Klappt den Bordstein runter
Neonschwarz kommt in deine Stadt
Das ist für die Hipster, die Hänger, die Kids und die Punkers
[Sample: Can’t get enough of that funky stuff] (…)
Das ist für die Writer, die Raver, die Antifas

Und alle waren sie da. Das heißt, zu Anfang leider nicht. Als DiscoCtrl die Bühne betrat war es zunächst merklich ruhig. Nach den ersten Takten füllte es sich zwar vor der Bühne etwas, dennoch hätte sich der sympathische US-Deutsche (aufgewachsen in Texas und Berlin) bestimmt über mehr Fans vor der Bühne gefreut. Denn musikalisch war das gar nicht so schlecht. Immerhin hatte er auch seinen treuen DJ Left-Hand dabei (müsste er sich ja auch ansonsten abschlagen), der die harten Beats für die sehr textlastigen Songs bereitstellte. Klar vom US-Hip-Hop der 1990er Jahre geprägt und mit englischen Texten, was im deutschen Hip-Hop seit den 1990ern eigentlich ein No-Go ist. Nur Ansagen sollte er noch etwas üben, die waren schon etwas, naja, gewöhnungsbedürftig. Allzuviel Material hatte DiscoCtrl nicht dabei, aber ein schöner Aufwärm-Gig war es allemal. Bin mal gespannt, bisher sind ein paar EPs draußen, da geht noch einiges. Interessanterweise hatte er kein Merch dabei, damit wir Neonschwarz alles in ihre gierigen Rachen schmeißen dürfen (ich beziehe mich hier natürlich auf Das goldene Ticket). Danach war erst einmal ein bisschen Warten angesagt. Neben dem Merchstand waren auch ein paar Infostände aufgebaut, die man in der Zwangspause begutachten durfte.

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Und dann ging es endlich los. Lange mussten die Saarländer auf die vierköpfige Band warten. Der angekündigte November-Gig fiel leider wegen einer Erkrankung von Johnny Mauser aus, so dass dies quasi ein Nachholgig war und der aktuellen Tour vorangestellt wurde. Mittlerweile hatte sich das altehrwürdige Juz Försterstraße auch merklich gefüllt. Vor der Bühne machte sich ein junges Publikum breit, wie in obig zitiertem Textteil war alles dabei, Hip-Hopper, naja, waren eher selten, Raver konnte ich jetzt nicht so genau erkennen, dafür aber Punker, Kids und Antifa. Los gings mit Kennenlernrunde vom neuen, wirklich superben Album Metropolis (Review hier), läutete einen gut 90-minütigen Gig ein, der mit zum Besten zählt, was ich an Hip-Hop live gesehen habe (war aber auch nicht viel). Und das, obwohl es relativ schnell zu einem Patzer kam. Müsste bei Atmen gewesen sein, als bei der Hook von Johnny Mauser plötzlich ohrenbetäubendes Pfeifen kam. Ist natürlich seltsam, wenn dann die Hook weiter läuft, obwohl der Rapper den Mund nicht mehr bewegt. Die darauf folgende Entschuldigung muss ihm wohl selbst peinlich gewesen sein. Das Hip-Hopper allerdings oft mit Halb-Playback arbeiten ist gemeinhin üblich und ja, manchmal waren ein paar Gesangspassagen doch verdächtig nah an der Platte. Ich bin da immer zwiegespalten, aber zumindest an diesem Abend war das nicht ganz so schlimm.

Ein paar Worte noch zum Bühnenbild. Dieses stellte ein Schiff dar, an Deck der Spion Y, der den Plattenteller bediente und sehr routiniert aussah. Direkt davor dann die drei Rapper Johnny Mauser, Captain Gips und natürlich Marie Curry, die dazu ja auch noch für den Gesang, insbesondere bei den frühen Songs verantwortlich zeichnet. Den Mittelspot wechselten die drei munter ab, je nachdem, welcher Verse gerade kam. Geboten wurde ein buntes Potpourri aus alten und neuen Hits. Dass das indizierte Flora bleibt nicht kam, war erwartbar, insbesondere weil es ja nur von Gips und Masuer stammt. Mir persönlich fehlte Heben ab Jogginghosentag, das herrlich selbstironische Das Goldene Ticket sowie ihr Überhit Heimat im Herzen. Zur Auflockerung gabs auch ein kurzes DJ-Set, zudem kamen beim Samplertrack Love Will Never Die und später auch noch mal vermummte Gestalten auf die Bühne. Die sahen mit ihren Regenbogenfarben aber nicht sehr furchteinflößend aus. Insbesondere weil der eine klar als Johnny Mauser auszumachen war 😉

Politische Ansagen gab es auch eine Menge, insbesondere ja da heute Großdemo in Saarbrücken war, weil die NPD tatsächlich die Frechheit besaß, im Saarbrücker Schloss ihren Parteitag abgehalten zu haben. Etwa 4000 Menschen hatten sich an der Gegendemo „Bunt statt braun“ beteiligt (Bericht siehe hier un d hier). Nach einem kurzen Statement dazu wurde noch ein „Fuck AfD“-Banner hochgehalten. Leider konnte ich das nicht knipsen, dafür das später hochgehaltene „Refugees Welcome“. Ihr Song zur politischen Lage 2015 durfte natürlich auch nicht fehlen. Während des Gigs wurden außerdem Flyer lokaler Initiativen herumgereicht.

Leider geht auch die schönste Sause irgendwann zu Ende. On a Journey, der Hit mit dem alles begann, und Militante Tante waren danach veritable Rausschmeißer und bewegte das Publikum zum Pogo, was man auf heutigen Hip-Hop-Konzerten eher selten sieht. Einmal durfte sich das Publikum hinknien und zum Einsetzen der Musik hochspringen. kennt man von den Donots, find ich aber nach wie vor dämlich. Das Publikum nicht. Natürlich kam die Band nach lauten Alerta Antifascista auch wieder auf die Bühne. Als endgültiger Rausschmeißer kam dann noch Die Eskalation. Auch hier war noch ein bisschen Pogo angesagt, danach wurden wir gegen 22:30 in die warme Frühlingsluft entlassen.

    Fazit:

Sehr schönes Konzert. Ein weiteres Highlight im JUZ Försterstraße (für das erste siehe hier) und mein zweites Hip-Hop-Konzert (nach dem etwas anders gearteten Olexesh) in diesem Jahr..Sollte eigentlich mein viertes werden aber WTG und Astronautalis hatten ja leider abgesagt). Läuft…

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Gripweed
Gripweed ist Wikipedianer mit Leib und Seele und das, was man gemeinhin als Musiknerd bezeichnet. Musikalisch ist er in vielen Genres beheimatet, wobei er das Exotische und Unbekannte den Stars und Sternchen vorzieht. Eine Weile bloggte er auch auf blogspot.de und war Schreiberling des leider eingestellten saarländischen Webzines Iamhavoc. nach dessen Einstellung wechselte er mit Max zu AWAY FROM LIFE.

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