Das Punk for Help 2019 ist Geschichte. Wie der Name schon andeutet handelte es sich um ein Soli-Festival. Die mittlerweile vierte Ausgabe des Festivals, bei dem auch unsere Kollegen Annika und Max beteiligt sind, fand dieses Jahr am 14. September statt. Das Ganze wird in der kleinen Stummschen Reithalle ausgetragen, die angesichts des wirklich großartigen Line-ups etwas mehr gefüllt sein hätte können. Die Organisatoren haben sich redlich Mühe gegeben. Es gibt einen Foodtruck, einen Cocktailstand, Kein Bock auf Nazis und Viva con agua und natürlich einen Stand der International Collaboration Society e.V., die in (Ost-)Afrika Skateprojekte organisieren und Schulbildung ermöglichen. Der Erlös des Festivals kam nämlich dieser Initiative zu Gute. Ich zitiere einfach mal deren Homepage:
Die zentralen Themen sind Bildung, (Selbst-)Verwirklichung, Nachhaltigkeit und Beratung. Es werden etwa Bau- und Gestaltungsprojekte von Skateparks durchgeführt, Workshops zum Müll-Management in Dörfern oder motivierende Veranstaltungen zur Förderung der Selbstverwirklichung angeboten, sowie über die Begleitung von Existenzgründungen individuelle Perspektiven geschaffen.
Das klingt doch schon mal nice. Hab ich was vergessen? Genau, eine Tombola, bei der es nette Preise zu gewinnen gab. Sowohl von lokalen Firmen wie Midsummer Records und Kidnap Music, aber auch Audiolith, Cargo Records und Rookie Records, um nur ein paar Labels zu nennen. Auch Klamotten von Koloss gab es zu gewinnen. Es gab auch so viele Preise, das wohl kaum einer leer ausging. Ich bin jedenfalls sehr froh gewesen über meine Spermbirds-LP und ein Akne Kid Joe-Shirt…
Aber klar, Mucke gabs auch. Bei Die Schande von war leider noch nicht so viel los. Das ist sehr schade, denn die Band hats echt drauf. Emo mit deutschen Texten ohne Plattitüden, dafür mit vielen Wortspielen. Die Setlist war im Übrigen auf ein Thy Art Is Murder-Poster vom Fuze Magazin geschrieben. Auch ein schönes Wortspiel mit Neunkirchen gabs, das hab ich (trotz Wiederholung) leider wieder vergessen. Eine Band, die sicherlich mehr Beachtung verdient.
Freidenkeralarm aus Trier sind eine Politpunk-Band mit engagierten Texten, deren Debüt-EP ich ganz nett fand. Engagiert und politisch, Deutschpunk mit ZSK-Schlagseite. Machten ihren Job ganz gut, aber irgendwann muss man ja auch mit den Freunden klönen und die Tombola ausprobieren, so dass ich nicht alles mitbekam.
Forget Today hab ich ja schon öfter gesehen. Und es ist immer wieder eine Freude. Jedenfalls setzte die Sängerin erst mal ein Zeichen, in dem sie zu Beginn des Gigs wild auf dem Boden rum trommelte. Ansonsten war die Band ganz offensichtlich gut drauf. So gab es alte und neue Hits zu bewundern und insgesamt fühlte ich mich recht gut unterhalten. Als ihr Gitarrist gegen Ende des Gigs die Treppe zur Bühne hinuntersegelte, war mir kurz Angst und Bange, aber er kam auch direkt wieder hoch und spielte weiter. Vielleicht sollte man das ins Bühnenprogramm so aufnehmen. Udo Lindenberg behauptete schließlich seine Krätsche wäre zuerst auch nur ein Unfall gewesen… Jedenfalls endete die Band mit meinem Lieblingssong Sleepless. Vollauf zufrieden!
Stacy Crowne aus Köln waren mir bis dato unbekannt. Sie kamen ins Line-up, nachdem Thinner absagen mussten. Als einzige Rock&Roll-Band des Abends hatten sie es zunächst schwer, den Laden zu überzeugen. Doch mit der Zeit fanden sich immer mehr Zuschauer ein, um ihrem Gluecifer- und Hellacopters-ähnlichen Rock zu folgen. Ein schöner Auftritt von einer Band, die sicherlich in Zukunft noch von sich reden macht.
