Das ist vielen Arbeitnehmern sehr willkommen; die Studis sind dann aber gerade mal geduscht und angezogen für den Abend. Selbst der abgeschottete Bunker hat da Probleme. Das Gift für unsere Livemusik- und Partyszene sind Anwohner, die sich über Lärm beschweren. Es wurden schon so viele Sanktionen verhängt, weil sich Nachbarn über Lärm an einem Samstag Abend beschwert haben. In einer belebten Stadt voller junger Leute kann ich das nicht wirklich nachvollziehen, zumal besagte Anwohner fast immer Zugezogene mittleren Alters sind und keine alten Leute, die hier schon seit 60 Jahren leben. Ich bin jetzt wieder versucht, mich da ganz irrational drüber auszulassen. Vielleicht nur so viel: Das Nichtraucherschutzgesetzt, der Lärmschutz und das O-Amt haben der Stadt bereits einen Teil ihres Charmes geraubt und wir alle hoffen, dass das nicht Überhand nimmt.

AFL:  Möchtest du unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?

Wahrscheinlich das Selbe, wie alle anderen auch: Geht mehr auf Konzerte! Selbst ein Futzi wie ich weiß, dass man nicht alles for the sake of support your local scene mitnehmen kann. Irgendwann hat man ja auch kein Geld mehr. Aber in den seltensten Fällen bereut ihr, aus dem Haus gegangen zu sein. Ich habe schon so oft Freunde von mir dazu trietzen müssen auf dieses und jene Konzert zu gehen, obwohl sie die Band nicht kannten. Die waren immer total begeistert und haben dann plözlich deren Platten gekauft oder sowas. Generell möchte ich jedem anraten: Feiert es ab, wenn in eurer Stadt was geht. Viele Aachener beschweren sich, dass hier nicht so viel abgeht wie in Köln oder meinetwegen sogar Berlin, dabei sehen sie oft gar nicht, dass in Aachen und umliegenden Städten eigentlich genug veranstaltet wird. Ich finde, die Lebensqualität innerhalb einer Stadt verbessert sich schlagartig, wenn man sich auf Kleinkunst, Szene und Veranstaltungen einlässt, die über die von Charts gesteuerte Club-Party hinaus gehen. Einfach mal machen. Man muss ja nicht selber so ein Szene-Mensch sein, um coole Bands oder Songwriter abzufeiern. Sonst geht meinetwegen auch zu Poetry-Slams, Kunstaustellungen oder sonstwas. Aber lasst die Kultur nicht aussterben. Hier machen viele tolle Leute viele tolle Sachen. Zieht euch Stadtmagazine rein, wo die ganzen Veranstaltungen drin stehen und kommt einfach mal.

Mehr Infos zu Nick und seinen Aktivitäten gibt es HIER.

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AWAY FROM LIFE
2015 als Solo-Projekt gestartet, ist AWAY FROM LIFE heute ein Team aus knapp 20 Freunden, die unterschiedlicher kaum sein könnten, jedoch durch mindestens diese eine Sache vereint sind: Der Leidenschaft für Hardcore-Punk. Diese Subkultur ist für uns kein Trend, sondern eine tiefverwurzelte Lebenseinstellung, etwas, das uns seit Jahren immer und überall begleitet. Hardcore-Punk bedeutet für uns, sich selbst zu entfalten. Dabei ist D.I.Y. für uns nicht nur eine Phrase: Wir probieren Sachen aus, lernen neues dazu und entwickeln uns weiter. Von der Szene für die Szene. Gerade deshalb hat es für uns oberste Prämisse, Personen aus dieser Subkultur zu supporten, die denken wie wir. Sei es Veranstalter, Labels oder Bands, unabhängig ihres Bekanntheitsgrad. Egal ob Hardcore-Kid, Punk, Skinhead oder sonst wer. Wir sind Individuen, einer großen Unity, die völlig zeitlos und ortsunabhängig existiert. AWAY FROM LIFE ist für uns ein Instrument diese Werte zu manifestieren und unser Verständnis für Hardcore-Punk auszuleben. Angefangen als reines Magazin, haben wir über die Jahre unser eigenes Festival, das Stäbruch, etabliert oder jüngst mit Streets auch eine Szeneplattform ins Leben gerufen, die für uns alle genutzt werden kann – genutzt für eine Sache, die uns verdammt wichtig ist: Hardcore-Punk!

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