Tony Gorilla war dann sowas wie der erste Headliner des Abends. Schon etwas öfter in unseren Breiten unterwegs, nicht zuletzt auch durch Max‘ Beharrlichkeit, die Band unter die Leute zu bringen, eine echte Macht im Saarland. Live sicherlich eine der besten Hardcore-Bands aus Deutschland, schaffte es diese Band auch an diesem Abend ihr Publikum zu überzeugen. Das letzte Album It Takes a Spark ist jetzt auch schon ein paar Jährchen her. Dennoch haben natürlich Songs wie Won’t Back Down, No Circumstances und Place To Share nichts von ihrer Energie verloren. Und Sänger Chris strahlt eine unglaublich positive Energie aus. Wundervoller Auftritt!
Knochenfabrik sind für mich eine der besten Bands der Welt. Umso freudiger habe ich ihren Auftritt an diesem Abend erwartet. Leider kam es zu einem Zwischenfall während des Konzertes. Ich will das Ganze jetzt auch nicht breittreten, aber er trübte mein Konzerterlebnis und zeigte, das auch die Punkszene leider nur ein Querschnitt der Gesamtgesellschaft ist. So verpasste ich leider Filmriss und ein paar weitere Songs. Aber das kann man weder der Band noch den Organisatoren anlasten. Es bleibt festzuhalten: Knochenfabrik waren an diesem Abend sicherlich die beste Band des Festivals. Während des Konzerts kam es zu Stagediving und Pogo. Sie haben alle Hits gespielt und Claus erinnerte recht häufig an Karel Gott, bei dem zwei Tage zuvor bekannt gegeben wurde, das er wieder an Krebs erkrankt ist. Ich bin mir nicht sicher, ob sie Willie über Wiesen, ihre Ode an Biene Maja zum Besten gegeben haben, gepasst hätte es. Dafür gabs eine ganze Latte an Klassikern und den Hinweis, am nächsten Samstag mit Chefdenker im P-Werk zu spielen. Davon werde ich euch sicherlich auch noch berichten.
The Toten Crackhuren im Kofferraum, ein Bandname, der bei Freunden und wohl auch bei den Plakataufhängern schon für Stirnrunzeln und/oder Lachanfälle sorgte, sollte ja eigentlich jedem bekannt sein. Immerhin standen sie auch schon mal in den deutschen Albumcharts. Für mich war es der zweite Liveauftritt der Damen (in diesem Fall fünf) und Herren (drei) und der bei weitem Überzeugendere. Die Band um Frontfrau Lulu verbindet Electrobeats mit Punk und liefert saftig provokante Texte. Der ideale Ausklang für das Festival. Und so schwang auch der Rezensent hier mehr schlecht als recht das Tanzbein und das Festival näherte sich mit dem Crackhuren-Tanz und Hits wie Ich und mein Pony, Ich brauch keine Wohnung, Jobcenterfotzen, Klaus und Süße Boyz sicher dem Ende. Vorher gab es aber noch nackte Haut zu bewundern. Und zwar vom Echi… Das durfte er dann schamhafterweise hinter einem Plakat bewerkstelligen, präsentierte dann aber seinen Schwengel doch ab und an dem Publikum. Einem aus dem Publikum (der vorher schon durch lautes „Hast du was zum Ballern?“-rufen auffiel) gefiel das so gut, dass er auch blank zog… Uff, es sinkt mit dem Alkohlpegel eben auch das Niveau. Egal, der Auftritt war jedenfalls große Klasse und machte unheimlich viel Spaß. Danach hieß es ab in die Heia. Zum Glück fand ich eine Mitfahrgelegenheit… Jaja, der Cocktailstand…
So, das war dann bisher wohl mein Festival des Jahres. Die Bandauswahl war ziemlich gelungen, die Mucke vom Feinsten und das Ganze auch noch für einen guten Zweck. Hoffen wir mal, dass die Organisatoren auch eine fünfte Ausgabe in Betracht ziehen.
A propos. Die Bilder in schwarz-weiß sind von Annika, die bunten ohne Wasserzeichen sind von mir…